Sonja Bauers Großeltern holten noch die Sofas bei den Kunden mit dem Leiterwagen ab, wenn sie neu bezogen werden sollten und nähten die damals üblichen dreiteiligen Matratzen. Die Fotos haben einen Platz im Werbeflyer zum Jubiläum gefunden, aber die Geschichte von Raumausstattung Bauer ist noch viel älter. Sattlermeister Ernst Bauer gründete im Jahr 1871 den Handwerksbetrieb , der heute zu den ältesten im Stadtgebiet gehört. Eigentlich ist das Traditionsunternehmen also schon 151 Jahre alt, wegen Corona wurde die Feier aber verschoben und wird zum Schutzengelmarkt am Sonntag, 4. September, nachgeholt.
Seit 50 Jahren ein Meister
Nach dem 1. Weltkrieg übernahm Ernst Bauers Sohn, Michael Bauer , den Betrieb, er gab ihn 1948 an seinen Sohn Artur weiter, der gerade aus der Kriegsgefangenschaft heimgekehrt war. Artur Bauer erweiterte das Geschäft, es kamen neue Räume hinzu. Und aus der traditionellen Sattlerwerkstatt wurde ein moderner Raumausstattungsbetrieb. In vierter Generation übernahm Wolfgang Bauer das Traditionsunternehmen. Er feiert heuer auch ein kleines Jubiläum . Vor 50 Jahren hat er seine Meisterprüfung abgelegt, seine Lehre hatte er im Alter von 14 Jahren begonnen. Unter seiner Regie zog Raumausstattung Bauer in die früheren Ökonomiegebäude des Augustinerklosters in der Manggasse um, wo genug Platz ist, die zahlreichen Bodenbeläge, Gardinen , Heimtextilien, Tapeten, Sonnenschutz und Sonstiges auszustellen.
Auch der Wechsel in die fünfte Generation war überhaupt kein Problem. Wolfgang und Iris Bauer bekamen zwei Töchter: Heike und Sonja. "Heike war immer die Frau der Zahlen, deswegen ist sie auch Bauingenieurin geworden", sagt Sonja Bauer. "Und ich bin eher die Handwerkliche und Kreative. Deswegen war immer klar, dass ich das lerne und das Geschäft übernehme."
Ihre Lehre in Frammersbach schloss die als Jahrgangsbeste ab, sie arbeitete dann in München und Oldenburg und legte schließlich 1997 die Meisterprüfung in Kassel ab, also vor 25 Jahren. Auch sie feiert ein kleines Jubiläum Damals war sie gerade einmal 22 Jahre alt.
"Das Handwerk hat sich verändert", sagt Sonja Bauer mit Blick auf die 150-jährige Unternehmensgeschichte. Ihre Großeltern haben noch Kuh- und Pferdegeschirre genäht. Sofas wurden beim Kunden abgeholt, neu bezogen und wieder zurückgebracht. Das sei bei den meisten Couches heute gar nicht mehr möglich, sagt Sonja Bauer. Aber es kommt durchaus vor, dass sich Kunden ihre alten Sofas, Stühle oder Sessel neu beziehen lassen.
Das Hauptgeschäft liegt aber heute in der Neugestaltung von Räumen, so wie es der Firmenname ja schon sagt. "Heute bieten wir das Rundum-Wohlfühlpaket an", sagt Sonja Bauer. Wenn es gewünscht wird, werden die Möbel aus dem Zimmer getragen, beispielsweise neu tapeziert und gestrichen, ein neuer Fußboden verlegt und zur Abrundung auch noch passende Gardinen angebracht. "Es gibt vielfältige Möglichkeiten, manche Menschen denken, wir verlegen nur Teppichböden." Dabei ist es viel mehr. Und die Beratung, was zu was passt, mache ganz viel aus.
Gefragt, wie sie die Zukunft des Familienunternehmens sieht, sagt Sonja Bauer: "Wir wollen handwerklich bleiben und übersichtlich. Das ist unsere Stärke." Um die Zukunft muss ihr auch nicht bange sein. Neue Kundschaft kommt meist auf Empfehlungen von Menschen, bei denen das Unternehmen tätig war. Das Ganze sei ja auch eine Vertrauenssache, meint Sonja Bauer. Oft bekommen sie die Schlüssel zu den Wohnungen, in denen sie arbeiten, und die Inhaber sind außer Haus.
Feier am 4. September
Gefeiert wird das 150-jährige Bestehen von Raumausstattung Bauer zum Schutzengelmarkt am Sonntag, 4. September, von 12 bis 17 Uhr in der Manggasse 16. Es gibt Kaffee und Kuchen, ein Glücksrad und eine Bildergalerie zur Firmengeschichte.