Münnerstadt
Erika Gehring erzählt: Krieg, Vertreibung, Neuanfang
Wenn von Flüchtlingen heute die Rede ist, auch wir Deutschen waren einmal Flüchtlinge. 1945 und danach, wie die Geschichte von Erika Gehring zeigt.

Das Erzählcafé im Seniorenzentrum St. Elisabeth ist eine beliebte Institution was sich schon daran zeigt, dass nicht nur Bewohner der Einrichtung daran teilnehmen, sondern sich auch sehr gerne etliche Bürger dazugesellen, um den Nachmittag bei Kaffee, Kuchen und natürlich beim Lauschen auf das Erzählte zu verbringen. Und auch dieses Mal hatte der Organisator des Erzählcafés, Baldur Kolb, nicht zu viel versprochen: Mit der Großwenkheimerin Erika Gehring konnte er eine Erzählerin gewinnen, die ihr Publikum zu fesseln verstand.
Dies lag an ihrer Lebensgeschichte, die ungemein vielfältig war. Und Erika Gehring ließ einige Jahrzehnte Revue passieren, die viele der Anwesenden selbst miterlebt haben und so ein tiefes Verständnis für die Geschichte der Erzählerin entwickeln konnten.
Auch wenn man es nicht an ihrem
Großwenkheimer Dialekt, den sie perfekt spricht, erkannte: Geboren wurde Erika Behmel in Scheras (Vseroz) an der Elbe, welches im Kreis Tetschen (Dezin) in Nordböhmen liegt. 1941 war dies gewesen, mitten im Zweiten Weltkrieg. Hier war die Familie seit vielen Generationen daheim, bewirtschaftete eine kleine Landwirtschaft mit rund fünf Hektar Feldern.
Schon früh musste die kleine Erika mit Schicksalsschlägen fertig werden: Ihr Vater fiel 1944 in der Ukraine; 1945 besetzten Tschechen ihr Haus, was eine schlimme Zeit vor allem für den Großvater war; Im Frühjahr 1946 musste die Familie von heute auf morgen fliehen. "Ihr dürft nur mitnehmen, was ihr tragen könnt". Das war's.
Eine Erinnerung an diese schlimme Zeit hatte Erika Gehring mitgebracht: einen unscheinbaren geflochtenen Weidenkorb, in dem ihre Mutter einige wenige Habseligkeiten gepackt hatte, bevor man sich auf den Weg in eine neue Zukunft machte. "Ich kann mich noch genau erinnern: Ich hatte einen grünen Rucksack, in dem einige Kleider waren, auf dem Rücken - und meinen Teddybären", so Gehring. Das war der Beginn einer Odyssee, wie sie abertausende Heimatvertriebene erlebten. Auffanglager. Baracken. Wegen der fehlender Hygiene an diesen Orten wurde die kleine Erika von Läusen und Krätze geplagt.
Besser wurde es erst, als man das Auffanglager verlassen durfte. Mit dem Zug ging es nach Bad Kissingen, hier wurden die Heimatvertriebenen auf Lkw verladen. Erika Gehring kam mit ihrem Großvater und ihrer Mutter nach Großwenkheim. Dort sahen sie sich den Vorbehalten der Ortsbevölkerung ausgesetzt. Der kleinen Erika gelang es, sich schnell in die Gemeinschaft zu integrieren. "Das erste, an das ich mich erinnere ist, dass ich mit meinem etwa gleichaltrigen Hofnachbar ein Osternest machte", sagte sie.
Als sie ankamen war nämlich Ostern 1946. Im selben Jahr starb ihre Mutter mit nur 37 Jahren. Sie war allein mit ihrem Opa. Doch sie hatte Glück im Unglück: Die Gehrings, bei denen sie untergebracht waren, nahmen sie als neues Familienmitglied auf. "Ich hatte in Großwenkheim trotz aller Unbilden eine schöne Kindheit", sagte Erika Gehring rückblickend.
Sie arbeitete früh in er Landwirtschaft mit und scheute keine Arbeit: Melken, Mähen mit der Sense, das bereitete ihr Freude. 1955 wurde bei der BayWa der erste "Bulldog" gekauft, ein 12er Fendt "Dieselross". "Ich lernte mit 15 Jahren das Schlepperfahren, mit 16 machte ich meinen Traktorführerschein", erzählt sie stolz.
Dann erlebte sie einen weiteren Tiefschlag: 1957 starb ihr Großvater. Eigentlich sollte sie danach zu Verwandten in den Osten, doch sie wehrte sich entschieden: Sie hatte einen Liebsten gefunden, zwar 15 Jahre älter als sie, aber 1959 heiratete sie mit 18 Jahren ihren Berthold und trug fortan den Namen Gehring. Nach und nach kamen die Kinder auf die Welt, die Arbeit in der Landwirtschaft wollte natürlich erledigt werden und Erika Gehring erlebte Umwälzungen in der Landwirtschaft.
Nicht leicht war es für sie, als ihrem Mann 1980 die Diagnose "Magenkrebs" gestellt wurde. "Das war eine schwere Zeit", blickte sie zurück. Zwei Jahre später starb Berthold Gehring. Aufgeben kam für die Witwe nie in Frage. Da sie schon vor ihrer Heirat einen Kurs als staatlich geprüfte Hauswirtschafterin abgelegt hatte, arbeitete sie in diesem Bereich seit 1983 in Maria Bildhausen, wovon sie vieles zu berichten wusste.
Dort absolvierte sie auch noch einen Kurs zur Heilerzieherin. Bis ins Jahr 2000 war sie hier tätig.
Auch von ihren vielen Hobbys neben der Arbeit erzählte Erika Gehring, es gelang ihr, die Zuhörer im Seniorenzentrum mit ihrer sehr persönlich erzählten Lebensgeschichte zu faszinieren. Ihr Humor, der sie auszeichnet, brachte ihr Publikum immer wieder zum Schmunzeln, so dass es ein kurzweiliger Nachmittag wurde.
Dies lag an ihrer Lebensgeschichte, die ungemein vielfältig war. Und Erika Gehring ließ einige Jahrzehnte Revue passieren, die viele der Anwesenden selbst miterlebt haben und so ein tiefes Verständnis für die Geschichte der Erzählerin entwickeln konnten.
Geboren in Nordböhmen
Auch wenn man es nicht an ihrem
Großwenkheimer Dialekt, den sie perfekt spricht, erkannte: Geboren wurde Erika Behmel in Scheras (Vseroz) an der Elbe, welches im Kreis Tetschen (Dezin) in Nordböhmen liegt. 1941 war dies gewesen, mitten im Zweiten Weltkrieg. Hier war die Familie seit vielen Generationen daheim, bewirtschaftete eine kleine Landwirtschaft mit rund fünf Hektar Feldern.Schon früh musste die kleine Erika mit Schicksalsschlägen fertig werden: Ihr Vater fiel 1944 in der Ukraine; 1945 besetzten Tschechen ihr Haus, was eine schlimme Zeit vor allem für den Großvater war; Im Frühjahr 1946 musste die Familie von heute auf morgen fliehen. "Ihr dürft nur mitnehmen, was ihr tragen könnt". Das war's.
Eine Erinnerung an diese schlimme Zeit hatte Erika Gehring mitgebracht: einen unscheinbaren geflochtenen Weidenkorb, in dem ihre Mutter einige wenige Habseligkeiten gepackt hatte, bevor man sich auf den Weg in eine neue Zukunft machte. "Ich kann mich noch genau erinnern: Ich hatte einen grünen Rucksack, in dem einige Kleider waren, auf dem Rücken - und meinen Teddybären", so Gehring. Das war der Beginn einer Odyssee, wie sie abertausende Heimatvertriebene erlebten. Auffanglager. Baracken. Wegen der fehlender Hygiene an diesen Orten wurde die kleine Erika von Läusen und Krätze geplagt.
In Großwenkheim angekommen
Besser wurde es erst, als man das Auffanglager verlassen durfte. Mit dem Zug ging es nach Bad Kissingen, hier wurden die Heimatvertriebenen auf Lkw verladen. Erika Gehring kam mit ihrem Großvater und ihrer Mutter nach Großwenkheim. Dort sahen sie sich den Vorbehalten der Ortsbevölkerung ausgesetzt. Der kleinen Erika gelang es, sich schnell in die Gemeinschaft zu integrieren. "Das erste, an das ich mich erinnere ist, dass ich mit meinem etwa gleichaltrigen Hofnachbar ein Osternest machte", sagte sie.
Als sie ankamen war nämlich Ostern 1946. Im selben Jahr starb ihre Mutter mit nur 37 Jahren. Sie war allein mit ihrem Opa. Doch sie hatte Glück im Unglück: Die Gehrings, bei denen sie untergebracht waren, nahmen sie als neues Familienmitglied auf. "Ich hatte in Großwenkheim trotz aller Unbilden eine schöne Kindheit", sagte Erika Gehring rückblickend.
Landwirtschaft der 50-er Jahre
Sie arbeitete früh in er Landwirtschaft mit und scheute keine Arbeit: Melken, Mähen mit der Sense, das bereitete ihr Freude. 1955 wurde bei der BayWa der erste "Bulldog" gekauft, ein 12er Fendt "Dieselross". "Ich lernte mit 15 Jahren das Schlepperfahren, mit 16 machte ich meinen Traktorführerschein", erzählt sie stolz.Dann erlebte sie einen weiteren Tiefschlag: 1957 starb ihr Großvater. Eigentlich sollte sie danach zu Verwandten in den Osten, doch sie wehrte sich entschieden: Sie hatte einen Liebsten gefunden, zwar 15 Jahre älter als sie, aber 1959 heiratete sie mit 18 Jahren ihren Berthold und trug fortan den Namen Gehring. Nach und nach kamen die Kinder auf die Welt, die Arbeit in der Landwirtschaft wollte natürlich erledigt werden und Erika Gehring erlebte Umwälzungen in der Landwirtschaft.
Noch mehr Schicksalsschläge
Nicht leicht war es für sie, als ihrem Mann 1980 die Diagnose "Magenkrebs" gestellt wurde. "Das war eine schwere Zeit", blickte sie zurück. Zwei Jahre später starb Berthold Gehring. Aufgeben kam für die Witwe nie in Frage. Da sie schon vor ihrer Heirat einen Kurs als staatlich geprüfte Hauswirtschafterin abgelegt hatte, arbeitete sie in diesem Bereich seit 1983 in Maria Bildhausen, wovon sie vieles zu berichten wusste.
Dort absolvierte sie auch noch einen Kurs zur Heilerzieherin. Bis ins Jahr 2000 war sie hier tätig.Auch von ihren vielen Hobbys neben der Arbeit erzählte Erika Gehring, es gelang ihr, die Zuhörer im Seniorenzentrum mit ihrer sehr persönlich erzählten Lebensgeschichte zu faszinieren. Ihr Humor, der sie auszeichnet, brachte ihr Publikum immer wieder zum Schmunzeln, so dass es ein kurzweiliger Nachmittag wurde.
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