Es war ein Risiko, die Verluste waren hoch, aber trotzdem ist Ulrike Lange vom Weingut Lange Schloss Saaleck sehr zufrieden: „Wir wollten einfach auch zeigen, dass es funktioniert“, kommentiert sie die erste Lese eines Bio-Eisweins überhaupt am Saalecker Schlossberg.
Bei minus 10 Grad machten sich Ulrike und Thomas Lange morgens um 5 Uhr auf den Weg in ihren Weinberg. Wenige Tage zuvor hatten Rehe einen Teil der süßen Silvaner-Trauben abgefressen, deshalb tropften am Ende nur rund 50 Liter Eiswein aus der Kelter.
Eiswein-Ernte seit Jahren geplant
„Wir wollten das schon seit Jahren angehen“, berichtet Ulrike Lange über die Eiswein-Pläne des Weinguts . Vor 30 Jahren habe sie zuletzt auf dem Weingut ihrer Eltern Eiswein gelesen. Für einen Bio-Betrieb sei es eine besondere Herausforderung: Im feuchten Jahr 2021 zum Beispiel habe ihnen die Fäulnis einen Strich durch die Rechnung gemacht.
„Heuer waren die Trauben kerngesund, also haben wir es riskiert“, sagt Lange. Auf rund 3000 Quadratmetern hätten sie nur die besten Beeren hängen lassen. Die Herausforderung: Für Eiswein müssen die Beeren bei unter minus sieben Grad Celsius geerntet und verarbeitet werden.
„Dann sind mehrere tausend Euro futsch“
Wenn es keine entsprechend kalte Nacht möglichst noch vor Weihnachten gibt, bleibt von den Beeren meist nicht viel übrig, weil der Zucker ausgewaschen werde und Tiere die Beeren lieben. „Dann sind mehrere tausend Euro futsch“, sagt Ulrike Lange.
Einen Tag vor der geplanten Lese kam auch heuer erst ein Schock: Trotz Absperrungen hatten Rehe mehr als die Hälfte der süßen Beeren abgefressen. Langes sagten den Helfern ab und machten sich zu zweit um 5 Uhr morgens auf den Weg in den Weinberg.
Bei minus 10 Grad Celsius ernteten sie am Ende immerhin acht Kisten. „Die Finger- und Zehenspitzen waren schnell durchgefroren“, berichtet Ulrike Lange. Zum Glück war es den ganzen Vormittag über so kalt, dass sie sich mit der Weiterverarbeitung etwas Zeit lassen konnten.
Dickflüssiger Saft mit 157 Oechsle
Nach Frühstück und Aufwärmen ging es in die Kelterhalle. In einer alten Beerenmühle mit Steinwalzen aus ihrer eigenen Museumsecke zerkleinerten sie die gefrorenen Trauben. Danach kamen sie in die Kelter. „Das läuft wie ein dickflüssiger Honig heraus“, erzählt Lange.
157 Grad Oechsle habe der Saft gehabt, nach und nach werde der Saft dann dünner, weil nach dem Zucker langsam das Wasser in den Trauben taut und herausfließt. Wichtig sei deshalb, das Keltern im richtigen Moment abzubrechen. Gerade einmal rund 50 Liter Saft haben die Langes gesammelt, das ergebe am Ende vermutlich rund 30 Liter Eiswein . Aktuell sei das kostbare Gut mit Spezialhefen in Glasballons zum Gären angesetzt.
"Damit kann man kein Geld verdienen."
Der fertige Wein muss mindestens 125 Gramm Zucker pro Liter, aber höchstens 9,5 Prozent Alkohol haben. Ulrike Lange geht davon aus, dass er im Sommer in 0,25-Liter-Flaschen abgefüllt wird. Nachfragen gebe es bereits, allerdings haben sie noch keinen Preis festgelegt.
„Das ist eher eine Image-Frage, damit kann man kein Geld verdienen“, sagt Ulrike Lange, und: „Wir haben es jetzt versucht, weil wir nicht wissen, wie lange es wegen des Klimawandels noch die Möglichkeit gibt, Eiswein zu machen.“
Das Hammelburger Weingut Ruppert hat im vergangenen Jahr zum ersten Mal einen Eiswein gelesen: Auf rund 4000 Quadratmetern ernteten sie am 22. Dezember 2021 ebenfalls gefrorene Silvaner-Trauben. Rund 300 Liter Eiswein füllten sie am Ende ab. „Das ist höchstens ein Zehntel des üblichen Ertrages“, sagt Stefan Ruppert.
Die 0,375-Liter-Flasche kostet deshalb auch 49 Euro, der Liter also rund 130 Euro. Wein-Liebhaber würden immer mal wieder gezielt nach Eiswein fragen. Noch hätten sie aber einige Flaschen des 2021er Jahrgangs, den es in zwei Versionen gibt: Mit 7 Prozent Alkohol und 260 Gramm Zucker pro Liter und mit 9 Prozent Alkohol und 175 Gramm Zucker pro Liter.
Wegen langer Trockenheit alle Trauben geerntet
In diesem Jahr wollten die Rupperts das Risiko nicht eingehen: „Wegen der Trockenheit war die Ernte eh schon gering, deshalb haben nur ganz wenige Winzer Trauben für Eiswein hängen lassen“, berichtet Stefan Ruppert, der auch Vorsitzender des Weinbauvereins Hammelburg ist.
Das Ramsthaler Weingut Baldauf hat schon seit zehn Jahren keinen Eiswein mehr im Angebot. Im Jahr 2000 hätten sie zum ersten mal Eiswein gekeltert, danach alle paar Jahre, berichtet Ralf Baldauf. Zum Risiko des fehlenden Frostes komme dazu, dass Vögel und Rehe die Beeren fressen, selbst wenn sie eingepackt seien.
In ihrem Verkaufsraum gebe es schon lange kein Eiswein mehr. Aber: „In der Schatzkammer stehen noch ein paar Flaschen für ganz besondere Anlässe“, verrät Ralf Baldauf.