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Bad Bocklet
Wie die Natur auf die Psyche wirkt
„Natürlich mental gesund“: In einem Forschungsprojekt wird die Wirkung von praktischen Übungen im Freien bei psychischen Erkrankungen beschrieben.
Raus ans Tageslicht, raus in die Natur: Bewegung an der frischen Luft kann Depressionen vorbeugen.       -  Raus ans Tageslicht, raus in die Natur: Bewegung an der frischen Luft kann Depressionen vorbeugen.
Foto: Symbolbild: Christin Klose/dpa | Raus ans Tageslicht, raus in die Natur: Bewegung an der frischen Luft kann Depressionen vorbeugen.
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 21.01.2025 16:06 Uhr

Die positive Wirkung der Natur nutzen, um psychischen Erkrankungen entgegenzuwirken. Dies ist die Einladung des Unesco-Biosphärenreservats zum Besuch der Rhön. Wie dies am besten gelingt, war seit 2018 im Rahmen des Forschungsprojekts „Green Care“ mit 120 Reha-Patienten der Bad Bockleter Hescuro Klinik erarbeitet worden.

Studie vorgestellt

Im Pressegespräch stellten Doris Pokorny , die bayerische Verwaltungsstellenleiterin des Biosphärenreservats Rhön, und Projektleiterin Katharina Thümer die inzwischen erstellte Broschüre „Natürlich mental gesund“ vor, die auf 64 Seiten nicht nur die Ergebnisse der Studie präsentiert und Verhaltensinformationen zum nachhaltigen Aufenthalt in der Natur gibt, sondern vor allem mehr als 30 Achtsamkeits- und Entspannungsübungen in der Natur zur Stärkung der psychischen Gesundheit ausführlich zum Nachmachen beschreibt. „Alle Menschen können von den Ergebnissen unserer Studie und den dafür entwickelten Übungen profitieren, nicht nur Kranke“, betonte Pokorny dabei ausdrücklich.

Wissenschaftlich begleitet

Für das vom bayerischen Gesundheits- sowie vom Umweltministerium mit 810.000 Euro finanzierte und von der Universität Eichstätt wissenschaftlich begleitete Forschungsprojekt, das bis April 2023 parallel in den zwei Biosphärenreservaten Rhön und Berchtesgadener Land durchgeführt wurde, war zuvor ein naturbasiertes Therapie-Angebot entwickelt und dann – so im Falle des Biosphärenreservats Rhön – an Probanden der Hescuro Klinik Bad Bocklet erprobt worden. Dabei wurden ausgewählte Bereiche der Natur- und Kulturlandschaft genutzt, um Menschen mit psychischen Erkrankungen unter fachlich qualifizierter Anleitung positive Naturbegegnungen zu ermöglichen. Parallel wurde wissenschaftlich untersucht, inwiefern sich die entwickelten Methoden eignen, um die psychische Gesundheit zu fördern.

Projektstelle geschaffen

Für die praktische Durchführung der Studie vor Ort hatte das Biosphärenreservat Rhön ab 2018 eine spezielle Projektstelle geschaffen und diese mit der Psychologin und Wildnispädagogin Katharina Thümer besetzt. Die für das Forschungsprojekt ausgewählten 120 Psychosomatik-Patienten der Hescuro Klinik – „geeignete, geländefähige Patienten mit Depressionen “ – mussten zunächst etliche Fragebögen zu ihrer aktuellen Befindlichkeit und ihrem Bezug zu Natur und Umweltschutz ausfüllen. Im praktischen Teil, der sich pro Probandengruppe aus acht Patienten über vier Wochen zu jeweils vier Stunden erstreckte, schlenderte man durch die Natur. Thümer: „Die fängt ja hier gleich hinter der Klinik an.“ Es war kein schnelles Wandern, sondern ein langsames, achtsames Schreiten.

„Der depressive Patient sollte im Hier und Jetzt bleiben, den aktuellen Natureindruck aufnehmen und Abstand von seinen Grübeleien und vom Alltag gewinnen.“

Gesprächsrunden im Freien

Zwischendurch setzte man sich immer mal wieder mitten in der Natur zu Gesprächsrunden zusammen, um seine persönlichen Eindrücke zu besprechen, sein aktuelles Stimmungsbild zu schildern und sich mit den anderen auszutauschen. Im Laufe der Wochen konnten auf diese Weise nicht nur Veränderungen in der Stimmung eines Probanden dokumentiert werden, sondern auch die unterschiedliche Wahrnehmung der Natur in Abhängigkeit von der jeweils aktuellen Stimmungslage des Patienten.

Eigentlich ist es keine neue Erkenntnis, dass es Menschen in freier Natur und an frischer Luft gesundheitlich besser geht. „Aber für alles, was wir als Mediziner tun, brauchen wir Beweise“, begründet Hescuro-Chefarzt Arpad Grec, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, die Notwendigkeit der jetzt abgeschlossenen Studie, die aus seiner Sicht „methodisch sehr gut vorbereitet“ war. „Damit ist jetzt die Wirksamkeit der Methodik und Übungen wissenschaftlich erwiesen.“

Deshalb hat sich Hescuro nicht allein am Projekt beteiligt, sondern gleich den praktischen Teil der Übungen in den eigenen Reha-Plan übernommen und Projektleiterin Thümer seit November als Mitarbeiterin eingestellt. Grec: „Wir haben das Projekt gewissermaßen eins zu eins übernommen. Forschung ist doch wertlos, wenn man sie nicht in die Praxis umsetzt. Wir geben den Profit daraus unmittelbar an unsere Rehabilitanten weiter.“

Achtsamkeits- und Entspannungsübungen

„Der Aufwand dieser in Deutschland einzigartigen Studie, die ergebnisoffen durchgeführt wurde, hat sich also gelohnt“, freut sich Doris Pokorny über das positive Ergebnis und auch über das inzwischen deutlich spürbare Interesse daran in der Öffentlichkeit. „Wir sind sehr dankbar, dass die Hescuro Klinik sich auf diese Studie eingelassen hat und sogar die neuen Verfahren in ihren Rehabilitationsplan aufgenommen hat.“

Doch nicht nur mental erkrankte Menschen sollen künftig in den Genuss der Forschungsergebnisse kommen, um gewissermaßen „auf natürlichem Weg“ wieder gesund zu werden, sondern auch alle gesunden, um mittels dieser in der Broschüre dargestellten Achtsamkeits- und Entspannungsübungen präventiv ihre Gesundheit zu erhalten. „Mit diesen über 30 Übungen kann man seine mentale Gesundheit stärken. Jeder kann sich daraus die für ihn persönlich geeignet erscheinenden auswählen.“ Info: biosphaerenreservat-rhoen.de/green-care

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Foto: Sigismund von Dobschütz | Projektleiterin und Psychologin Katharina Thümer (von links) und Doris Pokorny, bayerische Verwaltungsstellenleiterin des Biosphärenreservats Rhön, überreichen Arpad Grec, Chefarzt Psychosomatik der Hescuro Klinik ...
 
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