Als Thomas Fikar und sein Bekannter Arno Schlereth sich kurz vor Weihnachten die Böschung zum Heegkopfsee hinunterwagten, merkten sie schnell, was los war. Der geflutete alte Basaltsteinbruch im Neuwirtshauser Forst war - bis auf einen modrigen Tümpel - ausgetrocknet. "In der Luft lag ein gewisses Aroma", erinnert sich Fikar. In der brackigen Brühe kämpften etwa 80 Fische ums Überleben: Goldfische, Schuppenkarpfen, Moderlieschen. Ein gutes Dutzend hatte den Kampf verloren. Der Rest harrte dringender Hilfe.
Die Fischretter waren nicht zufällig vor Ort. Sie hatten einen Tipp bekommen: Die Tierschutzorganisation Peta war von einem Schönderlinger informiert worden, hatte sich an das Veterinäramt in Bad Kissingen gewandt. Das wiederum meldete sich beim Forstbetrieb Hammelburg, der für den Neuwirtshauser Forst zuständig ist. Keine drei Stunden nach der Erstinfo rückten Fikar und Schlereth aus - ersterer Leiter des Reviers Schwärzelbach für den Forstbetrieb, letzterer Wildhüter am Klaushof. Beide wohnen in Oehrberg.
Fikar und Schlereth stiegen in Wathosen ins Brackwasser hinab - was bei dem strengen Geruchs Überwindung kostete. "Da hieß es: Tierwohl - auf geht's". Mit zwei Keschern fischten sie in zwei Stunden das Wasserloch ab - bargen die lebenden und toten Tiere . Letztere wiesen Bissspuren von Waschbären auf, lagen also schon länger kieloben.
Die 40 bis 50 Karpfen und Moderlieschen hatten die Zeit in der trüben Brühe ganz gut überstanden. Sie konnten sich in den Grund wühlen, wie sie es eh meist tun. Die Goldfische traf es ungleich härter. Die beiden Retter holten nur noch 20 von ihnen lebend aus dem Heegkopfsee.
Für Goldfische besonders kritisch
Die heimischen Weißfische verteilten Fikar und Schlereth auf andere Teiche, die in den vergangenen Jahren im Neuwirtshauser Forst reichlich angelegt wurden, zum Beispiel am Moor im Feuerbachtal. Der "Gratisumzug um die Ecke", wie Fikar es nennt, dauerte wenige Minuten.
Für die Goldfische blieb die Lage hingegen kritisch. Ohnehin nicht in der hiesigen Natur heimisch, konnten die Retter sie nicht einfach wieder in benachbarten Waldteichen aussetzen. Sie beschlossen, sie in Wasserwannen zu einem Außenbecken des Klaushofs bei Bad Kissingen zu bringen.
Doch der Weg vom Heegkopfsee südlich von Schönderling bis dahin dauert 20 Minuten - mindestens. Und schnell fahren konnten Schlereth und Fikar nicht; die Wannen wären übergeschwappt. Und so muss der Forstrevierleiter heute sagen: "Die 20 Goldfische haben es leider nicht geschafft." Den Karpfen und Moderlieschen gehe es aber gut.
Goldfische illegal eingesetzt
Hätte das Fischdrama am Heegkopfsee nicht ganz verhindert werden können? Zum Beispiel, indem man eher nachgeschaut hätte? "Eher nicht", sagt Daniel Zippert, Leiter des Forstbetriebs Hammelburg und damit Fikars Chef. Der Heegkopfsee sei ein "Naturschutzweiler, der, der nicht wirtschaftlich genutzt wird". Seine Forstleute schauten nicht jeden Tag dort vorbei. "Deswegen war ich dankbar für den Tipp, weil wir nicht immer vor Ort sind."
Die Goldfische seien schon vor vielen Jahren illegal im Heegkopfsee ausgesetzt worden, hätten sich dort vermehrt, berichte Zippert. Bei den Karpfen vermutet der Forstbetriebsleiter , dass sie über Vögel dort hineingekommen sind, die Fischrogen gefressen und unverdaut ausgeschieden haben. Das Unheil kommen habe man nicht wirklich sehen können. Im Herbst war noch genügend Wasser im Heegkopfsee."
Wie dem auch sei: Die sonst sehr drastische Tierschutzorganisation Peta würdigte die Rettungsaktion - indem sie das Veterinäramt Bad Kissingen in den "Top5 der deutschen Veterinärämter 2020" verortete. Begründung: "Die Behördenmitarbeiter aus Bad Kissingen haben in diesem dringenden Fall kurz vor Weihnachten erstklassige Arbeit geleistet."
Dass es Arno Schlereth und Thomas Fikar waren, die vielen Fischen das Leben sicherten, erwähnt Peta nicht. Nur, dass der Forstbetrieb "die Karpfen umgesiedelt und die Goldfische in einem Wildparkuntergebracht" habe (letzteres schaffen die beiden Fischretter leider nicht).
Aber das Veterinär- beziehungsweise Landratsamt reicht die verteilten Lorbeeren gerne weiter. In einem Facebook-Beitrag heißt es: "Wir bedanken uns für das Lob und geben es gerne an die Bayerischen Staatsforsten sowie den umgehend tätig gewordenen Forstbetrieb weiter."
Thomas Fikar wird die Fischrettung auf jeden Fall als außergewöhnlich in Erinnerung behalten. Auch, weil es "eine ziemlich sportliche Angelegenheit" war.
Die Goldfische können nix dafür, dass sie nicht "einheimisch" sind-
Dank an die Melder! Man sieht hier, dass sich doch was bewegen läßt!