Das Steigenberger Kurhaushotel war eine Bastion in Bad Kissingen. Nahezu fünf Jahrzehnte stand es scheinbar unerschütterlich an seinem Platz gegenüber dem Arkadenbau. Durch und durch bürgerlich vielleicht, aber irgendwie auch mit demonstrativem Bewusstsein seiner Bedeutung für das einstige Weltbad. Dann gingen die Probleme los. Seit der Freistaat als Eigentümer und die Steigenberger Hotel AG als Betreiber im Mai 2010 ankündigten, sie wollten sich vorzeitig trennen, erlebt Bad Kissingen in der Diskussion um seinen bedeutendsten Hotelstandort ein Wechselbad der Gefühle. In den vergangenen Monaten herrschte Hoffnung vor. Jetzt droht wieder Depression.
Ganz eindeutig ist die Nachrichtenlage nicht. Aus den Reihen der Staatsregierung war zwar am Mittwoch zu hören, der mit dem Auftrag, ein funktionierendes Konzept für Abriss und Neubau sowie einen Investor und einen Betreiber zu liefern, betraute Projektentwickler Feuring stehe vor dem Scheitern. Gleichwohl gab es auch Stimmen aus München, die besagten, noch sei Polen, respektive Bad Kissingen nicht verloren. Am Donnerstag stehe in der Sache noch ein entscheidendes Gespräch an.
Aus Bad Kissingen waren am Mittwoch zur aktuellen Entwicklung noch keine Stellungnahmen zu erhalten. Oberbürgermeister Kay Blankenburg ist zurzeit aus persönlichen Gründen nicht zu erreichen. Das Rathaus machte auf Anfrage unabhängig davon auch keinerlei Hoffnung auf eine kurzfristige Reaktion.
Sollte sich die Hoffnung auf Feuring tatsächlich als trügerisch erweisen, dürfte die Reaktion der Kissinger sehr erbost ausfallen. Das zeigt ein Blick in die wechselvolle Geschichte des Kurhaushotels in den vergangenen Jahren. Das Auf und Ab im Überblick:
Am 11. Mai 2010 nimmt das Unglück seinen Anfang. Freistaat und Steigenberger Hotel AG erklären, sie wollten ihren eigentlich noch bis 2025 laufenden Vertrag vorzeitig auflösen. Steigenberger hatte das Haus seit 1959 betrieben.
Im Juli 2010 verspricht Ministerpräsident Horst Seehofer vor einer Kabinettssitzung in der Stadt, die Staatsregierung werde sich intensiv mit einer zukunftsfesten Lösung für das Kurhaushotel befassen.
Mitte Oktober 2010 verlassen die letzten Gäste das Kurhaushotel. Eine glanzvolle Ära mit Gästen wie Königin Sirikit, Bundespräsident Heinrich Lübke, Marlene Dietrich oder zahlreichen anderen Berühmtheiten geht endgültig zu Ende.
Noch im selben Monat ergeben Studien erste Hinweise auf Schwierigkeiten bei der Finanzierung eines Ersatzprojekts. Es drohe eine Investitionslücke, heißt es. Denn es entstünden Kosten, die durch den Betrieb nicht gedeckt sein könnten.
Im Winter 2010/2011 melden das Hamburger Unternehmen RIMC und sein geschäftsführender Gesellschafter Gert Prantner Interesse an einer Übernahme des Kurhaushotels und an einer Sanierung im Bestand an. Im weiteren Verlauf wird ihm für mehrere Monate das Recht eingeräumt, die Planung für das Projekt exklusiv voranzutreiben. Als das geforderte Finanzierungskonzept nicht rechtzeitig kommt, gibt der Freistaat diesen Ansatz auf.
Im Dezember 2011 sattelt der Freistaat auf den Projektentwickler Feuring um. Der war am Anfang schon einmal mit einer Studie beauftragt gewesen und bot im Herbst 2011 überraschend an, binnen vier Jahren für den Neubau eines Fünf-Sterne-Kur- und Tagungs-Hotels zu sorgen. Einen geeigneten Betreiber habe man bereits. Auch Feuring beansprucht Exklusivität für die Zeit der Projektentwicklung. Diese wird zunächst für ein halbes Jahr gewährt.
Im Oktober 2012 erklärt sich die Staatsregierung bereit, die Investitionslücke beim Kurhaushotel zu schließen. Diese Lücke war zuvor immer mit sieben bis zehn Millionen Euro beziffert worden.
Im November 2012 verlängert der Freistaat den Ende Oktober ausgelaufenen Exklusivitätsstatus für Feuring. Diskutiert werden für die Finanzierung der Investition Lösungen über einen Fonds oder über private Investoren.
Zur selben Zeit meldet sich öffentlich ein Bad Kissinger Finanzierungsberater. Er erklärt, er habe einen Mandanten, der bereit sei, in die Sanierung im Bestand des Kurhaushotels 25 Millionen Euro zu investieren. Einige Monate später signalisiert ein Schweinfurter Architekt, er könne einen ernsthaften Kaufinteressenten vorweisen. Beide kommen aber ebenso wenig zum Zuge, wie Hotelkonzerne, die angeblich schon früher zwischendurch angeklopft haben. Der Freistaat hat Feuring ja Exklusivität eingeräumt.
Im Januar 2013 erklärt Finanzstaatssekretär Franz Josef Pschierer, ein Allgäuer, im Haushaltsausschuss des Landtags, ein Kaufvertrag mit einem privaten Investor für das Kurhaushotel sei noch im ersten Halbjahr möglich. Außerdem weist der Staatssekretär darauf hin, dass bereits ein „belastbarer Vorvertrag mit einem international renommierten Hotelbetreiber“ für den anstelle des alten Gebäudes geplanten Neubau eines Fünf-Sterne-Hotels vorliege.
Im März 2013 äußert sich auch Finanzminister Markus Söder in diesem Sinne. Er gehe davon aus, dass das Projekt in der ersten Jahreshälfte unter Dach und Fach gebracht werden könne.
Im April 2013 kommt die Erinnerung an das alte Steigenberger unter den Hammer. Der Versteigerer des Zentralfinanzamts Nürnberg versucht, für das Mobiliar des Hauses gegen Höchstgebot neue Eigentümer zu finden. Dem Vernehmen nach bleiben bei der Aktion aber einige Stücke übrig.
Anfang Juni 2013 antwortet Ministerpräsident Horst Seehofer in einem Interview rund um den Kissinger Sommer auf eine Frage der Main-Post: „Das gemeinsame Ziel von Feuring und Freistaat ist es, die Verhandlungen noch bis Ende Juni 2013 unter Dach und Fach zu bringen.“