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Bad Kissingen
Eine fast schon vergessene Krankheit
Im Kreis warnen noch Schilder vor Tollwut. Seit zehn Jahren gilt Deutschland aber als frei von Wildtiertollwut.
Schon seit zehn Jahren gibt es im Landkreis keine Wildtollwut mehr, auch wenn einzelne Schilder noch hängen. Doch vollkommen ist die Tollwutgefahr nicht gebannt, denn auch Fledermäuse können infiziert sein. Heike Beudert       -  Schon seit zehn Jahren gibt es im Landkreis keine Wildtollwut mehr, auch wenn einzelne Schilder noch hängen. Doch vollkommen ist die Tollwutgefahr nicht gebannt, denn auch Fledermäuse können infiziert sein. Heike Beudert
| Schon seit zehn Jahren gibt es im Landkreis keine Wildtollwut mehr, auch wenn einzelne Schilder noch hängen. Doch vollkommen ist die Tollwutgefahr nicht gebannt, denn auch Fledermäuse können infiziert sein. Heike Beudert
Heike Beudert
 |  aktualisiert: 18.08.2022 15:20 Uhr

Sie sind verblasst oder vermoost, die Warnschilder, die noch vereinzelt im Landkreis hängen und auf einen tollwutgefährdeten Bezirk hinweisen. Die Schilder haben längst ausgedient. Seit zehn Jahren gilt Deutschland als frei von Wildtier-Tollwut. In ganz Deutschland sind keine gefährdeten Gebiete ausgewiesen, teilt das Landratsamt auf Anfrage mit. Auch weite Teile Europas gelten seit 2008 als frei von klassischer Tollwut. Ganz aus der Welt ist diese hoch gefährliche Infektionskrankheit aber trotzdem nicht.

Dass die Wildtier-Tollwut heute in Deutschland ausgetilgt ist, liegt an den flächendeckenden Impfungen von Füchsen in der Vergangenheit; Füchse waren wesentlicher Überträger der Wildtollwut. Seit Deutschland offiziell als frei von Tollwut gilt, wird diese Impfung nicht mehr durchgeführt, heißt es beim Landratsamt auf Nachfrage.

Aus Statistiken der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird aber erkenntlich, dass es in einigen Osteuropäischen Ländern immer noch Fälle von Wildtollwut gibt, auch 2018. Der Tierarzt und Vorsitzende des Bad Kissinger Jägervereins, Dr. Helmut Fischer, sieht darin auch das Problem. Denn einwandernde Tiere aus diesen Gegenden könnten das Virus wieder einschleppen. Man müsse auf jeden Fall wachsam sein, findet der Kissinger.

Obwohl Impfungen von Hunden und Katzen nach Angaben aus dem Landratsamt grundsätzlich nicht vorgeschrieben, gilt auch weiterhin eine klare Empfehlung: "Hunde und Katzen, die das Haus verlassen, sollten in jedem Fall gegen Tollwut geimpft werden", zitiert Pressestelle des Landratsamtes eine Empfehlung der Bundestierärztekammer. Dem pflichtet auch Tierarzt Helmut Fischer bei. Die Impfung gebe dem Halter Sicherheit und erspare zusätzlichen Ärger, sollte das Haustier tatsächlich einmal einen Menschen verletzen (beispielsweise durch einen Biss). Erfahrungsgemäß folgen Tierhalter auch dieser ärztlichen Empfehlung, erklärt Fischer. Wenn Reisen mit dem Haustier ins Ausland anstehen, wird die Impfung auf jeden Fall nötig.

Auch bei auffälligen neurologischen Patienten habe man als Tierarzt die Tollwut-Problematik immer noch Hinterkopf, erklärt Helmut Fischer. Er selbst habe glücklicherweise noch nie einen Tollwutfall in der Praxis erlebt.

In Bayern wurde nach Informationen des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 2001 der letzte Fuchs positiv getestet. Im Landkreis liegt dies noch länger zurück. Illegal eingeführte, infizierte Haustiere sind heute der Hauptrisikofaktor. 2010 war die Krankheit in Bayern bei einem Hund, der aus Bosnien-Herzegowina gekommen war, und 2013 bei einem Hund aus Marokko festgestellt worden.

Während die Wildtier-Tollwut in Deutschland nicht mehr vorkommt, können Fledermäuse hierzulande in seltenen Fällen mit Tollwut infiziert sein. Eine Übertragung auf Menschen oder Säugetiere ist möglich, selbst wenn diese weltweit äußerst selten beobachtet wird. In Bayern gibt es laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit seit 2011 ein Tollwut-Monitoring bei Fledermäusen.Vereinzelt wurden in den letzten Jahren auch in fränkischen Gemeinden infizierte Fledermäuse gemeldet. 2018 wurden nach Angaben des Landratsamtes im gesamten Bundesgebiet bislang 17 infizierte Fledermäuse bestätigt.

Ein Fall im Landkreis Bad Kissingen im Jahr 2015 zeigt, dass Menschen trotz geringstem Risiko mit Fledermaustollwut in Berührung kommen können. Vor drei Jahren war ein Landkreisbürger von einer infizierten Fledermaus gebissen worden, die in sein Haus geflogen war. Eine sofortige Impfung hat dem Mann das Leben gerettet. Mit der Impfung lässt sich der Ausbruch der in der Regel tödlich verlaufenden Tollwut verhindern.

Das Robert-Koch-Institut hat in einem Bulletin von 2011 eine klare Verhaltensregel im Umgang mit Fledermäusen veröffentlicht. "Hände weg von Fledermäusen!" heißt es darin. Weder lebendige, noch flugunfähige noch tote Tiere sollten angefasst werden. Hat trotzdem ein Kontakt stattgefunden, sollte umgehend geimpft werden, heißt die Empfehlung. Laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gilt eine Fledermaus als tollwutverdächtig, die sich anfassen lässt, ein auffälliges oder aggressives Verhalten zeigt oder tot aufgefunden wird. Nie schaden könne eine gesunde Skepsis, findet Helmut Fischer. Das gilt seiner Meinung nach im Umgang mit allen Wildtieren, betont der Arzt und Jäger: "Wenn sich Wildtiere auffällig verhalten, sollte man Abstand nehmen".

Und was ist nun mit den alten Schildern, die auf Tollwut gefährdete Bezirke hinweisen? Nötig sind sie schon seit zehn Jahren nicht mehr, da diese Zonen aufgehoben wurden. Sie wurden aber 2008 im Kreis nicht flächendeckend abgebaut. Das geschehe nach und nach.

 
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