
Vor genau 20 Jahren trat das Erneuerbare-Energien-Gesetz als Nachfolger des Stromeinspeise-Gesetzes in Kraft und löste damit das "Solarzeitalter" aus. Ab diesem Zeitpunkt sollte sich der Energiemix aus Strom und Wärme im eigenen Heim lohnen. Waldemar Bug , der bereits die Solarthermie-Anlage im Jahre 1996 einbaute, investierte 2001 auch in die PV-Anlage. Heute stellt der frühere Bürgermeister von Burkardroth die Einnahmen und Ausgaben gegenüber und bleibt zufrieden, denn diese Anlagen haben sich längst amortisiert.
Siebziger Jahre - die Ölkrise. Der Nahe Osten stellte die Öllieferung ein. An mehreren Sonntagen durfte kein Auto mehr gefahren werden und man suchte nach Alternativen für die Energieversorgung . Waldemar Bug aus Burkardroth , studierter Maschinenbauer, wollte sich der Herausforderung stellen und bei der Planung seines Hauses möglichst ohne fossile Energie auskommen. Aber ohne Fanatismus. Eher auf Nummer sicher. Eine praktikable, ökonomisch tragbare Lösung musste her, da es um die gute Lebensqualität für alle Hausbewohner ging.
Zu einer Zeit, zu der in der bayerischen Rhön jeder sein Holz selbst aufbereitete, musste derjenige, der die knapp werdende globale Versorgung mit Energieträgern im Blick hatte, nach alternativen Lösungen auf eigene Faust suchen. Es war ein gewisses Neuland für alle. Berater gab es zu dieser Zeit nicht und man fand die Informationen ausschließlich in der Fachliteratur und Veröffentlichungen.
Waldemar Bug baute 1986 sein Fertighaus von einem regionalen Anbieter als Musterobjekt. Die Kundinnen und Kunden der Herstellerfirma konnten das Holzhaus in Burkardroth anschauen. Durch die Hausbegehungen wurde auch viel über die Strom- und Wärmeversorgung bzw. die Alternativmöglichkeiten gesprochen.
1992 gaben die Vereinten Nationen die Erklärung zu Umwelt und Nachhaltigkeit, bekannt als Rio-Erklärung, ab und stießen die Welle der Agenda-Prozesse an. In Burkardroth , Waldemar Bug wurde dort 1996 erstmals in den Gemeinderat gewählt, gründeten sich paar Jahre später zwei Arbeitsgruppen, in denen er sehr aktiv war. Sie tauschten sich rund um das Thema Nachhaltigkeit aus und informierten die Einwohner.
Nicht alle waren von diesem Weg überzeugt. Die Politik betrachtete die Nutzung der Solarenergie anfangs als "Liebhaberei", man konnte sich ein Industrieland ohne fossile und atomare Energienutzung nicht vorstellen. Die Bundesregierung setzte aber das Erneuerbare-Energiegesetz 2000 in Kraft. Es regelte die Vergütungssätze für den Strom aus erneuerbaren Quellen und brachte Klarheit für den Markt: So betrug der Satz für den " Sonnenstrom ", für Anlagen, die bis einschließlich 2001 in Betrieb gingen, circa 99 Pfennig pro kWh, ab 2002 reduzierte sich dieser auf 48,1 C/kWh und danach abhängig vom Zubau der Anlagen weiter. So war die Photovoltaik immer gewinnbringend und längst wirtschaftlich.
Die Photovoltaik löste teilweise auch das Problem der Kohle- und Atomkraftwerke. Als Grundlastkraftwerke sind sie nur schwerfällig regelbar. Mit dem nächtlichen Stromüberschuss wurde Wasser in Pumpspeicherkraftwerken in den höher gelegenen See gepumpt. Tagsüber standen diese Kraftwerke zur Deckung der Mittagsbedarfsspitze zur Verfügung. Die Kosten für deren Betrieb lagen um etwa doppelt so hoch wie die Einspeisevergütung der ersten PV-Anlagen. Genau zu diesem Zeitpunkt liefern PV-Anlagen erfreulicherweise ihre Höchstleistung.
Alternative Energie bedeutet nicht nur eine neue Technik, sondern vor allem ein neuer Umgang mit der zu Verfügung stehenden Energie und deren Verteilung. Im Haus der Familie Bug wird elektrische Energie für den üblichen Haushalt, den Betrieb einer Änderungsschneiderei, die Heizung in Dach- und Kellerräumen sowie ein Elektrofahrzeug (Smart for two, Baujahr 2014) benötigt. So versteht sich von selbst, dass das E-Auto nicht nachts, wo keine Solarenergie produziert wird, sondern möglichst tagsüber aufgeladen wird. Dasselbe gilt auch für den Haushalt: Spül- und Waschmaschine laufen tagsüber und vor allem wenn die Sonne scheint. Der Tagesablauf wird soweit als möglich dementsprechend angepasst. Die Umstellung benötige etwas Zeit und Geduld, sei aber sehr wichtig, um langfristig davon profitieren zu können.
Im Durchschnitt benötigt die Familie für den Haushalt, die Änderungsschneiderei und die Ladung des E-Autos circa 8.600 Kilowattstunden pro Jahr. 12 000 Kilowattstunden erzeugen die beiden neuen Anlagen jährlich an nachhaltigem Strom. Es ergibt einen Überschuss von etwa 3.400 Kilowattstunden. Wirtschaftlichkeit und eine möglichst hohe Eigenversorgung waren für den Hausherrn ein wichtiges Kriterium. Die vor drei Jahren noch hohen Speicherkosten führten hierbei zu einem Widerspruch: Eine hohe Eigenversorgung erreicht man nur mit einem Stromspeicher. Dieser verlängert jedoch die Amortisationszeit von 10 auf 14 Jahre. Trotzdem fiel die Wahl auf eine Anlage mit Speicher und einer Investition von circa 30.000 Euro. Schließlich bleibt immer noch eine Verzinsung von etwa zwei Prozent.
Die Altanlagen aus den Jahren 1996 und 2001 haben sich zwischenzeitlich längst amortisiert. Außer dem Tausch des Wechselrichters für die PV-Anlage waren bisher keine Reparaturen nötig. Der Wartungsaufwand beschränkt sich auf die Kontrollen, ob alles noch funktioniert bzw. für die monatliche Statistik.
"Wirkliche Energiewende bedeutet vor allem, die eigenen Wünsche auf den Prüfstand stellen" - so Waldemar Bug . Im Gespräch mit Waldemar Bug wird es klar, dass die Planung nur mit Blick auf die eigenen Interessen nicht mehr ausreicht, wenn es um die Zukunftssicherung geht. Schnell kommt man zum Entschluss, dass der überproportionierte Ressourcenverbrauch die Sache von jedem Einzelnen ist. Bug wünsche für die nahe Zukunft, dass die Familien sich selbst versorgen lernen und nicht komplett vom Supermarkt oder der fossilen Energie abhängig sind. Die Frage, wie es gelingen kann, erklärt er beispielsweise an der Entscheidung zwischen Neubau oder Sanierung und gibt seine persönliche Tipps bei der Planung.
Energetische Tipps bei der Haus-Planung
Baumaterial sparen und Dorfkern schützen: Bug sieht zwar die Vorteile der freien Entfaltung bei der Neuplanung, auch aus energetischer Sicht. Er weist aber darauf hin, dass eine Sanierung einen enormen Entsorgungs- und den energetischen Herstellungsaufwand für einen Großteil an Baumaterial erspare. Hierzu kommt die Tatsache, dass die demografische Entwicklung immer weniger Einwohner bringen wird. Der Dorfkern ist nach wie vor laut Bug schützens-und beachtenswert. Die Leerstände sollen in Grenzen gehalten werden. In diesen Fällen ist zwischen Sanierung oder Abbruch mit Neubau zu entscheiden.
Bauform/Dämmung: Bei einer Entscheidung zum Neubau ist die Bauform aus energetischer Sicht nicht zu vernachlässigen. Die Außenflächen des Hauses sollten im Verhältnis zum Wohnraum möglichst gering sein. Das erfüllt die Bauform des Kubus (Würfel) am besten, eventuell statt Flachdach mit einem Pultdach zur Nutzung der Sonnenenergie kombiniert. Der nächste Schritt ist die Dämmung nach außen, dies betrifft die Wand- und Glasflächen. Eine gute Dämmung senkt im Winter die Heizkosten und hält den Innenraum im Sommer kühl.
Heizung/Warmwasserzubereitung: Ganz ohne (Zu-)Heizung kommt man in unseren Breitengraden nicht aus. Dafür eignet sich heute die Nutzung der Erdwärme . Mit Hilfe einer modernen Wärmepumpe, im Idealfall vom eigenen Sonnenstrom betrieben, können Flächenheizungen (Fußboden, Wand) ideal betrieben werden. Auch das Heizen und die Warmwasserzubereitung mit Pellets oder Hackschnitzel sind eine Alternative. Die Anschaffungskosten sind im Vergleich zu Gas zwar höher, aber langfristig betrachtet, sind diese Systeme aufgrund der zu erwartenden Gaspreisentwicklung attraktiv.
Terrassenüberdachung: Mit Blick auf die neue Technologie öffnen sich Möglichkeiten, für die großen Energieschleuderer im Haus eine intelligente Lösung zu finden. So war es beispielsweise mit dem Traum vom Wintergarten, der, in beheizter Ausführung, viel Energie braucht. Hier fand das Ehepaar Bug einen Kompromiss: anstelle des Wintergartens wurde die Terrasse überdacht - der mit PV-Glasmodulen die im Sommer gleichzeitig einen Sonnenschutz bieten.
Fachliteratur/Beratung: In Hinblick auf das Thema " Solarenergie " bezieht Waldemar Bug seine Informationen aus dem Förderverein Solarenergie , dem Bund der Energieverbraucher , bei beiden Organisationen ist er Mitglied und abonniert das Magazin "Photon". Zudem ist er Mitglied des Bundesverbandes WindEnergie. Beim heutigen großen Angebot an Experten und Fachleuten muss man darauf achten, dass die Beratung neutral, also nicht an ein konkretes Produkt gebunden ist. Zudem kann man sich auf den Portalen für Privatverbraucher wie zum Beispiel vom Bund für Energieverbraucher e.V. informieren oder eine Erstberatung bei der Verbraucherzentrale Bayern in der Nähe des Wohnortes in Anspruch nehmen. Auch der Bund Naturschutz bietet derzeit eine unabhängige Beratung rund um das Thema Photovoltaik an. Ganna Kravchenko