Bad Kissingen
Es geht um mehr als um die Wurst
Immer mehr Fleisch- und Wurstwaren werden industriell produziert. Das stellt die rgionalen Metzgereien vor enorme Herausforderungen.
Warmer Wasserdampf erfüllt die Luft. Zieht als feiner Nebel durch den Raum. Durchdringt jeden Winkel. Kondensiert an den gefliesten Wänden. Verteilt einen feinen Duft nach Wurst. Rotgelegten soll es heute geben, später auch Leberwürste und Weißgelegten. Dazu Kesselfleisch. Wie jeden Dienstag. Metzgermeister Raymund Kirchner ist deshalb schon früh auf den Beinen, trifft Vorbereitungen, kocht im Kessel und schneidet - unter anderem gekochtes
Fleisch, Leber, Schwarte. Jetzt steht er an einer großen Wanne. Seine Hände sind tief darin versunken.
Per Hand mischt der 69-jährige die rotbraune Masse durch. So wie er es vor 55 Jahren als Lehrling von seinem Vater gelernt hat. Es ist die Basis für den Rotgelegten, der nach alter Familientradition aus Schweinefleisch von Schulter und Kopf, aus Zunge, Schwarte, Zwiebeln, Leber und Schweineblut besteht. Noch ein paar Gewürze und Kräuter dran, darunter Piment, Knoblauch, Bohnenkraut, und schon ist die Masse für den Rotgelegten fertig - ohne Chemie, ohne Zusatzstoffe.
Doch Kirchner ist nicht zufrieden. "Da fehlt noch etwas", sagt er nach einer kurzen Kostprobe und überlegt. Schließlich greift er ins Regal und holt noch einmal die Gewürze heraus, gibt sie zu der Masse hinzu. Wieder werden die Hände in die rotbraune Masse getaucht, mischen die Zugaben unter.
Bevor Kirchner nun erneut den Geschmack testet, spült er den Mund mit Wasser: "Sonst schmecke ich ja nicht richtig." Die Wurst muss schmecken - ihm und seinen Kunden. Aber nur mit Gewürzen und Kräutern erreicht man das nicht: "Die Basis, die Qualität des Fleisches muss stimmen."
Auch Koch Thomas Faber ist davon überzeugt. Der 39-Jährige führt in vierter Generation die Metzgerei Faber in Bad Kissingen. Sie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten unter anderem auf die Produktion von Feinkost sowie Catering und Eventcooking spezialisiert. Letztlich auch, um sich gegen die zunehmende Konkurrenz durch die industriell hergestellten Wurst- und Fleischwaren zu behaupten. "Bei deren Dumpingpreisen haben wir sonst keine Chance." Zwar sei die Zielgruppe, die sich bewusst für qualitativ hochwertige Produkte oder Feinkost aus der Region entscheidet, noch überschaubar. "Doch es werden immer mehr", schildert Faber seine Erfahrungen. Letztlich, weil auch das Bewusstsein für Regionalität und eine gute Ernährung stetig zunimmt. Deshalb verarbeitet er in seinem Betrieb mit rund 60 Mitarbeitern ausschließlich Schweine und Rinder aus der Region.
Raymund Kirchner in Burkardroth bezieht die Tiere, die er verarbeitet, von Betrieben, die genauso wie er der "Dachmarke Rhön" angehören und deren Qualitätssiegel tragen. Beitreten kann nur, wer bestimmte Kriterien erfüllt.
So muss beispielsweise ein ausgebildeter Landwirt, der Schweinefleisch produziert, seinen Betrieb mindestens fünf Jahre beschwerdefrei führen und eine QS-Zertifizierung nachweisen. Bei der QS-Zertifizierung handelt es sich um ein Qualitätssiegel, das frische Lebensmittel erst nach strengen Prüfungen erhalten. "Die Tiere leben mindestens ab ihrer zehnten Lebenswoche in der Rhön. Von dem eingesetzten Futter stammen mindestens 51 Prozent aus eigenem Anbau.
Wenn Futter zugekauft werden muss, ist sichergestellt, dass mindestens 80 Prozent des Schweinefutters in der Rhön erzeugt wurden", schreibt die Dachmarke Schweinefleischproduzenten vor.
Auch für Metzgermeister Kirchner sind das wichtige Kriterien. Nicht zuletzt, weil so sein Geld in der Region bleibt. "Die Schweinehälften, die ich heute verarbeite, kommen aus Heustreu von Herrn Menninger. Der hält und füttert die Tiere entsprechend. Davon habe ich mich selbst überzeugt", sagt er. Früher hat der Metzgermeister seine Tiere noch direkt vor Ort, von Landwirten aus Burkardroth, Wollbach und Stangenroth gekauft und auch selbst geschlachtet. Doch seit 2006, seit es die strengen EU-Hygiene-Verordnungen für Schlachtbetriebe gibt, darf er das wie viele andere Metzgereien im Landkreis nicht mehr. Etliche haben aufgegeben und zugemacht.
Umso wichtiger ist es für ihn, dass es als Alternative Schlachthöfe in der Region gibt für kurze Transportwege. "Die Rinder, die ich verarbeite, werden in Würzburg geschlachtet, die Schweine in Bad Neustadt." Schließlich gibt es im Landkreis Bad Kissingen keine Schlachthöfe oder große Schlachtbetriebe mehr.
Für Georg Scheuring vom Bayerischen Bauernverband ist das keine gute Entwicklung. "Lange Transportwege sind weder für die Tiere gut, noch für die Umwelt", sagt er. Bis vor Kurzem bestand sogar die Gefahr, dass auch der Schlachthof in Bad Neustadt schließt. Doch ein Unternehmen aus Baden-Württemberg hat ihn nun übernommen. "Wir sind sehr froh darum", sagt Thomas Faber dazu, der dort ebenfalls Kunde ist.
Die Alternative wären Schlachthöfe gewesen, die noch weiter weg sind. "Beispielsweise in Hof, Bamberg oder Crailsheim", zählt Georg Scheuring auf.
Raymund Kirchner hat nun keine Zeit mehr zum Plaudern. Die Schweinemägen sind mit der Blutwurst-Masse gefüllt. "Die werden jetzt dreieinhalb Stunden gekocht", erklärt er. Dann zieht wieder warmer Wasserdampf durch die Metzgerei.
Per Hand mischt der 69-jährige die rotbraune Masse durch. So wie er es vor 55 Jahren als Lehrling von seinem Vater gelernt hat. Es ist die Basis für den Rotgelegten, der nach alter Familientradition aus Schweinefleisch von Schulter und Kopf, aus Zunge, Schwarte, Zwiebeln, Leber und Schweineblut besteht. Noch ein paar Gewürze und Kräuter dran, darunter Piment, Knoblauch, Bohnenkraut, und schon ist die Masse für den Rotgelegten fertig - ohne Chemie, ohne Zusatzstoffe.
Doch Kirchner ist nicht zufrieden. "Da fehlt noch etwas", sagt er nach einer kurzen Kostprobe und überlegt. Schließlich greift er ins Regal und holt noch einmal die Gewürze heraus, gibt sie zu der Masse hinzu. Wieder werden die Hände in die rotbraune Masse getaucht, mischen die Zugaben unter.
Bevor Kirchner nun erneut den Geschmack testet, spült er den Mund mit Wasser: "Sonst schmecke ich ja nicht richtig." Die Wurst muss schmecken - ihm und seinen Kunden. Aber nur mit Gewürzen und Kräutern erreicht man das nicht: "Die Basis, die Qualität des Fleisches muss stimmen."
Auch Koch Thomas Faber ist davon überzeugt. Der 39-Jährige führt in vierter Generation die Metzgerei Faber in Bad Kissingen. Sie hat sich in den vergangenen Jahrzehnten unter anderem auf die Produktion von Feinkost sowie Catering und Eventcooking spezialisiert. Letztlich auch, um sich gegen die zunehmende Konkurrenz durch die industriell hergestellten Wurst- und Fleischwaren zu behaupten. "Bei deren Dumpingpreisen haben wir sonst keine Chance." Zwar sei die Zielgruppe, die sich bewusst für qualitativ hochwertige Produkte oder Feinkost aus der Region entscheidet, noch überschaubar. "Doch es werden immer mehr", schildert Faber seine Erfahrungen. Letztlich, weil auch das Bewusstsein für Regionalität und eine gute Ernährung stetig zunimmt. Deshalb verarbeitet er in seinem Betrieb mit rund 60 Mitarbeitern ausschließlich Schweine und Rinder aus der Region.
Schlachtvieh aus der Region
Raymund Kirchner in Burkardroth bezieht die Tiere, die er verarbeitet, von Betrieben, die genauso wie er der "Dachmarke Rhön" angehören und deren Qualitätssiegel tragen. Beitreten kann nur, wer bestimmte Kriterien erfüllt.
So muss beispielsweise ein ausgebildeter Landwirt, der Schweinefleisch produziert, seinen Betrieb mindestens fünf Jahre beschwerdefrei führen und eine QS-Zertifizierung nachweisen. Bei der QS-Zertifizierung handelt es sich um ein Qualitätssiegel, das frische Lebensmittel erst nach strengen Prüfungen erhalten. "Die Tiere leben mindestens ab ihrer zehnten Lebenswoche in der Rhön. Von dem eingesetzten Futter stammen mindestens 51 Prozent aus eigenem Anbau.
Wenn Futter zugekauft werden muss, ist sichergestellt, dass mindestens 80 Prozent des Schweinefutters in der Rhön erzeugt wurden", schreibt die Dachmarke Schweinefleischproduzenten vor.Auch für Metzgermeister Kirchner sind das wichtige Kriterien. Nicht zuletzt, weil so sein Geld in der Region bleibt. "Die Schweinehälften, die ich heute verarbeite, kommen aus Heustreu von Herrn Menninger. Der hält und füttert die Tiere entsprechend. Davon habe ich mich selbst überzeugt", sagt er. Früher hat der Metzgermeister seine Tiere noch direkt vor Ort, von Landwirten aus Burkardroth, Wollbach und Stangenroth gekauft und auch selbst geschlachtet. Doch seit 2006, seit es die strengen EU-Hygiene-Verordnungen für Schlachtbetriebe gibt, darf er das wie viele andere Metzgereien im Landkreis nicht mehr. Etliche haben aufgegeben und zugemacht.
Weite Transportwege vermeiden
Umso wichtiger ist es für ihn, dass es als Alternative Schlachthöfe in der Region gibt für kurze Transportwege. "Die Rinder, die ich verarbeite, werden in Würzburg geschlachtet, die Schweine in Bad Neustadt." Schließlich gibt es im Landkreis Bad Kissingen keine Schlachthöfe oder große Schlachtbetriebe mehr.
Für Georg Scheuring vom Bayerischen Bauernverband ist das keine gute Entwicklung. "Lange Transportwege sind weder für die Tiere gut, noch für die Umwelt", sagt er. Bis vor Kurzem bestand sogar die Gefahr, dass auch der Schlachthof in Bad Neustadt schließt. Doch ein Unternehmen aus Baden-Württemberg hat ihn nun übernommen. "Wir sind sehr froh darum", sagt Thomas Faber dazu, der dort ebenfalls Kunde ist.
Die Alternative wären Schlachthöfe gewesen, die noch weiter weg sind. "Beispielsweise in Hof, Bamberg oder Crailsheim", zählt Georg Scheuring auf.Raymund Kirchner hat nun keine Zeit mehr zum Plaudern. Die Schweinemägen sind mit der Blutwurst-Masse gefüllt. "Die werden jetzt dreieinhalb Stunden gekocht", erklärt er. Dann zieht wieder warmer Wasserdampf durch die Metzgerei.
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