Münnerstadt
Flucht und Neuanfang
Die Meininger Bürgerbühne bringt ein authentisches Flüchtlingsdrama auf die Bühne des Schönborn-Gymnasiums.

Theater zum Anfassen gab es kurz vor Weihnachten für die achte und neunte Jahrgangsstufe in der Aula des Johann-Philipp-von-Schönborn-Gymnasiums. Unter dem noch frischen Eindruck des Terroranschlags von Berlin spielten vier junge Syrer ihre eigene Geschichte von Unterdrückung, Flucht und Neuanfang und setzten ein eindrucksvolles Zeichen der Völkerverständigung.
Maya, Aliaa, Louai und Ahmad - so ihre richtigen Namen - sind erst seit einem knappen Jahr in Deutschland, Maya war noch 15, als sie in Meiningen ankam. Hinter ihnen liegt das, was wir täglich in den Nachrichten hören und sehen können und auch schon bald nicht mehr wollen. Sie erzählen einem mal irritierten, mal faszinierten jungen Publikum ihre Geschichte, nicht die eines Einzelnen, sondern ein Mosaik aus ihren vier Biographien. Seinen Anfang nehmen die Ereignisse mit dem Überschwappen des Arabischen Frühlings auf Syrien im Frühling 2011. Eine immer größer werdende Gruppe hält den stasi-ähnlichen Überwachungsapparat des Assad-Regimes nicht länger aus, geht zum Demonstrieren auf die Straße.
"Noch heute schrecke ich in Meiningen zusammen, wenn ich einen Opel oder Peugeot sehe, Assads Geheimdienstleute fuhren immer diese Autos", berichtet Aliaa. Die "Facebook-Revolution" setzt sich gegen den Staat zur Wehr, dessen Führer aber nicht bereit ist, seinen Palast zu räumen. Eine Verhaftungswelle überzieht das Land, Folter ist an der Tagesordnung, in den Straßen rollen Panzer, die Unruhen nehmen kein Ende. Für Ahmad, der sämtliche Angehörige und sein Haus verliert, bleibt nur noch die Flucht, zu verlieren hat er nichts mehr außer seinem Leben, und das zu riskieren ist er jetzt bereit. Die Schicksale der drei anderen sind ähnlich.
Über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn, also die so genannte Balkanroute, gelangen die vier in ein Lager im österreichischen Reichenau. Unterwegs werden sie von allen Unbilden, die man sich vorstellen - und eigentlich doch nicht vorstellen - kann, heimgesucht: Offene Ablehnung, Hass, Gewalt und Ausbeutung durch Schlepper sind demütigend, richtig lebensgefährlich aber sind Hunger, Durst und die Kälte. "Wir wussten nicht, woran wir zuerst sterben würden, es war so kalt."
Das Ziel ist Deutschland. Nach Monaten der Flucht und Wochen des Wartens im österreichischen Zwischenlager ist das ersehnte Fleckchen Frieden endlich erreicht. Und für die Zuschauer gleichzeitig die emotional schwierigste Stelle der Aufführung: Die Laien-Schauspieler bewerfen das Publikum symbolisch mit Steinen, zusammengeknülltem Papier, darauf all die netten Willkommensgrüße besorgter Bürger, der Hintergrund skandiert "Lügenpresse!" und "Ausländer raus!"
Die Stimmung steht in diesem Moment auf der Kippe, wenn Ahmad ruft: "Warum tut ihr das? Ich bin durch sieben Länder gereist, um Frieden und Demokratie zu finden! Ist das das Land, wo Menschenrechte etwas bedeuten - oder bin ich kein Mensch, weil ich einen schwarzen Bart habe?" Der Zuschauer mag sich in diesem Moment beschämt und angegriffen fühlen. Die Schauspieler finden den Ausweg aber mühelos: Mit einem Gedicht auf Deutsch, einem Lied auf Englisch, originellen Kopftuchwitzen - und was am Ende jeden davon überzeugt, dass hier vier junge Menschen stehen, die einfach nur in Frieden leben wollen: Einem wechselseitigen Interview, in dem alle ihre Träume von der Zukunft freien Lauf lassen, Träume, wie sie alle jungen Menschen hegen. Alexander Gensler
Blick in ihr Leben
Maya, Aliaa, Louai und Ahmad - so ihre richtigen Namen - sind erst seit einem knappen Jahr in Deutschland, Maya war noch 15, als sie in Meiningen ankam. Hinter ihnen liegt das, was wir täglich in den Nachrichten hören und sehen können und auch schon bald nicht mehr wollen. Sie erzählen einem mal irritierten, mal faszinierten jungen Publikum ihre Geschichte, nicht die eines Einzelnen, sondern ein Mosaik aus ihren vier Biographien. Seinen Anfang nehmen die Ereignisse mit dem Überschwappen des Arabischen Frühlings auf Syrien im Frühling 2011. Eine immer größer werdende Gruppe hält den stasi-ähnlichen Überwachungsapparat des Assad-Regimes nicht länger aus, geht zum Demonstrieren auf die Straße.
Gewalt und Ausbeutung
"Noch heute schrecke ich in Meiningen zusammen, wenn ich einen Opel oder Peugeot sehe, Assads Geheimdienstleute fuhren immer diese Autos", berichtet Aliaa. Die "Facebook-Revolution" setzt sich gegen den Staat zur Wehr, dessen Führer aber nicht bereit ist, seinen Palast zu räumen. Eine Verhaftungswelle überzieht das Land, Folter ist an der Tagesordnung, in den Straßen rollen Panzer, die Unruhen nehmen kein Ende. Für Ahmad, der sämtliche Angehörige und sein Haus verliert, bleibt nur noch die Flucht, zu verlieren hat er nichts mehr außer seinem Leben, und das zu riskieren ist er jetzt bereit. Die Schicksale der drei anderen sind ähnlich.Über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien und Ungarn, also die so genannte Balkanroute, gelangen die vier in ein Lager im österreichischen Reichenau. Unterwegs werden sie von allen Unbilden, die man sich vorstellen - und eigentlich doch nicht vorstellen - kann, heimgesucht: Offene Ablehnung, Hass, Gewalt und Ausbeutung durch Schlepper sind demütigend, richtig lebensgefährlich aber sind Hunger, Durst und die Kälte. "Wir wussten nicht, woran wir zuerst sterben würden, es war so kalt."
Das Ziel ist Deutschland. Nach Monaten der Flucht und Wochen des Wartens im österreichischen Zwischenlager ist das ersehnte Fleckchen Frieden endlich erreicht. Und für die Zuschauer gleichzeitig die emotional schwierigste Stelle der Aufführung: Die Laien-Schauspieler bewerfen das Publikum symbolisch mit Steinen, zusammengeknülltem Papier, darauf all die netten Willkommensgrüße besorgter Bürger, der Hintergrund skandiert "Lügenpresse!" und "Ausländer raus!"
Die Stimmung steht in diesem Moment auf der Kippe, wenn Ahmad ruft: "Warum tut ihr das? Ich bin durch sieben Länder gereist, um Frieden und Demokratie zu finden! Ist das das Land, wo Menschenrechte etwas bedeuten - oder bin ich kein Mensch, weil ich einen schwarzen Bart habe?" Der Zuschauer mag sich in diesem Moment beschämt und angegriffen fühlen. Die Schauspieler finden den Ausweg aber mühelos: Mit einem Gedicht auf Deutsch, einem Lied auf Englisch, originellen Kopftuchwitzen - und was am Ende jeden davon überzeugt, dass hier vier junge Menschen stehen, die einfach nur in Frieden leben wollen: Einem wechselseitigen Interview, in dem alle ihre Träume von der Zukunft freien Lauf lassen, Träume, wie sie alle jungen Menschen hegen. Alexander Gensler
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