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Münnerstadt
Ein Vergleich: Kriegerische Auseinandersetzungen damals und heute
Bekanntermaßen vernichtet ein Krieg zuerst die Wahrheit. Das beginnt nicht mit dem ersten Schuss, der ja immer mit einer Lüge einhergeht, sondern...
Dr. Daniel Karch, Lehrer für Geschichte und Deutsch am Johann-Philipp-von Schönborn-Gymnasium Münnerstadt, referierte beim Schönborn-Kolleg zum Thema „Es wird nicht mehr zurückgeschossen!“       -  Dr. Daniel Karch, Lehrer für Geschichte und Deutsch am Johann-Philipp-von Schönborn-Gymnasium Münnerstadt, referierte beim Schönborn-Kolleg zum Thema „Es wird nicht mehr zurückgeschossen!“
Foto: Hartmut Hessel | Dr. Daniel Karch, Lehrer für Geschichte und Deutsch am Johann-Philipp-von Schönborn-Gymnasium Münnerstadt, referierte beim Schönborn-Kolleg zum Thema „Es wird nicht mehr zurückgeschossen!“
Hartmut Hessel
 |  aktualisiert: 07.11.2023 15:48 Uhr

Bekanntermaßen vernichtet ein Krieg zuerst die Wahrheit. Das beginnt nicht mit dem ersten Schuss, der ja immer mit einer Lüge einhergeht, sondern bereits lange im Vorfeld, durch zum Teil drastische Propaganda. Dr. Daniel Karch, gebürtiger Großeibstädter, seit zehn Jahren Lehrer für Geschichte und Deutsch am Johann-Philipp-von Schönborn-Gymnasium Münnerstadt , referierte im Rahmen des Schönborn-Kollegs, einer Vortragsreihe des Fördervereins, zum Thema „Es wird nicht mehr zurückgeschossen!“ über das Kriegsende in Mainfranken und Münnerstadt .

So viele Münnerstädter waren schon lange nicht mehr in die Aula des Gymnasiums gekommen, über 150 Gäste waren es am Ende. Gewiss, diese lokale Geschichte ist spannend, sicher auch deshalb, weil Berichte der Eltern oder in der Verwandtschaft, dieses Kriegsereignis für die heute 50- bis 80-Jährigen aus der Region zu einem persönlichen Erlebnis verkürzt haben.

Das spürte man spätestens in der Fragerunde, die mehr Ergänzungen und Schilderungen enthielt. Dabei konnte der Referent deutlich seine Position als Historiker herausheben, indem er sich auf die ihm zugängliche Faktenlage berief. Das wurde unter anderem in der Version über den Kriegsschluss im April 1945 in Münnerstadt deutlich. Die Behauptung „ Münnerstadt ist Lazarettstadt“ und ist entsprechend markiert, ist durch gegenteilige Befehle aus dem Führerhauptquartier und der obersten Heeresleitung bereits in der Frühzeit des Zweiten Weltkriegs konterkariert worden.

Brutale Stilmittel

Deutsche Truppen haben zu keiner Zeit während ihres Eroberungsfeldzuges Rücksicht auf zivile Infrastruktur genommen. Das haben dann die Alliierten im Gegenzug ebenso gehalten. Was auch die zweite These zur Kriegsführung in den Wind schlägt, dass es bei den Kampfhandlungen auch um Moral gehen könnte. Töten, zerstören, entwürdigen durch Folter und Vergewaltigung, sind und waren auf allen Seiten brutale Stilmittel.

Karch verwies insbesondere auf den Umstand, dass die 3. Amerikanische Armee unter General Patton in „Cowboy“-Manier ihre Vorwärtsstrategie verwirklicht hat und auf der anderen Seite die Reste deutscher Einheiten, nationalistisch verblendet und mit dem Tode durch SS-Gruppen bedroht, einen sinnlosen Durchhaltewillen gezeigt haben.

Der Versuch der Bevölkerung sich mit der „weißen Fahne“ in einen Waffenstillstand zu retten und ihren Heimatort unversehrt zu halten, ging nur zum Teil auf. Zu oft wurden die Amerikaner aus dem Hinterhalt angegriffen, als dass sie Vertrauen in die mutigen Menschen hatten, die ihnen „ihren Ort“ übergeben wollten.

In Münnerstadt klappte das wohl ein wenig, als der Oberstabsarzt des hiesigen Lazaretts, Dr. Como, den amerikanischen Truppen entgegentrat und um Gnade für Münnerstadt bat. Trotzdem gab es auch hier noch einen furchtbaren Bombenangriff , trotzdem wurden Menschen erschossen und Frauen geschändet. Einheimische politische Größen des Nazi-Regimes hätten sich das nicht getraut, ja im Gegenteil, hier waren Flucht und Untertauchen die Regel. Das galt für die gesamte Region.

Die Beschreibung des Historikers über die Ursachen und Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs lassen sich deutlich mit heutigen Geschehnissen in Europa vergleichen. Eine Grafik, die die Verluste eines Bataillons darstellt, zeige zum Beispiel wie empfindlich sich die massenhafte Tötung der Soldaten auf die gesamte Struktur der Armeeeinheit auswirkt. Dr. Karch baute die Statistik aus dem aktuellen Ukraine-Krieg in die Gefechtsmotorik der Zweite Weltkrieg- Situation, hier der 3. amerikanischen Armee ein.

Unter anderem um zu zeigen, dass auch damals keine Lust darauf bestand, unnötig Risiken einzugehen. Trotzdem ließ der Befehlshaber Patton durch eine waghalsige Aktion seinen Schwiegersohn aus dem Kriegsgefangenenlager Hammelburg befreien. Ein Vorgehen, das für die Amerikaner fast zur Katastrophe führte. Zwei Stunden Zeitgeschichte von brutalen Begebenheiten in unserer Region, fesselnd, aber noch nicht zu Ende erzählt.

 
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