"Wie groß ist eigentlich dieses Großwenkheim ?" - Die Frage des Journalisten-Kollegen war berechtigt. Irgendwo in Franken musste dieser Ort liegen, also in jenem Teil von Bayern, wo man nicht gerne als Bayer bezeichnet wird. Doch so groß war dieser Ort dann wohl auch nicht, schließlich hatte man noch nichts von ihm gehört. Ich erbarmte mich, öffnete Google-
Maps und begann zu zoomen.
Als gebürtiger Serwichhäuser würde man sich vermutlich lieber die Zunge ausreißen als Großwenkheimer zu sein, doch an diesem Tag waren wir irgendwie alle "Grösseweemer". Selbst die hohen Herren aus Münnerstadt wollten dabei sein, wenn der berühmteste Sohn und Ehrenbürger des Stadtgebiets zu Grabe getragen wird. Und der war nun mal Großwenkheimer.
Am 7. Februar 1932 wurde Anton Schlembach in diesem kleinen Dorf geboren. Schon früh sollte deutlich werden, wohin sein Weg ihn führen wird. Ältere Zeitgenossen erinnern sich, wie der junge Schüler den Dorfpfarrer auf der Kanzel imitierte oder aus Scherz Mitschülern die Beichte abnahm. 1956 folgte die Priesterweihe , am 16. Oktober 1981 im Dom zu Speyer die Bischofsweihe durch Kardinal Friedrich Wetter, Bischof Paul-Werner Scheele und Weihbischof Ernst Gutting. Papst Johannes Paul II. hatte Schlembach ernannt. Schlembach verließ Würzburg und landete in Speyer. Ein Vierteljahrhundert stand er dem Bistum vor, bis er 2007 in den Ruhestand trat. Letzte Woche, am 15. Juni, starb Anton Schlembach im Alter von 88 Jahren.
"Gott macht keine Fehler" - dies sei immer Schlembachs Lieblingssatz gewesen, erinnert sich sein Nachfolger, Bischof Karl-Heinz Wiesemann. Selbst auf dem Sterbebett habe ihm der Alt-Bischof diesen Satz "mit strahlendem Gesicht" immer wieder ans Herz gelegt: "Gott macht keine Fehler!"
Bei der feierlichen Beisetzung am Mittwoch im Dom zu Speyer wurde noch einmal deutlich, wie sehr Schlembach das Bistum geprägt hat. "Es war eine sehr würdige Feier in einem sehr würdigen Rahmen, trotz Corona", befand auch Bürgermeister Michael Kastl ( CSU ), der mit einer kleinen Delegation der Stadt Münnerstadt angereist war. "Es wären gerne viel mehr Menschen aus der Heimat mitgekommen, aber es ging halt leider nicht."
Viele Münnerstädter wollten nach Speyer
Kastl berichtet, dass schon im Vorfeld viele Bürger aus dem gesamten Stadtgebiet nach Speyer fahren wollten. Alleine die coronabedingten Hygienevorschriften hatten die Pläne vereitelt. Der Dom hatte nur Platz für 300 Personen - doch alleine schon Großwenkheim zählt über 700 Einwohner.
Und so gehörte neben dem Bürgermeister lediglich Pfarrer Benno von Bundtschuh, Pater Markus Reis und Stadtrat Arno Schlembach zur Delegation. Ein Privileg, für das sich Arno Schlembach als gebürtiger Großwenkheimer überaus dankbar zeigt: "Ich bin sehr froh und beeindruckt, dass ich teilnehmen durfte und gemeinsam mit den beiden Pfarrern und dem Bürgermeister Bischof Anton auf seinem letzten Weg als Vertreter seines Heimatortes begleiten durfte."
Immerhin: Der katholische Fernsehsender EWTN.TV übertrug die Beisetzung live im Fernsehen und im Internet. Viele Menschen in der Heimat hatten von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, wusste Bürgermeister Kastl.
Die Daheimgebliebenen sahen, dass ihre Heimat im fernen Speyer noch einmal groß herauskam. In seiner Predigt betonte Bischof Wiesemann die Bedeutung, die die unterfränkische Herkunft zeitlebens für Bischof Schlembach hatte. Seinen "schlichten, kindlichen Glauben" habe er sich ein Leben lang bewahren können, so Wiesmann: " Bischof Schlembach war bis in seine markante Sprache hinein ein fränkisches Urgewächs."
Klare Position bezogen
Besonders bei den schweren Auseinandersetzungen innerhalb der deutschen Bischofskonferenz (DBK) habe Schlembach klare Position bezogen und den Kontakt zur Weltkirche gesucht. Besonders deutlich wurde es, als Schlembach die Weisung von Johannes Paul II. umsetzte, sich aus der gesetzlichen Schwangerenberatung zurückzuziehen, solange dort der "Beratungsschein" ausgestellt werden muss, der letztlich eine Abtreibung ermöglicht. Bischof Wiesemann erinnert sich: "Diese Haltung zeigte er konsequent in der wohl belastendsten Phase innerhalb der deutschen Bischofskonferenz während seiner Dienstzeit". Als "schöne Frucht dieser schwierigen Zeit" sei die bischöfliche Stiftung "Mutter und Kind" hervorgegangen. "Der Schutz des menschlichen Lebens und der Familie als Keimzelle des Lebens waren ihm persönlich zeitlebens eine Herzensangelegenheit", so Weisemann über Schlembach.
Weitsicht bewiesen
Beim Blick in die Zukunft hatte der Großwenkheimer Weitsicht bewiesen. Noch 2007 hatte er bei seiner Verabschiedung aus der DBK davor gewarnt, vor der fortschreitenden "Verdunstung des Glaubens" die Augen zu verschließen, erinnert sich Wiesemann. Dennoch: Sein kraftvoller, froher Lebensmut sei in seinem Wirken immer spürbar geblieben. Anton Schlembach, der auf der Weltbühne mit den Großen und Mächtigen von Helmut Kohl bis Johannes Paul II. zu tun hatte, war im Herzen noch immer ein wenig dieser Junge aus dem kleinen Großwenkheim geblieben. Oder, wie es sein Nachfolger auf dem Bischofsstuhl formulierte: "Es war ihm eine Lust, im umfassenden Sinne katholisch zu sein."