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Bad Kissingen
Flächen in Privathand: ein Risiko?
Die Überlegungen für die Bewerbung um eine Landesgartenschau werden konkreter. Allerdings überzeugen sie nicht jeden. Welche Kosten auf die Stadt zukommen und welche Argumente gegen das Vorhaben sprechen.
Eine Landesgartenschau in Bad Kissingen soll vor allem hier stattfinden: Auf dem Areal beginnend beim  Sportpark (links) bis zum Alten Schlachthof (rechts).       -  Eine Landesgartenschau in Bad Kissingen soll vor allem hier stattfinden: Auf dem Areal beginnend beim  Sportpark (links) bis zum Alten Schlachthof (rechts).
Foto: Ralf Ruppert/Archiv | Eine Landesgartenschau in Bad Kissingen soll vor allem hier stattfinden: Auf dem Areal beginnend beim Sportpark (links) bis zum Alten Schlachthof (rechts).
Benedikt Borst
 |  aktualisiert: 28.09.2022 18:47 Uhr

Im Herbst entscheidet sich, ob Bad Kissingen den Zuschlag für die Ausrichtung einer Landesgartenschau erhält. Aktuell haben die Planer um den Landschaftsarchitekten Raimund Böhringer und die Bauamtsleiterin Christine Schwind alle Hände voll zu tun. Bis Ende Mai müssen sie das Bewerbungskonzept fertig ausgearbeitet und bei der Landesgartenschau GmbH eingereicht haben.

Geht es nach Grünen und Linke im Kissinger Stadtrat , bräuchten die Planer sich die Arbeit nicht zu machen: Beide Parteien lehnen das Konzept in weiten Teilen ab. Sie kritisieren unter anderem, dass die Planung an einigen Stellen auf private Investoren angewiesen ist und nicht in städtischer Hand liegt. Gemeint ist etwa die Eishalle, die die Stadt in ihren Besitz zurückklagen will. Die Parteien befürchten zudem, dass dort, wo Immobilien gebraucht werden, aber in privater Hand liegen, die Eigentümer kein Interesse haben, sich an einer Landesgartenschau zu beteiligen. Zudem lehnen Grüne und Linke die geplante Fuß- und Radwegbrücke über die B 286 an der Schlachthofkreuzung ab. "Wir können das Konzept nicht oder nur teilweise billigen", hatte Grünen-Fraktionssprecher Richard Fix im Stadtrat deutlich gemacht.

OB: Gartenschau als Türöffner

Für Oberbürgermeister Dirk Vogel ( SPD ) ist die Kritik nicht nachvollziehbar. Mit dem Dr.-Hans-Weiß-Sportpark befinde sich das zentrale Gelände einer möglichen Landesgartenschau in städtischem Besitz. Er versicherte, das Rathaus hätte keine Klage um die angrenzende Eishalle angestrebt, wenn die Erfolgsaussichten schlecht stehen würden.

"Unser Ziel ist es, die Planungshoheit auf dem ganzen Areal wiederzubekommen", sagt Vogel. Und weiter: "Es ist explizites Ziel einer Landesgartenschau, private Investoren als Partner zu gewinnen. Die Stadt und der Freistaat können nicht alles allein machen", argumentiert er. Investoren würden von der Landesgartenschau profitieren, umgekehrt sei die Veranstaltung für die Stadt ein Türöffner.

Landschaftsarchitekt Böhringer verteidigt die Fuß- und Radwegbrücke, die das Areal vom Schlachthof bis zum Sportpark mit dem Gelände Alte Stadtgärtnerei und Ballinghain verbindet. "Die Verbindung kann auch über den Fußweg entlang der Bundesstraße gemacht werden, aber es ist nicht empfehlenswert", sagt er. Für Fußgänger und Radfahrer sei diese Option nicht zufriedenstellend.

Ideen werden konkreter

Die Ideen, wie eine Landesgartenschau in der Kurstadt aussehen könnte, werden derweil konkreter. Es gibt erste Pläne für das Hauptwegenetz über das Veranstaltungsgelände (siehe Grafik) und Überlegungen, wo Besucher parken können. Parkflächen sehen die Planer zum Beispiel an der Kläranlage, am Ostring im Bereich der Krankenhauskreuzung sowie auf der anderen Saaleseite an der Südbrücke vor. "Die Parkplätze am Terrassenschwimmbad können wir auch für die Landesgartenschau mitnutzen", erklärt Bauamtschefin Schwind.

Am Dr.-Hans-Weiß-Sportpark soll das zentrale Ausstellungsgelände im Veranstaltungsjahr unterkommen. Während einer Landesgartenschau könnten die Fußballer vom FC 06 Bad Kissingen , die Leichtathleten vom TSV sowie die Schulen den Sportpark nicht nutzen. Danach soll er verkleinert als Bürgersportpark mit einem Fußballfeld und weiteren Spiel- und Bewegungsflächen zugänglich sein. "Bei einer Landesgartenschau geht es nicht darum, dass wir viel Aufwand für 24 Wochen Veranstaltung machen. Unsere Kinder werden noch 2040 den Sportplatz nutzen", betont Dirk Vogel. Gemessen an der aktuellen Auslastung sei die Anlage überdimensioniert.

Besucher, die Bad Kissingen per Zug erreichen, sollen am Bahnhof von elf Unesco-Themengärten empfangen und zur Landesgartenschau geführt werden. Jeder Themengarten widmet sich einem von elf Kurorten, die mit Bad Kissingen als "Bedeutende Kurstädte Europas" Welterbe geworden sind. "Von der Größe her ist das eine untergeordnete Fläche. Für das Ankommen spielt es aber eine besondere Rolle. Die Themengärten sind sehr wichtig", betont Planer Böhringer. Die Themengärten sind angesiedelt auf den Grünflächen zwischen Bahnhof und Kurhausstraße sowie im Luitpoldpark auf der Wiese zwischen Parkhotel Laudensack und der Tennishalle des TC Rot-Weiß Bad Kissingen .

Laut Böhringer habe die Deutsche Bahn ebenfalls Interesse bekundet, mit "ergänzenden Maßnahmen im Bahnhofsumfeld" den Bereich zu verschönern. Ebenfalls Unterstützung in Aussicht gestellt habe die Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim. Die Behörde werde bei einem Zuschlag fachlich das Thema Klimawald am Ballinghain begleiten.

Was ist mit zehn Millionen Euro möglich?

Gegenwärtig lassen sich noch keine Aussagen dazu machen, welche Kosten für die einzelnen Vorhaben (siehe unten) anfallen, betont der Landschaftsarchitekt. "Das Konzept wird im nächsten halben Jahr geprüft, und dann sind wir auf einem genaueren Stand", sagt Böhringer. Er wies darauf hin, dass gerade die Entwicklung bei der Pandemie und den Baukosten eine große Unsicherheit darstellt. Die Planung sei aber so angelegt, dass einzelne Module abgespeckt oder gestrichen werden können, sollte es nicht finanzierbar sein. Für die Investitionen rechnet die Stadt mit einem Budget von zehn Millionen Euro . Den eigenen Anteil daran setzt sie je nach Förderungen mit einer bis vier Millionen Euro an.

Mit den zehn Millionen Euro könne man wahrscheinlich nicht alles umsetzen. "Wenn wir den Zuschlag bekommen, ist eine Priorisierung nötig", erklärt der Oberbürgermeister. Um den Betrieb der Landesgartenschau zu stemmen, plant die Stadt mit einem Budget von sieben Millionen Euro . Vogel hält es für realistisch, 70 Prozent dieser Kosten über Eintrittsgelder, Sponsorings und Werbung zu decken. Die Zahl basiere auf Erfahrungswerten bei anderen Landesgartenschauen. Etwa 2,1 Millionen Euro hätte die Stadt in dem Fall zusätzlich an laufenden Kosten tragen.

Im Stadtrat hatte das Konzept eine deutliche Mehrheit gefunden - gegen die Stimmen von Grünen, Linken sowie DBK-Stadtrat Florian Kessler.

Bewerbung zur Landesgartenschau: Steckbrief zum Konzept Areale

Als zentrales Ausstellungsgelände ist der Dr. Hans-Weiß-Sportpark angedacht. Nach der Landesgartenschau soll er als Bürgersportpark mit einem Fußballplatz, Spiel- und Bewegungsflächen sowie modernen Wohnformen genutzt werden. Die Eishalle, das historische E-Werk, die Lindesmühle und außerdem auch der Schlachthof sollen ebenfalls miteinbezogen werden, etwa für Ausstellungen. Für die Lindesmühle ist ein Umbau für ein Loft-Wohnen gewünscht. Am Ballinghain sind Kunstinstallationen angedacht und die Pflanzung von Klimabäume sowie Umweltinformationen an den Wegen. An der brachliegenden alten Stadtgärtnerei soll ein Areal für "urban gardening", also eine Anlaufstelle für junges Publikum und grüne Themen, entstehen. Unterhalb des Bahnhofs sollen elf Unesco-Themengärten zu den elf "Great Spa Towns of Europe" die Besucher empfangen. Am Campingplatz ist angedacht, die Saale weiter zu renaturieren sowie zwischen Preußensteg und E-Werk einen 900 Meter langen öffentlichen Saalerundweg direkt am Ufer statt um den Campingplatz herum zu schaffen.

Weiteres Vorgehen Die Stadt Bad Kissingen bewirbt sich für eine Landesgartenschau in den Jahren 2030, 2031 oder 2032. Bis zum 27. Mai muss die Stadt ihre Bewerbung bei der Landesgartenschau GmbH abgeben. Am 13. Juli wird eine Fachjury der Landesgartenschau nach Bad Kissingen kommen, um die Areale zu begutachten. Diese spricht eine Empfehlung aus. Die Entscheidung über den Zuschlag treffen das bayerische Umwelt- sowie das Landwirtschaftsministerium. Die Entscheidung soll nach jetzigem Stand Anfang September fallen.

 
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