
Man muss das Rad nicht immer neu erfinden. Das sagten sich vor gut 25 Jahren die damalige Heimleiterin des Juliusspitals Karola Back und Josef Parsch vom Julius-Kreis sowie weitere Mitstreiter. Sie starteten im Dezember 1998 das erste Erzählcafé im Münnerstädter Juliusspital. Die Idee hatten sie vom Caritashaus Edith Stein in Bad Neustadt übernommen. Aber das Münnerstädter Erzählcafé sollte eine ganz eigene Erfolgsgeschichte werden.
Der erste Erzähler
„Damit war nicht zu rechnen – Riesengroß war gestern Nachmittag der Zuspruch, als erstmals in Münnerstadt ins Erzählcafé eingeladen wurde“, war am 10. Dezember 1998 in der Zeitung zu lesen. Erster Erzähler war Leonhard Hoffmann aus Bad Königshofen, der damals dienstälteste Nikolaus in Bayern. 60 Seniorinnen und Senioren wollten das nicht verpassen. Was damals keiner ahnen konnte: Bei einem Erzählcafé rund 20 Jahre später sollten es noch einmal 100 Zuhörer mehr werden.
Konzipiert war das Erzählcafé von Anfang an für das Winterhalbjahr. Seniorinnen und Senioren sollten aus ihrem Leben erzählen. Manche Redner waren gleich mehrfach zu Gast. Honorar gab es und gibt es bis heute dafür nicht.
Veranstaltung kommt von Anfang an gut an
„Das Erzählcafé platzt langsam aus allen Nähten“, hieß es bereits beim Bericht über den zweiten Nachmittag im Januar 1999. Ludwig Moritz, gebürtiger Münnerstädter und späterer Bürgermeister von Burkardroth referierte über das Thema „Die Streiche der Studentlich“, was sich natürlich auf das Münnerstädter Schönborn-Gymnasium bezog. Damals trafen sich Erzähler und Zuhörer im Gemeinschaftsraum des Altenheims , der dafür nicht mehr ausreichte. Manche Gäste setzten sich in den Flur, andere mussten wieder gehen.
Mit dem Umbau des Klosters zum betreuten Wohnen änderte sich das. Der Veranstaltungsraum dort ist viel größer, aber auch er vermochte manchmal die vielen Besucher kaum aufzunehmen.
Klaus Dieter Guhling übernimmt
Stadtarchivar Klaus Dieter Guhling hat alles über das Erzählcafé fein säuberlich archiviert. Das tut er mit allen Dingen, aber in diesem Fall ist es noch einmal etwas anderes. Denn nach 25 Erzählcafés übernahm er im Oktober 2002 selbst die Moderation von Josef Parsch. „Er hatte mich darum gebeten und ich habe es auch gerne gemacht“, erinnert sich Klaus Dieter Guhling heute.
Josef Parsch fühlte sich nicht so richtig wohl im Rampenlicht. Um die Organisation aber und auch um das Anwerben neuer Redner kümmerte sich Josef Parsch bis zu seinem plötzlichen Tod im Jahr 2004 weiter. Dann übernahm Klaus Dieter Guhling ganz, er sah es als seine Pfflicht an, das fortzuführen, was sein Freund Josef Parsch begonnen hatte.
Die Rollen sind vertauscht
Eine akkurat geführte Liste zeigt auf, wen Klaus Dieter Guhling in den Jahren 2003 bis 2011 ins Erzähcafé geholt hat. Viele bekannte Münnerstädter sind darunter, einige inzwischen nicht mehr am Leben. Bei seinem 50. Erzählcafé vertauschte Klaus Dieter Guhling am 5. Oktober 2011 die Rollen. Er berichtete selbst aus seinem Leben und übergab die Moderation an Altbürgermeister Eugen Albert .
132 Erzählcafés waren es, als Eugen Albert im Oktober letzten Jahres die Moderation aus gesundheitlichen Gründen an Leo Pfennig übergab, der schon seit vielen Jahren im Organisationsteam mit tätig ist. Auf die vielen interessanten Nachmittage ist Eugen Albert richtig stolz. „Das erfolgreichste Erzählcafé war das mit Bischof em. Dr. Friedhelm Hofmann “ sagt er. „Da mussten wir 160 Stühle heranschaffen.“
Immer wieder interessante Gäste
Das war zwar der Rekord, aber auch bei den anderen Erzählcafés kamen viele Gäste und bei weitem nicht nur Bewohner des Juliusspitals und des betreuten Wohnens. Das Seniorenzentrum St. Elisabeth veranstaltet bald eigene Erzählnachmittage, die ebenfalls sehr gut ankamen. In der 25 Jahren Erzählcafé im Juliusspital ist es immer wieder gelungen, interessante Personen dafür zu gewinnen. Nur während Corona lief leider nichts.
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