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Fuchsstadt
Ein neues Herz für Rene
Rene Wolf aus Fuchsstadt braucht ein neues Herz. Die Chancen dafür stehen in Deutschland ganz schlecht. Seine Eltern suchen daher Hilfe in Spanien.
René, seine Mutter Silvia Wolf, seine Schwester Pia und Vater Rainer Kippes aus Fuchsstadt hoffen auf ein neues Herz.Steffen Standke       -  René, seine Mutter Silvia Wolf, seine Schwester Pia und Vater Rainer Kippes aus Fuchsstadt hoffen auf ein neues Herz.Steffen Standke
| René, seine Mutter Silvia Wolf, seine Schwester Pia und Vater Rainer Kippes aus Fuchsstadt hoffen auf ein neues Herz.Steffen Standke
Steffen Standke
 |  aktualisiert: 14.12.2021 14:03 Uhr

Das Schicksal hat den sechsjährigen Rene aus Fuchsstadt arg gebeutelt. Er wurde mit einer schweren Fehlbildung am Herzen geboren, der er eher früher als später erliegen wird. Die einzige Chance auf ein längeres Leben: eine Transplantation. Doch die Chance, in Deutschland ein geeignetes Spenderherz zu finden, tendiert gegen Null. Deswegen wollen Renes Eltern außergewöhnliche Schritte gehen.

Vor der Wohnung der Familie Wolf/Kippes stehen vier schwere, silbergraue Behälter. 70 Kilogramm wiegen sie in vollem Zustand. Rene braucht sie zum Überleben. Denn die rollbaren Tanks enthalten flüssigen Sauerstoff, den der Sechsjährige über Schläuche einatmet.

Ohne würde sich Rene wohl noch schlechter fühlen. Ihn plagen häufig Gliederschmerzen. Jede größere Bewegung - sei es Treppensteigen oder Herumlaufen - strengt ihn sehr an, bedeutet Atemnot, löst häufig Brechreiz aus. Auch ist Rene für sein Alter unterdurchschnittlich klein. Sein Körper kämpft ständig ums Überleben und hat wenig Kraft zu wachsen, sagt seine Mutter Silvia Wolf. Trotzdem kann der Sechsjährige herzhaft lachen.

Rene leidet unter einem hypoplastischen Linksherz-Syndrom - einer der schwersten Herzerkrankungen überhaupt. Laienhaft gesprochen funktioniert nur seine rechte Herzhälfte richtig; die linke ist verkümmert, einfach nicht mitgewachsen im Mutterleib.

"Seit 25 bis 30 Jahren wird dieser Herzfehler in drei Operationen korrigiert, damit man damit einiger maßen leben kann", erzählt Silvia Wolf. Die erste OP müsse fünf bis 14 Tage nach der Geburt erfolgen, die zweite ein Vierteljahr danach. Innerhalb von drei bis vier Jahren sollten alle Eingriffe abgeschlossen sein. Doch bei Rene wagten die Ärzte die dritte Operation nicht mehr. "Seine Herzpumpleistung war zu schlecht. Das würde er wohl nicht überstehen."

Seit August 2014 ist der kleine Fuchsstädter bei Eurotransplant gelistet, einer Vermittlungsstelle für Organspenden in den Benelux-Ländern, Deutschland, Österreich, Slowenien, Kroatien und Ungarn. An ihr sind alle Transplantationszentren, Gewebetypisierungslaboratorien und Krankenhäuser, in denen in den genannten Ländern Organspenden durchgeführt werden, beteiligt.

Doch die Chancen auf ein passendes Kinderherz stehen schlecht. Zum einen, weil besonders in Deutschland die Zahl potenzieller Spender gering ist und jedes Land ein Vorrecht genießt, bei ihm anfallende Spenderorgane wenn passend selbst zu verwenden. Zum anderen haben diverse Operationen und Bluttransfusionen Spuren in Renes Körper hinterlassen. Er hat Antikörper entwickelt, die das Risiko, dass das neue Organ abgestoßen wird, noch erhöhen.

Alles in allem eine verfahrene Lage für Rene, seine Mutter Silvia und Vater Rainer Kippes. Gilt ihr Sohn doch eigentlich als austherapiert. Bleibt nur die schwache Hoffnung auf einen Anruf von der zuständigen Uniklinik in Erlangen, dass doch ein passendes Herz dabei ist. Oder gibt es eine andere Möglichkeit?

In Spanien existieren weit mehr potenzielle Organspender als beispielsweise in Deutschland. Dort gilt die sogenannte Widerspruchsregelung. Das bedeutet, dass Verstorbenen Organe zum Zwecke der Transplantation entnommen werden dürfen - es sei denn, sie haben zu Lebzeiten widersprochen. "Spanien ist Spitzenreiter bei Spendern und Transplantationen", sagt Rainer Kippes. Er und Silvia Wolf erwägen nun auszuwandern, um in die spanischen Sozialsysteme zu gelangen. "So hätten wir wenigstens ein Chance. Die Wahrscheinlichkeit wäre wesentlich höher, geht nicht gegen Null", sagt der Verwaltungswirt.

Die Barmer Ersatzkasse, bei der Rene über seine Mama familienversichert ist, unterstützt die Pläne der Familie. "Wir haben bereits im August zugesagt, die Kosten für die Herztransplantation zu übernehmen", sagt Pressesprecherin Stefanie Meyer-Maricevic. Sie lägen im oberen sechsstelligen Bereich. Hinter dieser Entscheidung stünden ärztliche Gutachten. "Alle medizinischen Experten sind sich einig, dass Rene ohne Transplantation keine Überlebenschancen hätte."

Aber was ist, wenn die Operation in Spanien stattfindet? Trägt die Barmer dann die Kosten? Meyer-Maricevic sagt definitiv: "Ja". Die Finanzierung erfolge nach dem "zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrecht" im Rahmen der "Leistungsaushilfe". Heißt: Familie Wolf/Kippes schreibt sich bei der ausländischen, gesetzlichen Krankenversicherung ein und stellt einen Antrag auf Leistungsaushilfe bei deren Träger. Sie bleibt aber im Prinzip bei der Barmer weiter versichert und erhält dieselben Leistungen, die ihr im Heimatland zustehen - also auch die teure Transplantation.

Voraussetzung sei, dass die Familie der deutschen Kasse einen Wohnsitz in Spanien nachweise. Dann könne sie zur Klinik gehen, in der operiert werden soll, und dies der Barmer mitteilen.

Laut Silvia Wolf soll die OP in Barcelona stattfinden. Leider sagte eine potenzielle Vermieterin kürzlich ab. Die Suche gehe weiter. Nach Wolfs Worten standen im Juni in Spanien acht Kinder auf der Liste für ein neues Herz. "25 Transplantationen von Kinderherzen werden im Jahr durchgeführt." Die Hoffnung sei als reell, ein Herz für Rene zu bekommen.

Unterdessen erfährt die Familie Anteilnahme und Unterstützung aus Fuchsstadt selbst. Eine "Gruppe von Muttis" hat sich für eine Art Aktionstag am 17. November zusammengetan, informiert Stefanie Hofmann vom Friseursalon Hairhouse in Fuchsstadt. Einerseits sollen Rene "ein paar schöne Stunden bereitet werden". Andererseits will man Spenden sammeln und Organspender gewinnen. Auf Facebook wurde eine Seite mit dem Titel "Ein Herz für Rene" eingerichtet. Auch die Hammelburg Volleys unterstützen die Familie, riefen beim Heimspiel gegen Eltmann zum Spenden für Rene bei der Organisation Herzkind e.V. auf.

Die Ärzte legen sich nicht fest, "wie lange es mit Renes Herz noch gutgeht", sagt Rainer Kippes. Er und Silvia Wolf wissen: Ewig Zeit bleibt nicht mehr.

Hintergrund:

3199 Organspenden wurden im vergangenen Jahr laut der Deutschen Stiftung Organtransplantation durchgeführt. Der weitaus größte Teil - 2594 - waren Spenden von Verstorbenen. 605 Lebende spendeten eine Niere oder Teilleber an bedürftige Patienten. Insgesamt wurden vergangenes Jahr laut der Stiftung 251 Herzen in Deutschland verpflanzt. Insgesamt ist die Zahl der Organspenden seit Jahren rückläufig. Im Jahr 2016 wurden 3514 spenden geleistet, vor zehn Jahren gar 4565. Bei den Herzen lag der der Höchststand vor 21 Jahren bei 507. Seitdem zeigt der Trend stark nach unten.

Das Spendenkonto:

Empfänger: Herzkind e. V.

Sparkasse Hannover

IBAN: DE 47 250 501 800 011 010 113

mit dem Stichwort: Rene Wolf

 
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