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BAD KISSINGEN/ESTELI
„Es ist meine Erfüllung“
Uriel Diaz, Orthopäde aus Nicaragua (links), hospitierte an drei Kliniken in Deutschland. Sein letzter Aufenthalt führte ihn zu Peter Trus vom OrthoCentrum Saale Bad Kissingen/Bad Neustadt.
Foto: Susanne Wahler-Göbel | Uriel Diaz, Orthopäde aus Nicaragua (links), hospitierte an drei Kliniken in Deutschland. Sein letzter Aufenthalt führte ihn zu Peter Trus vom OrthoCentrum Saale Bad Kissingen/Bad Neustadt.
Von unserer Mitarbeiterin Susanne Wahler-Göbel
 |  aktualisiert: 11.12.2019 15:44 Uhr

Uriel Diaz hätte ohne Zweifel einen bequemeren Weg einschlagen können. Hätte in den USA bleiben und dort als Arzt viel mehr Geld verdienen können als in seiner Heimat Nicaragua. Doch der 33-jährige orthopädische Chirurg hat sich ein anderes Ziel gesetzt: „Ich will das Beste für mein Zuhause und die Menschen dort.“

Diaz sitzt in einem Restaurant in Bad Kissingen, seine Körperhaltung ist aufrecht, sein Blick hochkonzentriert und doch gleichzeitig freundlich entspannt. Die Kurstadt ist die dritte und letzte Station seines rund dreiwöchigen Deutschlandaufenthaltes, nach Tübingen und Markgröningen bei Ludwigsburg. Es sind dichte Wochen, der 33-Jährige ist voller Eindrücke. Gefragt nach seinen Erfahrungen, überlegt er eine kleine Weile, macht einen tiefen Atemzug. Deutschland ist „amazing“, sagt er, erstaunlich.

Diaz kam auf Einladung von Apoyo Medico, einer Hilfsorganisation, die sich in Nicaragua engagiert. Ihr gehört auch der Kissinger Arthroskopie-Spezialist Peter Trus vom OrthoCentrum Saale an. Trus hat Diaz im Februar im Krankenhaus von Estelí kennengelernt, einem Ort im Norden des Landes an der Grenze zu Honduras – und war außerordentlich beeindruckt. „Uriel hat großes Potenzial, er weiß schon viel über Kniechirurgie “, sagt Trus. „Wir wollen ihn fördern und unterstützen.“

Diaz spricht fließend Englisch, und das kommt unter den Mediziners des armen zentralamerikanischen Landes nicht allzu oft vor. Seine Familie, erzählt er, floh im nicaraguanischen Bürgerkrieg in die USA, er besuchte dort eine Highschool in Los Angeles. Später ging er zurück in seine Heimat und studierte in der Hauptstadt Managua Medizin. „Ich wollte nie etwas anderes als Arzt werden. Es ist für mich nicht einfach ein Job, es ist meine Erfüllung. Es geht mir nicht ums Geld.“

Diaz stammt aus Estelí, einer Stadt im zentralen Hochland mit rund 200 000 Einwohnern für das gesamte Departement. „Die Menschen dort leben hauptsächlich vom Tabakanbau“, berichtet der 33-Jährige. Das Krankenhaus wurde von der spanischen Regierung gebaut. Apoyo Medico bemüht sich jetzt, Spenden zu sammeln und für die Klinik einen Arthroskopie-Turm zu organisieren, so Trus. Kostenpunkt: rund 150 000 Euro.

So ein medizinisches Gerät soll Diaz die Arbeit mit seinen Patienten in Estelí erleichtern. Die Bedienung lernt er unter anderem von Trus, bei dem er hospitiert. Seinen Horizont erweitern konnte der Nicaraguaner außerdem am Anatomischen Institut der Uni Tübingen und einer Fachklinik für Orthopädie in Markgröningen. „Die Zeit in Deutschland ist eine wirklich tolle Erfahrung für mich“, ist Diaz dankbar. „Ich möchte so viel wie möglich lernen und meinen Patienten zu Hause weitergeben.“

Denn die Menschen dort brauchen Ärzte wie ihn. Auch in Estelí spielen Männer beispielsweise gerne Fußball – und verletzen sich dabei. Was in Deutschland schnell behandelt oder arthroskopisch operiert werden kann, stellt Ärzte dort oft vor große Probleme, weil sie zu wenig Fachwissen haben, die entsprechende medizinische Ausrüstung mangelhaft ist oder ganz fehlt.

Ob Knie, Schulter oder Sprunggelenk, Diaz wird mit einem reichen medizinischen Erfahrungsschatz nach Hause reisen. Darüber hinaus nimmt er die Erkenntnis mit, dass nahezu jede größere deutsche Stadt ihr eigenes Bier braut. Und freilich habe er das eine oder andere auch probiert, räumt er schmunzelnd ein.

Möglicherweise hat er es trotz seines vollen Terminplans auch noch geschafft, das Kissinger Rakoczy-Wasser zu kosten. Eine Kurstadt wie die hiesige mit ihren vielen Kliniken und Heilquellen hat Diaz nie zuvor erlebt. Und während er über die sozialen Zustände in seiner Heimat reflektiert, stellt er fest: „Von einem Gesundheitssystem wie in Deutschland können wir in Nicaragua nur träumen.“

 
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