Wir essen, wir bestellen, wir kaufen ein - wir konsumieren. Und wir werfen weg. Das Statistische Bundesamt hat es fürs Jahr 2020 festgehalten: Im ersten Corona-Jahr haben wir vier Prozent mehr Müll produziert als 2019. 39,6 Millionen Tonnen - 39 600 000 - Abfall kamen 2020 zusammen. Das macht pro Kopf 476 Kilogramm Müll. Sobald er in der Tonne landet, haben wir ihn vergessen. Doch für Menschen wie Ewa Polatschka beginnt jeder Tag mit unserem Abfall. Die 50-Jährige ist Müllsortiererin beim Entsorgungsfachbetrieb Seger in Münnerstadt .
Es ist ein heißer Sommertag wie so viele in den letzten Monaten. Heute treibt kein Wind Plastiktüten oder Papierfetzen über den großen, asphaltierten Platz, die Luft steht. Es riecht ein bisschen so wie in einer Seitenstraße einer großen Stadt in Südeuropa. Es riecht warm, feucht, süß nach Vergorenem, nicht einmal besonders unangenehm. Der Platz vor den riesigen, offenen Hallen, in denen sich bereits Papier und Pappe stapelt, ist übersät mit Abfall. Tische, Stühle, Kleidung, Papier, Plastik, verdreckt und sauber, Styropor, Eimer, Dokumente, an einigen Stellen ist der Müll kniehoch. Ewa Polatschka steht mittendrin, sie hat einen weggeworfenen Plastikschuh in der Hand und strahlt. Die 50-Jährige sortiert unseren Müll, jeden Tag, bei Sonne und bei Regen. Ein Gespräch über die Arbeit.
Guten Morgen! Seit ich ein Haus renoviere, bin ich sehr oft hier und werfe Ihnen meinen Müll vor die Füße. Egal, wann ich komme - Sie lächeln jeden an, haben für jeden ein nettes Wort.
Ein Beruf ist oftmals Aushängeschild für die Person, die ihn ausübt. Ein Chefarzt hat ein hohes Ansehen, Müll zu sortieren eher nicht. Ist das schlimm für Sie?
Warum?
Aber ist es nicht manchmal auch ekelhaft? Müll ist dreckig und stinkt.
Was genau tun Sie auf dem Müllhaufen?
Was ist das Schöne an Ihrer Arbeit?
Brauchten Sie damals Geld?
Haben Sie Kinder?
Haben Sie im Müll schon mal etwas Wertvolles gefunden?
Haben Sie schon etwas mit nach hause genommen?
Wie macht Ihr Körper die oft auch schwere Arbeit mit? Sie stehen unter freiem Himmel, müssen sich oft bücken und schwer heben.
Sie verströmen zu jeder Sekunde auf dem Müllhaufen Optimismus und gute Laune, das ist ungewöhnlich. Auch alle Antworten hier geben Sie mit einem Lächeln.
Im Jahr werden 8000 Tonnen aussortiert
Kilian Seger ist Betriebsleiter bei der gleichnamigen Firma, sie existiert bereits in der vierten Generation. Die Firm, sagt er, unterziehe sich jährlich der externen Zertifizierung zum Entsorgungsfachbetrieb und hat den Status einer Vorbehandlungsanlage im Sinne der Gewerbeabfallverordnung.
Kilian Seger: "Auf dem Betriebshof werden jährlich mehr als 8000 Tonnen verschiedenster Abfallarten umgeschlagen. Darunter fallen etwa 2500 Tonnen Gewerbeabfälle , die von unserem Hofpersonal wie Ewa Polatschka sortiert werden."
Aus dem gemischten Gewerbeabfall "werden von unseren zuverlässigen und leistungsfähigen Hofsortierern und Hofsortiererinnen jährlich 800 Tonnen Fremdmaterial aussortiert, darunter mehr als 350 Tonnen Holz, 120 Tonnen Bauschutt und 70 Tonnen Metall", so Kilian Seger.