Die Geschichte persönlich nachempfinden, statt sie aus trockenen Bücher zu lernen, das ist das Ziel des Vereins Iocum („International Order of Confederate & Union Militia“). Er spielt Schlachten aus dem US-amerikanischen Bürgerkrieg nach. Am Wochenende bereits zum 16. Mal in Oberwildflecken. Begleitet hat die geschichtsinteressierten Mitglieder diesmal ein Kamerateam, das einen Dokumentarfilm über das ungewöhnliche Hobby dreht, der Ende 2013 beziehungsweise Anfang 2014 im Fernsehen zu sehen sein soll.
Schon von Weitem ist lautes Getöse zu hören, grollt der Donner. Der matschige Waldweg weist Spuren von schwerem Gefährt auf. Hinter dem kleinen Waldstück, auf einer weiten Lichtung ist allerdings nicht viel von einem Kriegsszenario zu sehen.
Gerade kommen die Truppen im Gleichschritt aus der nachgespielten Schlacht zurück. Nun widmen sich die Hobbyschauspieler ihrer eigentlichen Leidenschaft, dem gemütlichen Beisammensein und dem Fachsimpeln über die Zeit von damals, aus den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts. Sie verbringen das Wochenende fernab der Gegenwart in Zeltlagern, die in der Ausstattung den Unterkünften der Truppen des amerikanischen Bürgerkriegs nachempfunden sind.
Auf die Schlachten allein wollen die Mitglieder des Geschichtsvereins Iocum ihr Hobby nämlich nicht reduzieren. So spielen die Teilnehmer bei ihren Treffen zwar ein Kriegsszenario nach, verleben den Rest des Wochenendes aber in dem historischen Soldatenlager.
In diesem Jahr ging es um die Schlacht am Antietam. Nach dem Unentschieden bei diesem Aufeinandertreffen im Jahr 1862 wurde der Schauplatz von den Beteiligten „Bloody Lane“ getauft, blutige Straße.
In Oberwildflecken blieb es für die Hobbysoldaten unblutig. „Sicherheit ist bei uns das A und O“, informiert Klaus Bunde alias „Ben McCoy“, der Vorsitzende des Geschichtsvereins. Deshalb werden bei den Schlachten nur Platzpatronen verschossen. „Es macht zwar ordentlich Dampf, aber es wird nichts zerstört.“
Verfolgt wurde das Spektakel von Dokumentarfilmer David Seffer, der in einer stilechten Uniform des amerikanischen Bürgerkriegs hinter der Linse steht. Gerade, weil oft falsch über das Hobby geurteilt werde, und es von manchen Medien und anderen Dokumentationen als kriegsverherrlichend bezeichnet werde, und die Teilnehmer als Uniformfetischisten, ist es ihm ein Anliegen, das richtigzustellen. Er selbst ist inzwischen Mitglied des Vereins, wenn auch nur im organisatorischen Bereich.
Gezeigt werden soll der Film Ende 2013 beziehungsweise Anfang 2014. Derzeit steht Seffers mit dem Sender Arte in Verhandlung über einen Sendeplatz und auch der US-Geschichtssender „History Channel“ hat Interesse angemeldet.
In den Zelten kehrt nach der großen Schlacht Ruhe ein. Man unterhält sich. So mancher stattet sich bei den zwei kleinen Ständen im Lagern mit neuer Kleidung und den dazugehörigen Accessoires aus. Dabei gehe es vor allem um Authentizität, wie viele Teilnehmer immer wieder betonen. Von der Kleidung über das Essen bis hin zu kleinen Dingen wie einer Streichholzschachtel ist alles im Lager auf die Zeit des Bürgerkrieges abgestimmt.
Die historische Garderobe wird vor allem von den Frauen perfektioniert, weiß Günter Schmitt. Er ist bei den Treffen „Major der Artillerie“ und teilt das ungewöhnliche Hobby mit seiner Frau. Schmitt ist mit seiner ganzen Familie seit 1980 im Verein aktiv. Einmal im Jahr brauche seine Frau mindestens ein neues altes Kleid. Die Leidenschaft für Authentizität geht dabei beim weiblichen Geschlecht weit: „Da wird dann recherchiert, welche Muster und Stoffe damals in Mode waren, oder welche Kopfbedeckung man trug.“
Auf den historischen Bällen, die der Verein zwei bis dreimal im Jahr organisiert, versuchen sich die Frauen im Kostümbereich zu übertrumpfen. Dabei ist es gar nicht so einfach, an Stoffe und Ausstattung im Stil des 19. Jahrhunderts zu kommen. „Es gibt ein paar wenige Firmen, die sich darauf spezialisiert haben. Viele schneidern ihre Kleidung aber selbst. Dafür haben sie oft eine Weberei an der Hand, die die Stoffe für sie herstellt.“