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Bad Kissingen
Flüchtlingshilfe im Kreis Bad Kissingen: Amen bei der Wohnungssuche
Größere Flüchtlingsfamilien haben Probleme, Wohnungen zu finden. Für eine palästinensische Familie wird das leere Pfarrhaus in Arnshausen zum Glücksgriff.
Kirchenpfleger Winfried Albert (links) und Klaus Langen (Pfarrgemeinderat und Flüchtlingshelfer) besuchen Aiham Ahmad im neu hergerichteten Wohnzimmer des Arnshäuser Pfarrhauses.  Foto: Benedikt Borst       -  Kirchenpfleger Winfried Albert (links) und Klaus Langen (Pfarrgemeinderat und Flüchtlingshelfer) besuchen Aiham Ahmad im neu hergerichteten Wohnzimmer des Arnshäuser Pfarrhauses.  Foto: Benedikt Borst
| Kirchenpfleger Winfried Albert (links) und Klaus Langen (Pfarrgemeinderat und Flüchtlingshelfer) besuchen Aiham Ahmad im neu hergerichteten Wohnzimmer des Arnshäuser Pfarrhauses. Foto: Benedikt Borst
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 19.08.2022 01:35 Uhr
Mehr als ein Jahr stand das katholische Pfarrhaus in Arnshausen leer, inzwischen ist es zu einem neuen Zuhause für eine palästinensische Flüchtlingsfamilie geworden. Danach sah es anfangs allerdings überhaupt nicht aus, die Zukunft der Immobilie lag nach dem Weggang von Pfarrer Heinrich Mitka im Sommer 2016 im ungewissen. Anfangs sei sogar über einen Verkauf nachgedacht worden, erklärt Der Bad Kissinger Stadtpfarrer Gerd Greier. "Das ist eine Überlegung, die ich verstehe. Jede Immobilie, die wir los sind, ist eine Last weniger", sagt er.

Dass es nicht dazu gekommen ist, ist der Initiative von Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat zu verdanken. Kirchenpfleger Winfried Albert, der damalige Kaplan Paul Reder, sowie Burkard Bayer und Klaus Langen vom Pfarrgemeinderat kamen auf die Idee, dass Pfarrhaus als Wohnung für anerkannte Asylbewerber bereitzustellen. "Es werden überall Wohnungen für Flüchtlinge gesucht", weiß Klaus Langen, der sich auch als Flüchtlingshelfer engagiert.

Der Vorschlag aus Arnshausen wurde in Würzburg gut aufgenommen. Unter der Voraussetzung, dass die Immobilie humanitär genutzt wird, nahm die Diözese vom Verkauf wieder abstand und sicherte finanzielle Unterstützung für die notwendige Renovierung zu. "Es sind gute 20 Jahre nichts an dem Haus passiert", berichtet Kirchenpfleger Winfried Albert. Von den Toiletten über die Böden bis zu den Heizkörpern: Für rund 25 000 Euro wurde das Gebäude innen von Grund auf renoviert. 20 000 Euro für die Arbeiten schoss dabei die Diözese zu, den Rest erledigten ehrenamtliche Helfer in Eigenleistung.

Stefan Seufert, Asylkoordinator am Landratsamt, ist froh über solche Einzelfälle. "Großfamilien unterzubringen ist im Landkreis schwierig und auch bei Einzelpersonen dauert es länger", berichtet er. Der Landkreis hatte zur Hochphase des Flüchtlingszuzugs vor drei Jahren 33 dezentrale Asylunterkünfte betrieben. Davon sind im Moment noch 16 geöffnet, mehr als die Hälfte wurde bereits wieder geschlossen. Aktuell ist rund jeder zweite Bewohner eigentlich anerkannt und könnte in eine Wohnung ziehen, findet aber keine. "Wir sind auch bemüht, bestehende Unterkünfte wenn möglich in Wohnungen umzuwandeln", sagt Seufert. Trotzdem gebe es Härtefälle, etwa eine Familie, die bereits seit mehr als einem Jahr erfolglos nach einer Wohnung sucht.

Der Landkreis habe mit einem Strukturproblem zu kämpfen. Kleinere Ortschaften, in denen es bezahlbaren und ausreichend Wohnraum gibt, scheiden oft aus, weil dort wichtige Infrastruktur fehlt. Flüchtlinge sind beispielsweise auf eine gute Anbindung an Bus und Bahn angewiesen, weil sie sich kein eigenes Auto leisten können. Begehrten Wohnraum bieten laut Seufert also die vier Städte im Landkreis und vor allem die Kommunen entlang der Bahnlinien.

In das Pfarrhaus in Arnshausen ist im Oktober eine fünfköpfige, palästinensisch-stämmige Familie eingezogen. "Ohne Hilfe hätten sie auf dem Wohnungsmarkt keine Chance gehabt", ist sich Klaus Langen sicher. Zusammen mit der Caritas hat der Flüchtlingshelfer den Kontakt hergestellt. Entscheidend bei der Wahl "war das Alter der Kinder wie auch die Möglichkeit einer zügigen Integration in die örtliche Gemeinschaft".

Für die Familie war das ein Glücksgriff, findet Familienoberhaupt Aiham Ahmad (27). "Die Wohnungssuche ist sehr schwierig", erzählt er. Die Kinder Gazil (8), Moss a (10), Mohammed (12) sowie Mutter Khiloud und er sind froh, dass sie die Enge der Unterkunft verlassen konnten. "Es sind viele Menschen. Man hat kein Eigentum, keine Privatsphäre und kaum eine Möglichkeit, sich einmal zurückzuziehen", schildert er seine Eindrücke.

Die Mädchen besuchen inzwischen regulär die 3. Klasse der Henneberg-Grundschule, ihr Bruder Mohammed geht in die Mittelschule nach Bad Bocklet, die Mutter besucht Sprachkurse. Der studierte Anwalt Aiham Ahmad hat ebenfalls innerhalb kurzer Zeit Deutsch gelernt und arbeitet im Verkauf einer großen Bad Kissinger Bäckerei. Die Familie habe in Arnshausen schnell Anschluss gefunden. "Wir haben unsere Heimat verlasen, aber wir fühlen uns nicht allein hier", meint er.

Dass ein muslimische Familie im katholischen Pfarrhaus lebt, wird im Dorf akzeptiert. "Wir sind froh, dass das Haus jetzt wieder bewohnt wird", sagt Kirchenpfleger Winfried Albert. Auch Pfarrer Gerd Greier betont die aus christlicher Sicht gelungene Lösung, Menschen in Not ein Dach über dem Kopf zu bieten.
 
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