Das Thema der Elferratssitzungen des BTC ist im „Königreich Garitz “ ja schon immer das bestgehütete Staatsgeheimnis gewesen. Der Besucher kommt frühestens darauf, wenn er seinen Platz einnimmt und zur Speisekarte greift. Da lässt sich aus den fantasievollen Namen der Gerichte gewisse, meistens richtige Schlüsse ziehen. Dieses Mal? Da ist von „Äfflich“ oder von Primaten die Rede! Wie kommen unsere evolutionären Verwandten auf die Speisekarte ?
Das Rätsel löste sich diesmal auf mit dem Blick auf die Bühne: „Planet der Affen “ war da zu lesen. Und hinter den Plätzen der Elferräte schauten drei überdimensionale Affenköpfe ins Publikum: nichts hören, nichts sehen, nichts sagen.
Sitzungspräsident Christian Rüth klärte das Rätsel: Die Welt sei aus den Fugen geraten, sei zum Planet der Affen geworden, und nicht nur wegen der Klimakrise, der Coronapandemie und der vielen Kriege: „Es gibt viel zu viele Affen , die keine Ahnung vom Zukunftsdenken haben. Und er nannte die abgewählten „ Affen “ Trump und Bolsonaro sowie Erdoğan, die iranische Regierung und insbesondere den russischen Affen Putin , der offenbar völlig den Verstand verloren hat.
Feindbild Blankenburg fehlt
Die Kissinger kamen dieses Jahr verhältnismäßig glimpflich davon. Das hatte einen gravierenden Grund. Die Garitzer haben ihr wichtigstes Feindbild der letzten Jahre verloren: Ex-Oberbürgermeister Kay Blankenburg steht als Zielscheibe nicht mehr zur Verfügung. Sein Nachfolger Dirk Vogel war narrenmäßig noch nicht greifbar. Und wie soll man einen OB attackieren, der lacht, wenn er durch den Kakao gezogen wird. Zudem ist in den letzten knapp drei Jahren einiges geschehen, wovon auch die Garitzer etwas haben.
Und das ist vor allem der Kreisel, der in der letzten Sitzung 2020 noch heftigst niedergemacht wurde, der mittlerweile aber auch in Garitz Anhänger gefunden hat. Natürlich war der Kreisverkehr auch Hauptthema der Aktionsgruppe, die mit sprudelnder Fantasie die Bühne stürmte. Schon das Kreiselmodell wie aus einem Kinderzimmer, das auch für einen Plantanz herhalten könnte, sorgte für Heiterkeit.
Natürlich wurde geätzt, aber auch von Garitzern berichtet, die schon rekordverdächtige zehn Runden am Stück gedreht haben. Sie könnten jetzt auch schneller nach Kissingen hinunter stürmen, um das „alte Gerütsch“ des Weltkulturerbes zu besichtigen, für das sie eine bessere Vermarktung forderten. Der Autoschalter für Kirchenaustritte an der St.-Elisabeth-Kirche kam ebenso zur Sprache wie der Kirchturm als Leitstelle für den Kreisverkehr, aber auch Themen wie die Öffnungszeiten der Gastronomie in der Stadt: „Kissingen macht doch erst donnerstags auf.“
Tierisch: Drama um Eishalle und Hallenbad
Benedikt Rüth war als „Welterbe-Kontrolleur“ unterwegs. Bei allem galligen Humor konnte man entsetzt sein, was er alles an Ruinen und Fastruinen in der Stadt gefunden hat, die das Welterbe beschädigen könnten.
Thomas Rüth jr. hatte sich des anderen aktuellen Großthemas angenommen und kam als grüner, kugelförmiger Coronavirus auf die Bühne, berichtete von seinem traurigen Niedergang, aber er verschwand mit der Gewissheit, dass er sich einen Feind auf ewig bewahren kann: Gesundheitsminister Karl Lauterbach .
Svenja Ebert hatte die Rolle der Tierpflegerin übernommen: natürlich im Affenhaus. Klar, dass die ganze Welt ein Affentheater ist. Und so konnte sie gegen das aufgegebene Delphinarium, das Hallenbad, oder das Pinguinhaus, die Eissporthalle, und ihren unglücklichen Verkauf vom Leder ziehen.
Doppelmoral bei der Energieversorgung
In die Rolle des „Trigema“-Chefs Wolfgang Grupp war Nico Sauer bei seiner politischen Tour d’horizon geschlüpft. Es war nichts Überraschendes, was er zu kritisieren hatte, aber in komprimierter Form erschrak man doch. Der Schluss war ungnädig: „Moralisch sind wir Doppelweltmeister. Wir lehnen Fracking und Uraltkraftwerke ab, beziehen deren Energie aber aus dem Ausland.“
Natürlich hatten auch die BTC-Sänger das örtliche Geschehen vertont, unter anderem über den Neuen Oberbürgermeister („Ich bin der Vogel Spirk) oder „ Michl Müller baut Einfamilienhaus“ nach „Yellow Submarine“ der Beatles . Aber was wirklich gut und wichtig war, war eine unaufgeregte Hommage an Johannes R. Köhler, der im letzten September gestorben war und der dem BTC nicht nur viel musikalisches Material geliefert hat. Und so spielten sie seine „Göritzer Polonäse“ („steinalt, aber schön“) und die Kulthymne „Lauf noch einmal mit mir durch mein Garitz “.
Dreggsagg Michl Müller gibt emotionalen Abschluss
Den drei Tanzgarden des BTC war die lange Pause nicht anzumerken. Was sofort wieder da war bei allen, war die Freude am Auftritt und die Leichtigkeit in der Perfektion. Dazu kamen Choreographien, die zur Einheit mit der Musik verschmolzen. Auch Alexander Wachsmann und sein Rot-Kreuz-Orchesterwaren topfit, bestens aufgelegt und höchst aufmerksam in der Begleitung.
Zum Schluss kam standesgemäß wieder der „Göritzer Dreggsagg“ Michl Müller , der vom Umbau seines Hauses berichtete und den es wurmte, dass der Kreisel früher fertig war als sein Haus. Er berichtete von weltfremden Architekten, von phlegmatischen Arbeitern und vom Geflüster der Garitzer. Und dann, um zum Schluss die verbindende Emotionalität auf den Höhepunkt zu treiben, der traditionelle Liederreigen. Es war wieder mal ein schöner Tag.
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