Nachhaltiger Strom wird im Münnerstädter Stadtgebiet von Windrädern und Solarparks bereits in großen Mengen produziert. Die Stadt profitiert davon nur wenig. Doch dem Bürgermeister geht es darum, beim Ausbau regenerativer Energie künftig wirtschaftlich zu partizipieren. "Wenn man ernsthaft bei der Energiewende mitwirken will, braucht man Stadtwerke," sagt Bürgermeister Michael Kastl. Der städtische Klimamanager Stefan Richter ist bei der Suche nach einer solchen Möglichkeit auf die Regionalwerke GmbH in Bodenkirchen gestoßen. Dort wird Kommunen die Unterstützung angeboten, um sich im eigenen Landkreis in einem Kommunalunternehmen zusammenzuschließen, das für jede beteiligte Gemeinde wie ein virtuelles Gemeindewerk arbeitet. Der Stadtrat hat nun erste Gelder freigegeben, um diesem Ziel näher zu kommen.
Zuschuss erhofft
10.000 Euro stellt der Stadtrat für eine Geschäftsplanung zur Verfügung. Zwei weitere Gemeinden, Zeitlofs und Fuchsstadt, haben diesem Schritt ebenfalls schon zugestimmt. Insgesamt fünf Kommunen müssen es sein, um dann diesen Geschäftsplan erstellen zu lassen. Stefan Richter zeigte sich in der Sitzung des Stadtrates optimistisch, dass dies auch gelingt. Weitere drei Gemeinden im Landkreis hätten Interesse signalisiert. Die Entscheidungen werden in den nächsten Wochen erwartet. Aktuell werde zudem über die Integrierte Ländliche Entwicklung geprüft, ob die Geschäftsplanung mit einem Zuschuss unterstützt wird. Denkbar sind bis zu 80 Prozent.
Andreas Engl, Geschäftsführer der Regionalwerke GmbH in Bodenkirchen, erläutert auf unsere Anfrage, was eine Geschäftsplanung überhaupt ist. Darin wird der Geschäftsbereich definiert. Es wird eine Umsatzplanung anhand von möglichen Projekten erstellt. Die Gemeinden bekommen eine Übersicht, welche finanziellen Einlagen nötig sind, um dieses Regionalwerk mit seinen virtuellen Gemeindewerken zum Laufen zu bringen. Die Geschäftsplanung werde gemeinsam in Workshops erarbeitet. Jede beteiligte Gemeinde entsendet dazu drei Vertreter.
Mit einem solchen Regionalwerk würden die Kommunen selbst die Weichen für die Energiewende stellen, erläutert Andreas Engl. Über eigene Energieprojekte könnten Einnahmen generiert werden, mit denen kommunale Aufgaben finanziert werden. Das Projekt verspricht zudem mehr Energie-Unabhängigkeit. Grüner Strom aus der Kommune könne selbst vermarktet werden. Das Dorf oder die Stadt können zum Lieferanten günstiger Energie für Bürger und Unternehmen werden. Vorteil: Die in der Kommune nachhaltig gewonnene Energie würde vor Ort zu fairen Preisen angeboten werden. Denn der Strom direkt vom Solarfeld sei viel billiger. Dies sei gerade jetzt, in einer Zeit, wo die Preise für den an den Börsen gehandelten Strom durch die Decke gehen, ein Wettbewerbsvorteil.
Schon früher ein Thema
Eigene Stadtwerke diskutiert der Stadtrat nicht das erste Mal. Bereits in den 1990er Jahren waren sie ein Thema. Damals hatte sich der Stadtrat aus Kostengründen dagegen ausgesprochen. Ausschlaggebend zu dieser Zeit war die teure Netzübernahme. Ein Büro hatte 1995 eine Übernahmeentschädigung des Stromnetzes an den Stromversorger , damals das Überlandwerk, in einer Größenordnung zwischen 4,6 Millionen und 9,6 Millionen Mark errechnet, zuzüglich Netzentflechtungskosten, die wegen der großen Gemeindefläche auf nochmals 1,5 bis 3,5 Millionen Mark beziffert wurden. Die Unterhaltungskosten waren mit jährlich 600.000 Mark angesetzt worden. "Die Sache funktioniert nicht," hatte im Juni 1995 der damalige Bürgermeister Ferdinand Betzer festgestellt.
Bessere Voraussetzungen als 1995
Warum es anders als damals heute keine Netzübernahmekosten mehr gibt und damit mit dem virtuellen Gemeindewerk funktionieren kann, erklärt Andreas Engl. Netzübernahme- und Entflechtungskosten brauche der Stadtrat nicht mehr zu befürchten, erläutert Engl. Denn im Zuge einer Neuregelung der Energiewirtschaft kam es in den 2000er Jahren zu einer Trennung von Stromnetz und Vertrieb.
Die Stadt kann über ihr virtuelles Gemeindewerk innerhalb des Regionalwerks eigene Energie erzeugen und vermarkten, während das weit verzweigte Stromnetz im großflächigen Stadtgebiet wie bisher im Eigentum eines Stromkonzerns verbleibt.
Es sei aber natürlich auch denkbar, dass sich die Stadt bei einer guten wirtschaftlichen Entwicklung ihres Gemeindewerks irgendwann entschließt, auch das Stromnetz zu übernehmen, erklärt Andreas Engl. Sie müsse diesen Schritt aber nicht tun.
Erklärung Regionalwwerk und virtuelles Gemeindewerk Regionalwerk beziehungsweise Landkreiswerk und virtuelles Gemeindewerk sind zwei Begriffe, die bei diesem Vorhaben immer wieder genannt werden. Mindestens fünf Kommunen im Landkreis werden benötigt, um ein Regionalwerk zu gründen. Betriebsform ist das Kommunalunternehmen. Über dieses können die Kommunen beispielsweise ihren selbst produzierten Strom vermarkten. Andreas Engel von der Regionalwerke GmbH spricht zusätzlich von virtuellen Gemeindewerken, weil innerhalb des Regionalwerkes die Projekte und Umsätze den jeweiligen Kommunen genau zuzuordnen sind. Das bedeutet, jede Gemeinde kann mit ihren Erträgen wirtschaften und eigenständig planen.
Das Regional- oder Landkreiswerk selbst übernimmt die ihm von den Gemeinden übertragenen Aufgaben und ist somit Dienstleister für die Kommunen; das soll die Effizienz steigern und die Kosten niedrig halten.