Bad Kissingen
Eine Frage der Übung oder: Die zwei Gesichter des Daniel Hope
Solist des zweiten Konzerts des Svetlanov Symphony Orchestra unter Leitung seines Chefdirigenten Vladimir Jurowski war der britische Geiger Daniel Hope.
Er ist ein umtriebiger, historisch neugieriger, medienpräsenter Mann, der verdienstvoll viel für die Popularisierung der klassischen Musik tut. Dass er auch deshalb viele Fans hat, bewies ein Blick in den Großen Saal.
Aber als Interpret stürzt er sein Publikum gerne zwischen himmelhoch jauchend und zu Tode betrübt hin und her, weil er mit dem Kopf oft schon weiter zu sein scheint als mit den Fingern. Zum Glück spielte er bei dem "Moskauer Virtuosenkonzert" gleich zwei Violinkonzerte. Die Abteilung "zu Tode betrübt" bediente er mit Mozart. Da hatte er sich ausgerechnet dessen virtuosestes, das B-dur-Konzert KV 207 ausgesucht, das er noch nicht richtig in den Fingern hatte, bei dem er an seinen Noten hing. Da geriet er in den beiden Ecksätzen massiv unter Druck. Gut, der Schlussatz ist ein echtes Presto. Aber bei dem ersten Satz, bei dem sich ein Allegro moderato eingebürgert hat, hätte er deutlich langsamer machen können. Dann wären die vielen Koloraturen auch nicht so vernuschelt und unsauber gewesen. Das war schade, denn er hat eigentlich einen wunderschönen, leichten Ton.
In der Abteilung "himmelhoch jauchzend" spielte Daniel Hope das sogenannte "kleine" Violinkonzert d-moll des 13-jährigen Felix Mendelssohn-Bartholdy. Allein schon dass er es tat, war verdienstvoll, denn es wird praktisch nie aufgeführt, weil es als einzelnes Konzert wohl nicht genügend Gewicht hat.
Aber Daniel Hope nahm es ernst, hatte es sich wirklich zu eigen gemacht, ging dieses Mal wirklich souverän mit dem auch nicht einfachen Notentext um. Da fand er einen hervorragenden Kontakt zum Orchester, ging konzeptionell und klanglich in ihm auf, konnte sich kreativ entfalten. Auch hier war, nach einer außerordentlich spannend gestalteten Überleitung, der letzte Satz erheblich schneller als eigentlich erforderlich. Aber hier blieb Hope federn, elastisch, punktgenau und nutzte seine Gestaltungsräume - um immer in diesem ganz leichten, unangestrengten Ton. Da konnte man ihm den Mozart fast verzeihen. Als Zugabe gab's einen dreieinhalbstündigen Solosatz des Inders Ravi Shankar. Aber Daniel Hope machte es gnädig: Er spielte nur einen dreiminütiges Extrakt.
Keine Überraschung war trotz höchster Erwartungen Peter Tschaikowskys 5. Sinfonie. Das ist ein Werk, mit dem das Orchester zu leben scheint, mit dem es absolut vertraut ist - allein schon wenn man bedenkt, wie wenig Vladimir Jurowski machen musste, um seine Truppe am Laufen zu halten. Er konnte sich ganz auf gestalterische Hinweise, auf die Generieruung von weiten Spannungsbögen beschränken.
Jurowski ist nicht der gnadenlose Analytiker, der die Musik in ihre Einzelteile zerlegt, sondern er zielt eher auf Gesamtwirkungen, was ja durchaus auch im Sinne des Komponisten ist. Und trotzdem war es erstaunlich, wieviel Neues man in dieser Intepretation entdecken konnte, welche instrumentalen Bezüge Jurowski herausgearbeitet hatte, die vertraute Stellen plötzlich anders, sinnfälliger erklingen ließen.
Dazu kam, dass Jurowski die Tempi eine Spur schneller nahm als die meisten Kollegen, was die Emotionalität verdichtete und auch die Wahrnehmung veränderte. Der Walzer des dritten Satzes hatte einen wesentlich stärkeren Mitnahmeeffekt und duie Musik bekam plötzlich die Buntheit eines geselligen Treibens und nicht des Zelebrierens.
Natürlich war Valery Zhavoronkovs Hornsolo - auch das etwas zügiger - und sein Aufgehen in den Holzbläsern einer der absoluten Höhepunkte. Aber das Beeindruckendste war, wie Jurowski mit Hilfe eines ständigen Vortriebs durch die schnelleren Tempi die ganze Sinfonie auf die Überwältigungswirkung des Schlusses ausgerichtet hatte. Das Publikum brauchte ein bisschen, bis der Applaus wirklich losbrach.
Es sei nicht verschwiegen, dass Jurowski einen nicht zu überhörenden Dirigierassistenten hatte: Alexander Bagirov. Der Paukist spielte derart punktgenau, variabel und spannend präsent, dass sich weder seine Kollegen noch die Zuhörer ihm entziehen konnten. Man ertappte sich immer wieder dabei, dass man seine ganze Aufmerksamkeit nur noch auf ihn richtete.
Als Zugabe spielten die Moskauer das Vorspiel zum dritten Aufzug von Richard Wagners "Meistersingern".
Aber als Interpret stürzt er sein Publikum gerne zwischen himmelhoch jauchend und zu Tode betrübt hin und her, weil er mit dem Kopf oft schon weiter zu sein scheint als mit den Fingern. Zum Glück spielte er bei dem "Moskauer Virtuosenkonzert" gleich zwei Violinkonzerte. Die Abteilung "zu Tode betrübt" bediente er mit Mozart. Da hatte er sich ausgerechnet dessen virtuosestes, das B-dur-Konzert KV 207 ausgesucht, das er noch nicht richtig in den Fingern hatte, bei dem er an seinen Noten hing. Da geriet er in den beiden Ecksätzen massiv unter Druck. Gut, der Schlussatz ist ein echtes Presto. Aber bei dem ersten Satz, bei dem sich ein Allegro moderato eingebürgert hat, hätte er deutlich langsamer machen können. Dann wären die vielen Koloraturen auch nicht so vernuschelt und unsauber gewesen. Das war schade, denn er hat eigentlich einen wunderschönen, leichten Ton.
Klein, aber ernst genommen
In der Abteilung "himmelhoch jauchzend" spielte Daniel Hope das sogenannte "kleine" Violinkonzert d-moll des 13-jährigen Felix Mendelssohn-Bartholdy. Allein schon dass er es tat, war verdienstvoll, denn es wird praktisch nie aufgeführt, weil es als einzelnes Konzert wohl nicht genügend Gewicht hat.Aber Daniel Hope nahm es ernst, hatte es sich wirklich zu eigen gemacht, ging dieses Mal wirklich souverän mit dem auch nicht einfachen Notentext um. Da fand er einen hervorragenden Kontakt zum Orchester, ging konzeptionell und klanglich in ihm auf, konnte sich kreativ entfalten. Auch hier war, nach einer außerordentlich spannend gestalteten Überleitung, der letzte Satz erheblich schneller als eigentlich erforderlich. Aber hier blieb Hope federn, elastisch, punktgenau und nutzte seine Gestaltungsräume - um immer in diesem ganz leichten, unangestrengten Ton. Da konnte man ihm den Mozart fast verzeihen. Als Zugabe gab's einen dreieinhalbstündigen Solosatz des Inders Ravi Shankar. Aber Daniel Hope machte es gnädig: Er spielte nur einen dreiminütiges Extrakt.
Keine Überraschung war trotz höchster Erwartungen Peter Tschaikowskys 5. Sinfonie. Das ist ein Werk, mit dem das Orchester zu leben scheint, mit dem es absolut vertraut ist - allein schon wenn man bedenkt, wie wenig Vladimir Jurowski machen musste, um seine Truppe am Laufen zu halten. Er konnte sich ganz auf gestalterische Hinweise, auf die Generieruung von weiten Spannungsbögen beschränken.
Jurowski ist nicht der gnadenlose Analytiker, der die Musik in ihre Einzelteile zerlegt, sondern er zielt eher auf Gesamtwirkungen, was ja durchaus auch im Sinne des Komponisten ist. Und trotzdem war es erstaunlich, wieviel Neues man in dieser Intepretation entdecken konnte, welche instrumentalen Bezüge Jurowski herausgearbeitet hatte, die vertraute Stellen plötzlich anders, sinnfälliger erklingen ließen.
Differenzierte Gesamtheit
Dazu kam, dass Jurowski die Tempi eine Spur schneller nahm als die meisten Kollegen, was die Emotionalität verdichtete und auch die Wahrnehmung veränderte. Der Walzer des dritten Satzes hatte einen wesentlich stärkeren Mitnahmeeffekt und duie Musik bekam plötzlich die Buntheit eines geselligen Treibens und nicht des Zelebrierens. Natürlich war Valery Zhavoronkovs Hornsolo - auch das etwas zügiger - und sein Aufgehen in den Holzbläsern einer der absoluten Höhepunkte. Aber das Beeindruckendste war, wie Jurowski mit Hilfe eines ständigen Vortriebs durch die schnelleren Tempi die ganze Sinfonie auf die Überwältigungswirkung des Schlusses ausgerichtet hatte. Das Publikum brauchte ein bisschen, bis der Applaus wirklich losbrach.
Es sei nicht verschwiegen, dass Jurowski einen nicht zu überhörenden Dirigierassistenten hatte: Alexander Bagirov. Der Paukist spielte derart punktgenau, variabel und spannend präsent, dass sich weder seine Kollegen noch die Zuhörer ihm entziehen konnten. Man ertappte sich immer wieder dabei, dass man seine ganze Aufmerksamkeit nur noch auf ihn richtete.
Als Zugabe spielten die Moskauer das Vorspiel zum dritten Aufzug von Richard Wagners "Meistersingern".
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