Bad Kissingen
Elementararbeit
Nachwuchs: Das Australian Youth Orchestra begleitete unter der Leitung von Manfred Honeck die Pianistin Hélène Grimaud.
Jugend an die Klassik! Am Donnerstag Abend hatte sich der Ruf nachhaltig erfüllt. Da war plötzlich das Durchschnittsalter im Großen Saal dramatisch nach unten geschnellt. Der Wermutstropfen allerdings: Die 80 jungen Leute zwischen 18 und 25 saßen nicht im Parkett, sondern auf dem Podium und sind heute schon wieder weg. Schließlich ist das Australian Youth Orchestra derzeit auf Europatournee.
Die Auswahlverfahren für die Aufnahme in das AYO scheinen wirklich streng und anspruchsvoll zu sein. Da saßen junge Leute, die technisch absolut fit waren, die nicht mitgeschleppt werden mussten, sie sich sehr gut vorbereitet hatten.
Aber auch eine Versammlung von lauter Fünf-Sterne-Solisten macht noch kein Orchester. Und bei aller Freude über die Zukunft der jungen Leute darf man schon um ihretwillen nicht so tun, als sei alles schon bestens. Wenn man das AYO mit der Jungen Deutschen Philharmonie, dem Orchester der deutschen Musikschulen, vergleicht, das kürzlich auch im Großen Saal gespielt hat, dann sieht man, dass die jungen Leute von "down under"noch einen längeren Weg vor sich haben. Aber dazu ist das Orchester ja auch da.
Obwohl man eines schon sagen muss: Der Klang der Streicher ist in allen Gruppen außerordentlich erstaunlich und ordentlich homogen. Da haben sie sich auch schon sehr gut organisiert über den Konzertmeister und den Ersten Cellisten als Impulsgeber.
Aber mal abgesehen von ein paar ganz praktischen Dingen wie einer "Sonderschicht" für die Hörnergruppe (das Kieksen ist seit 30 Jahren ziemlich out) und Konzentrationsübungen, damit einzelne Streicher nicht zu früh einsetzen, ist noch einiges an Elementararbeit zu leisten: zum Beispiel an dem defensiven Spiel zugunsten der Erkenntnis, dass in einem Orchester wirklich jeder Musiker für das Gesamtergebnis persönlich verantwortlich ist. Oder das Aufeinanderhören, das Hineinhören in die anderen Stimmen, um sich einordnen zu können - im Moment sind die meisten noch mit sich selbst beschäftigt. Oder das fließend gespielte Weitergeben von Themen an die Kollegen. Oder das Bedenken, dass laut nicht zwangsweise schneller und leise nicht langsamer bedeutet. Und, was wohl am wichtigsten ist, die Herausarbeitung und Bewahrung der Klangkonturen im Lauten. Da wurde es regelmäßig mulmig.
Es war verständlich, dass sich das AYO einen bekannten Namen ans Pult holte: Manfred Honeck machte seinen Job mit viel Sympathie, aber er dirigierte die jungen Leute wie ein erfahrenes Orchester, das mit seinen oft eigentlich angenehm sparsamen und mitunter runden Bewegungen natürlich erheblich mehr anfangen kann.
Solistin im ersten Großwerk des Abends, dem Klavierkonzert Nr. 1 von Johannes Brahms, war die Französin Hélène Grimaud. Da war natürlich auch einiges an Respekt im Spiel der jungen Leute. Aber Grimaud machte es ihnen auch relativ leicht, indem sie sie weitgehend in Ruhe ließ. Man hätte sich eigentlich vorstellen können, dass sie, die in dem Konzert absolut zu Hause ist, ihre Fundiertheit nutzt, um auf die jungen Leute zuzuspielen, ihnen Impulse zu geben, sie zu provozieren und aus der Reserve zu locken. Aber sie spielte ihren Part zuverlässig, geradlinig, mit kräftiger Pranke und erstaunlich oft im verunklärenden Nebel des Pedals. Schade.
Dass das zweite Großwerk des Abends Antonin Dvoráks 9. Sinfonie "Aus der Neuen Welt" war, wirkte auf den ersten Blick vielleicht etwas hoch gegriffen, war aber außerordentlich sinnvoll, weil dieses Werk sehr gut auf die Stärken des Orchesters zielte. Da geht es nicht um die Analyse und Zurschaustellung von komplizierten Strukturen, sondern zu allererst um Melodien, um sangliche Einzelleistungen. Da kam es nicht so genau darauf an, ob alles genau übereinanderliegt, ob die Übergaben bruchlos funktionieren. Da mussten zwar vor allem die Bläsaer mehr zeigen als in dem Brahms-Konzert, aber sie waren freier in der Gestalung. Und da merkte man schon, wie viel Potenzial in diesem Orchester steckt. Und die "Neue Welt" hört man ja immer wieder gerne.
Als Zugabe spielte das Orchester einen "Galop Nr. 5" eines vermutlich amerikanischen Komponisten - so genau wussten das die jungen Leute nicht - und zwar mit einer überraschenden charmanten Reverenz an den Gastgeber: Mittendrin spielte die Klarinette plötzlich eine kleine Improvisation über das "Lied der Franken".
Die Auswahlverfahren für die Aufnahme in das AYO scheinen wirklich streng und anspruchsvoll zu sein. Da saßen junge Leute, die technisch absolut fit waren, die nicht mitgeschleppt werden mussten, sie sich sehr gut vorbereitet hatten.
Aber auch eine Versammlung von lauter Fünf-Sterne-Solisten macht noch kein Orchester. Und bei aller Freude über die Zukunft der jungen Leute darf man schon um ihretwillen nicht so tun, als sei alles schon bestens. Wenn man das AYO mit der Jungen Deutschen Philharmonie, dem Orchester der deutschen Musikschulen, vergleicht, das kürzlich auch im Großen Saal gespielt hat, dann sieht man, dass die jungen Leute von "down under"noch einen längeren Weg vor sich haben. Aber dazu ist das Orchester ja auch da.
Obwohl man eines schon sagen muss: Der Klang der Streicher ist in allen Gruppen außerordentlich erstaunlich und ordentlich homogen. Da haben sie sich auch schon sehr gut organisiert über den Konzertmeister und den Ersten Cellisten als Impulsgeber.
Aber mal abgesehen von ein paar ganz praktischen Dingen wie einer "Sonderschicht" für die Hörnergruppe (das Kieksen ist seit 30 Jahren ziemlich out) und Konzentrationsübungen, damit einzelne Streicher nicht zu früh einsetzen, ist noch einiges an Elementararbeit zu leisten: zum Beispiel an dem defensiven Spiel zugunsten der Erkenntnis, dass in einem Orchester wirklich jeder Musiker für das Gesamtergebnis persönlich verantwortlich ist. Oder das Aufeinanderhören, das Hineinhören in die anderen Stimmen, um sich einordnen zu können - im Moment sind die meisten noch mit sich selbst beschäftigt. Oder das fließend gespielte Weitergeben von Themen an die Kollegen. Oder das Bedenken, dass laut nicht zwangsweise schneller und leise nicht langsamer bedeutet. Und, was wohl am wichtigsten ist, die Herausarbeitung und Bewahrung der Klangkonturen im Lauten. Da wurde es regelmäßig mulmig.
Es war verständlich, dass sich das AYO einen bekannten Namen ans Pult holte: Manfred Honeck machte seinen Job mit viel Sympathie, aber er dirigierte die jungen Leute wie ein erfahrenes Orchester, das mit seinen oft eigentlich angenehm sparsamen und mitunter runden Bewegungen natürlich erheblich mehr anfangen kann.
Nur wenig Kontakt
Solistin im ersten Großwerk des Abends, dem Klavierkonzert Nr. 1 von Johannes Brahms, war die Französin Hélène Grimaud. Da war natürlich auch einiges an Respekt im Spiel der jungen Leute. Aber Grimaud machte es ihnen auch relativ leicht, indem sie sie weitgehend in Ruhe ließ. Man hätte sich eigentlich vorstellen können, dass sie, die in dem Konzert absolut zu Hause ist, ihre Fundiertheit nutzt, um auf die jungen Leute zuzuspielen, ihnen Impulse zu geben, sie zu provozieren und aus der Reserve zu locken. Aber sie spielte ihren Part zuverlässig, geradlinig, mit kräftiger Pranke und erstaunlich oft im verunklärenden Nebel des Pedals. Schade.Dass das zweite Großwerk des Abends Antonin Dvoráks 9. Sinfonie "Aus der Neuen Welt" war, wirkte auf den ersten Blick vielleicht etwas hoch gegriffen, war aber außerordentlich sinnvoll, weil dieses Werk sehr gut auf die Stärken des Orchesters zielte. Da geht es nicht um die Analyse und Zurschaustellung von komplizierten Strukturen, sondern zu allererst um Melodien, um sangliche Einzelleistungen. Da kam es nicht so genau darauf an, ob alles genau übereinanderliegt, ob die Übergaben bruchlos funktionieren. Da mussten zwar vor allem die Bläsaer mehr zeigen als in dem Brahms-Konzert, aber sie waren freier in der Gestalung. Und da merkte man schon, wie viel Potenzial in diesem Orchester steckt. Und die "Neue Welt" hört man ja immer wieder gerne.
Als Zugabe spielte das Orchester einen "Galop Nr. 5" eines vermutlich amerikanischen Komponisten - so genau wussten das die jungen Leute nicht - und zwar mit einer überraschenden charmanten Reverenz an den Gastgeber: Mittendrin spielte die Klarinette plötzlich eine kleine Improvisation über das "Lied der Franken".
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