Mundschutz auf, Handschuhe an, und schon sind Sie sicher beim Einkaufen? Nicht wirklich, sagen Claudia und Dr. Andreas Schwarzkopf. Die beiden sind Krankenhaushygieniker, betreiben das Institut Schwarzkopf GbR in Aura und Bad Bocklet. Das Unternehmen berät beispielsweise Kliniken in Hygienefragen. Die Beiden halten Handschuhe im Alltagsgebrauch nicht für sinnvoll und sehen darin auch keine Vorteile: "Ich trage beim Einkaufen keine Handschuhe", sagt dazu Dr. Andreas Schwarzkopf.
Viren kommen nicht durch die Haut in den Körper. Entweder gelangen Tröpfchen, die in der Luft sind, in die Schleimhäute . Oder man berührt mit der Hand erst einen Gegenstand, auf dem sich Viren befinden, und dann Nase, Mund oder Augen. In Folge dessen landen die Viren auf den Schleimhäuten und dringen in den Körper ein.
Das Tragen von Handschuhen ist für das Virus unerheblich. Beim Einkaufen ist es dagegen wichtig, sich nicht im Gesicht zu berühren. "Ein Vorteil mit den Handschuhen ist möglicherweise, dass man sich nicht so leicht in den Mund und die Nase fasst", meint Dr. Schwarzkopf. Doch das passiere schnell auch unterbewusst: "Zum Beispiel, wenn die Nase juckt."
Handschuhe schützen die Hände aber nicht einhundertprozentig. "Auf der Packung medizinischer Handschuhe finden Sie die Buchstaben AQL und meistens die Zahl 1,5", sagt Dr. Schwarzkopf. AQL steht hier für akzeptables Qualitätslevel. "Die Zahl bedeutet, dass mindestens drei Prozent schon kleine Löcher haben - die sind beim bloßen hinsehen nicht zu erkennen," erklärt er. Auf Handschuhen aus dem Supermarkt steht das nicht, was aber keineswegs für bessere Qualität sprechen muss.
Hinzu kommt: Die Handschuhe bekommen kleine Risse, wenn Reibung auf sie einwirkt: "Das passiert zum Beispiel, wenn Sie den Einkaufswagen um die Ecke lenken oder abrupt abbremsen, um den Abstand zu wahren", meint Dr. Schwarzkopf. Die Handschuhe tragen somit fälschlicherweise zu dem Gefühl bei, viren- und bakterienfreie Hände zu haben. Unter anderem wegen der kleinen Löcher ist es also dennoch notwendig, nach dem Einkauf die Hände zu waschen.
Um zu vermeiden, dass das Material zu viele Löcher bekommt, rät das Robert-Koch-Institut , die Handschuhe nur 15 Minuten zu tragen. Doch auch beim Wechsel - allgemein beim Ausziehen - der Handschuhe gibt es einiges zu beachten: "Ziehen Sie ihn falsch aus, haben Sie schnell das auf den Händen, was sich vorher auf dem Handschuh befand", erklärt der Krankenhaushygieniker.
Im Gegensatz zum Laien hat das medizinische Personal den Umgang mit Schutzhandschuhen über Jahre verinnerlicht. Trotzdem desinfizieren Ärzte und Pflegekräfte nach dem Ausziehen der Handschuhe ihre Hände und waschen sie.
Einen Nutzen haben die Handschuhe trotzdem, sonst würden Ärzte und Pflegekräfte sie nicht nutzen. "Es macht Sinn, sich zum Beispiel als Pflegepersonal vor dem Kontakt mit Körperflüssigkeiten wie Urin oder Blut zu schützen", erklärt Dr. Schwarzkopf, und: "Im OP helfen die Handschuhe, um die Keimabgabe herunterzufahren." Beides funktioniert jedoch nur, wenn das Personal genau auf die Hygienevorschriften achtet.
Die beiden Hygieniker sind sich einig: Handschuhe sind im Alltag in Bezug auf Corona überschätzt und erzeugen lediglich ein (falsches) Sicherheitsgefühl. In Bezug auf Bakterien sind sie sogar von Nachteil: "Die Hände haben eine Art "Kampfmechanismus", die Hautflora. Der pH-Wert der Haut führt dazu, dass bestimmte Erreger zerstört werden." Handschuhe erzeugen - vor allem wenn man schwitzt - eine feuchtwarme Oberfläche auf der Haut, die für Bakterien beste Voraussetzungen zur Vermehrung sind.
Fazit: Wer sich besser fühlt, kann Handschuhe tragen, sollte sich aber deren Grenzen bewusst sein. Händewaschen sollte immer selbstverständlich sein. Mundschutze sind in Bayern ab Montag, 27. April , Pflicht im öffentlichen Personennahverkehr sowie beim Einkaufen und schützen andere vor dem Tröpfchennebel, den man beim Sprechen und Atmen unvermeidbar ausstößt. Sie helfen aber auch zu vermeiden, dass man sich unbewusst ins Gesicht fasst.