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LKR Bad Kissingen
Kann der Landkreis Bad Kissingen Fernwärme?
Die Politik will mehr zentrale Versorgung. Chefs regionaler Stadtwerke sehen eine Umsetzung als schwierig an. Das hat Auswirkungen für die Bürger.
Kann Fernwärme die Energiewende im Landkreis Bad Kissingen retten? Die Chefs der Stadtwerke sehen große Herausforderungen.       -  Kann Fernwärme die Energiewende im Landkreis Bad Kissingen retten? Die Chefs der Stadtwerke sehen große Herausforderungen.
Foto: Marijan Murat/dpa | Kann Fernwärme die Energiewende im Landkreis Bad Kissingen retten? Die Chefs der Stadtwerke sehen große Herausforderungen.
Steffen Standke
 |  aktualisiert: 11.07.2024 17:05 Uhr

Sie haben Großes vor in Fuchsstadt: Eine Energie-Genossenschaft will 260 der 580 Gebäude im Ort zentral mit 80 Grad warmem Wasser zum Heizen, Waschen, Duschen versorgen – und so die weitverbreiteten Öl, Gas- und Holzheizungen ersetzen.

13 Kilometer lang wäre das zu bauende Nahwärmenetz laut Vorstand Ingo Betz-Eichler; befeuert werden soll es zentral per Hackschnitzel und im Sommer durch Strom aus Solarthermie. Nächstes Jahr soll der Ausbau beginnen.

Fernwärme soll Heizungspläne retten

Was in Fuchsstadt im Kleinen anläuft, soll laut Bundesregierung im ganzen Land Wirklichkeit werden, aber in größerem Maßstab. Fernwärme heißt das Zauberwort, das die Heizungspläne vor allem der Grünen retten soll. Aber was ist das: Fernwärme ?

Die Hamburger Energiewerke definieren sie als „die Belieferung von Gebäuden mit Warmwasser und Heizwärme über ein unterirdisches Rohrleitungsnetz“, ausgehend von einem Kraftwerk.

Versorgungsnetz in alter amerikanischer Kaserne

Die Stadtwerke Bad Kissingen machen das bereits – bei den Liegenschaften der ehemaligen amerikanischen Kaserne und in deren Randbereichen. Die dortige Fernwärmeversorgung sei historisch gewachsen und „besteht aus mehreren Blockheizkraftwerk-Modulen, die mit Erdgas betrieben eine gekoppelte Strom- und Wärmeerzeugung ermöglichen“, schreibt Stadtwerke-Geschäftsführer Manfred Zimmer. Gasbetriebene Kessel und solche mit Holzpellets würden unter anderem zur Abdeckung von Leistungsspitzen eingesetzt.

Neubaugebiete und Altstadt für Wärmenetz geeignet

Zimmer hält Neubaugebiete, aber auch die Kernstadt von Bad Kissingen als kompakt bebaute städtische Gebiete für sehr Fernwärme-tauglich. Darüber hinaus sagt er: „In einem eher ländlich strukturierten Raum wie Bad Kissingen ist ein großes und integriertes Netz, wie man das zum Beispiel bei Gas oder Wasser kennt, eher sehr fraglich“. Dass man Fernwärmeleitungen von der Kreisstadt zum Beispiel bis in die entfernten Stadtteile Poppenroth oder Albertshausen „mehrere Kilometer über Feld, Wald und Flur führt, ohne dass sich dort ein Wärmekunde befindet, erscheint nicht sehr sinnvoll“.

Massive Kosten und kein Kundenstamm

Der Stadtwerke-Geschäftsführer glaubt daher, dass es in der politischen Diskussion um Fernwärmenetze eher um „Teilnetze geht, die in gewisser Weise dezentral und mit dezentralen Erzeugungsanlagen ausgestattet werden“.

Fürs Versorgungsgebiet Bad Brückenau äußert sich der Geschäftsführer der Stadtwerke, Torsten Zwingmann, sehr skeptisch zur Fernwärme : Erstens wäre zur Vorbereitung ein massiver Einschnitt ins Rohrsystem nötig. „Wir müssten alles aufreißen und erneuern.“ Von den Kosten wagt er nicht zu sprechen.

Viele alte Heizungen laufen noch Jahre

Zweitens brauche es für die Abnahme der Energie einen gewissen Kundenstamm, den er aber aktuell nicht sieht. „Es gibt keinen Anschlusszwang.“ Viele Häuser würden Heizungen besitzen, die locker noch zehn, fünfzehn Jahre in Betrieb wären. Nahwärme, also die Versorgung in kleineren Dimensionen in Kombination zum Beispiel mit einem Industriebetrieb, könnte eher ein Thema sein.

Anzeige für den Anbieter Datawrapper über den Consent-Anbieter verweigert

Matthias Metz, Geschäftsführer der Hammelburger Stadtwerke, kann nach eigenen Worten „leider noch keine fundierten Aussagen „ zu Fernwärme-Fragen geben. Vorher müsse die „Kommunale Wärmeplanung“ gemacht werden.

Fernwärme im Landkreis Bad Kissingen wenig verbreitet

Diese und Fernwärme – sie sollen zentrale Bausteine der Energiewende werden. Damit nimmt die Bundesregierung Städte und Gemeinden noch stärker in die Pflicht, Klimaneutralität zu erreichen, als sie es mit Privateigentümern tun will (Stichwort Wärmepumpe ).

Das gemeinsame Statistikportal des Bundes und der Länder fördert es zutage: Fernwärme ist in Unterfranken eine Randerscheinung. Gerade einmal 17.000 Wohnungen – das sind drei Prozent – waren 2018 an ein solches Netz angeschlossen. Stattdessen dominieren Gas mit 46,4 Prozent (264.000 Wohneinheiten) und Heizöl (36 Prozent, 205.000 Wohnungen). Elektrizität/Strom spielt mit 3,2 Prozent eine ebenfalls untergeordnete Rolle.

Gas und Wärmepumpe dominieren bei Neubauten

Bei zwischen 2016 und 2020 fertiggestellten Neubauten zeigt sich kein deutlich anderes Bild. Hier liegen auf der Homepage www.statistikportal.de sogar Zahlen für den Landkreis Bad Kissingen vor. Dort dominieren Gas, aber auch Umweltthermie, also die Wärmepumpe . Fernwärme hatte mit 3,2 Prozent sogar einen wesentlich geringeren Anteil als Holz (8,6 Prozent). Um in Richtung Fernwärme zu kommen, muss viel geschehen.

Für Manfred Zimmer, Geschäftsführer der Bad Kissinger Stadtwerke, braucht es daher „eine fundierte und  detaillierte Wärmeplanung bezogen auf das gesamte Stadtgebiet und differenziert auf Ortsteile, Quartiere und am Ende einzelnen Straßenzüge“. Nur so könne man entscheiden, ob sich die ganze Kurstadt mit Fernwärme versorgen lässt. Für ein umfassendes Bild sei neben der technisch-wirtschaftlichen Sicht des Versorgers auch die des Kunden gefragt. 

Wirtschaftlichkeit betrachten

Eine Fernwärmeversorgung bedinge „erhebliche Investitionen in ein Wärmeverteilungssystem“. Sie sei nur dann zielführend, wenn eine gewisse Wärmedichte pro Kilometer Leitungslängen gegeben ist (die Wärmedichte ist eine Kennzahl für die erste Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Nah- oder Fernwärmenetzes). Berücksichtigt werden müssen laut Zimmer aber auch Wärmeverluste, die Endverteilungssituation beim Kunden und ob über das Netz außer Wärme auch Kälte bereitgestellt werden soll. 

Schlussendlich könne sich die Gesamtbetrachtung „massiv ändern, wenn eine umfassende staatliche Förderung der Investitionen erfolgt. Persönlich glaubt der Stadtwerke-Chef nicht an eine vollständige und sichere Wärmeversorgung mittels regenerativer Energieträger. Es sei denn, es gäbe geeignete „Speicherquellen und -systeme“.

Gas-Kraftwerk für alte Kaserne hat Zukunft

Dem Gas-Blockheizkraftwerk an der ehemaligen Kaserne spricht Zimmer „eine gewisse Zukunft“ zu.  „Aber mittelfristig wird hier eine Umstellung auf einen anderen Energieträger zumindest im Mix und in Kombination mit erneuerbaren Energien erfolgen.“ Man stecke da zurzeit noch in den „Grundsatz-Überlegungen“. Sie gelte es zielgerichtet gemeinsam mit der Stadt im Rahmen eines Wärmeversorgungskonzeptes zu erarbeiten. 

Eine genaue Wärmeplanung im Versorgungsgebiet steht bei den Stadtwerken Bad Brückenau auch noch aus. Doch Geschäftsführer Torsten Zwingmann ist sich sicher: „Es muss sich was ändern, auch im Hinblick auf die zukünftige Therme Sinnflut.“ Und weiter: „Wir sollten auf den Zug aufspringen und nicht erst, wenn er vorbeigefahren ist“. 

Bad Brückenauer Stadtwerke-Chef setzt auf Wasserstoff

Deshalb ist der Bad Brückenauer Stadtwerke-Chef nah dran an den Ideen, die aktuell im Landkreis entwickelt werden. Dabei steht Wasserstoff an vorderer Stelle. „Wir müssen abwarten, was bei einer Machbarkeitsstudie (von Siemens, R3 Regionalenergie GmbH, Stadtwerke Bad Kissingen; Anm. d. Verf.) herauskommt.“
Förderantrag im JanuarMatthias Metz, Geschäftsleiter der Stadtwerke Hammelburg, sagt: „Stadtwerke und Stadt Hammelburg haben in Bezug auf die ’Kommunale Wärmeplanung’ die ersten Weichen gestellt.“ Man arbeite eng mit dem städtischen Klimaschutzmanager Philipp Spitzner zusammen. 

Förderantrag für Wärmeplanung im Februar 2023 gestellt

Die Stadt Hammelburg habe Anfang Februar 2023 den Fördermittelantrag zur Kommunalen Wärmeplanung gestellt. „Dadurch soll den Bürgern der Stadt mit ihren zahlreichen Ortsteilen Planungssicherheit gegeben werden, um Fehlinvestitionen zu vermeiden und die wirtschaftlich besten Möglichkeiten für eine klimaneutrale Wärmeversorgung der Kommune zu ermitteln.“ Aufgrund der Wartezeit für die Fördermittelbearbeitung liege der geplante Projektbeginn der Wärmeplanung im Januar 2024. 

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  • R. A.
    Bla bla bla
    Jeder Gefü redet sich raus.
    Der Hr . Zimmer wartet auf seine Pensionierung, der entscheidet so oder so nix mehr.
    Der Hr. Metz ist unerfahren und Praxiselektriker über den zweiten Bildungsweg. Gegangen aus KG wegen fehlender Perspektive.
    Der Herr Zwingmann ist eingekaufte Führungskraft, ihn kann man schlecht einschätzen, da er nur Scherben kehrt.
    Perspektivisch kann man keinem etwas zutrauen, da alle keine Visionäre sind.
    Also wird es weitergehen wie bisher.
    The same procedure as last year, Miss Sophie?
    Man kennt es nicht anders…
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