Alltägliches fällt schwer. Schon Treppensteigen strengt stark an. Patienten, die eine Corona-Infektion hinter sich haben und noch nach mehreren Wochen und Monaten über Symptome klagen, sind von Long-Covid oder auch Post-Covid betroffen. In Münnerstadt im Landkreis Bad Kissingen in Unterfranken behandelt das Thoraxzentrum solche Patienten mit Physiotherapie, Schmerztherapie, Konzentrationsspielen und psychologischer Akut-Therapie.
Wie der BR berichtet, brauchen vor allem Menschen, die beatmet worden sind, länger Zeit, um wieder in den Alltag zurückzufinden. Hier steht nach längerer Bettlägerigkeit der Aufbau der Rumpfkontrolle zum Wieder-Sitzen-Lernen an erster Stelle oder es kommt nach einem Luftröhrenschnitt Logopädie zum Einsatz, um wieder Schlucken zu lernen und die Kehlkopfbeweglichkeit zu steigern. In jedem Fall wird in schweren Verlaufsfällen eine Früh-Reha vor der eigentlichen Reha notwendig sein, um ganz normale Dinge wieder zu lernen.
Die Auswirkungen einer Corona-Erkrankung sind vielfältig
Gerhard Panzer ist ein Long-Covid-Patient. Momentan sitzt der 58-Jährige noch im Rollstuhl, arbeiten kann er noch nicht. Innerhalb von drei Tagen ging es ihm im Zuge seiner Corona-Infektion so schlecht, dass er nach anfänglichen Symptomen wie Husten, Fieber und Atemnot sogar beatmet werden musste. Darauf folgte die Versetzung ins künstliche Koma für einen Monat. Jetzt muss er mithilfe einer Physiotherapeutin alles neu lernen: Schlucken, Essen und sogar Sitzen. Nicht nur sein Körper hat sich verändert, auch seine Denk- und Sichtweise sei durch die Erkrankung mittlerweile eine andere, sagt er gegenüber dem BR.
Von Spätfolgen spricht man, wenn Symptome auch noch nach 28 Tagen oder darüber hinaus nach einer Infektion mit Covid-19 auftreten. Wie genau sich die Spätfolgen einer Corona-Erkrankung entwickeln, kann noch nicht vorausgesagt werden. Einige haben noch nach mehreren Wochen Konzentrationsprobleme, sind schlapp und antriebslos, haben Gliederschmerzen oder beklagen einen fehlenden Geruchs- und Geschmackssinn. Bei anderen setzt das Corona-Virus Entzündungsprozesse in Gang, die wiederum Symptome auslösen können. Bis zu 40 Prozent der Menschen, die sich mit Corona infiziert haben, beklagen Langzeitprobleme, die behandelt werden müssen, beispielsweise mit medizinischer Unterstützung bei einer eingeschränkten Lungenfunktion .
Doch sie sind nicht nur von physischen Beeinträchtigungen betroffen, auch psychische Leiden sind vielfältig. So kann das Versetzen in ein künstliches Koma in manchen Fällen zu posttraumatischen Belastungsstörungen wie Ängsten und Depressionen führen. Der Körper wird in seinem gewohnten Tag-/Schlaf-Rhythmus gestört, Eingriffe könnten als erschreckend wahrgenommen werden und auch ein "alptraumhaftes Wahrnehmen der ganzen Umgebung" sei möglich, so Dr. Bernd Seese, Chefarzt des Thoraxzentrums in Münnerstadt gegenüber dem BR. Das seien alles Situationen, die im Normalzustand erst verarbeitet werden müssten.
Die Behandlungen in der Klinik werden andauern
Vielen Menschen werden derzeit gegen Corona geimpft. Doch eine spezifische Therapie, die sich gezielt gegen das Coronavirus richtet, gibt es noch nicht. Zwar sind verschiedene Arzneimittel gegen Covid-19 in der Entwicklung , doch die Studien laufen noch. Deshalb geht die Klinik in Münnerstadt davon aus, dass auch weiterhin viele Menschen mit Langzeitfolgen der Corona-Infektion zu kämpfen haben und so im Thoraxzentrum in Münnerstadt behandelt werden. Momentan gibt es knapp über 20 Patienten in der Klinik, die mit Langzeit-Auswirkungen von Covid-19 kämpfen. Ein Rückgang sei im Moment eher unwahrscheinlich, so Dr. Bernd Seese.