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Bad Kissingen
Ein Konzert zum Gedenken an Guttenberg
Die Engländerin Jane Glover übernahm für den verstorbenen Enoch zu Guttenberg die Leitung des Mozart-Requiems.
Die Bamberger Symphoniker mit Jane Glover und den Solisten (von links) Anke Vondung (Alt), Susanne Bernhard (Sopran), Werner Güra (Tenor) und York Felix Speer (Bass).Gerhild Ahnert       -  Die Bamberger Symphoniker mit Jane Glover und den Solisten (von links) Anke Vondung (Alt), Susanne Bernhard (Sopran), Werner Güra (Tenor) und York Felix Speer (Bass).Gerhild Ahnert
| Die Bamberger Symphoniker mit Jane Glover und den Solisten (von links) Anke Vondung (Alt), Susanne Bernhard (Sopran), Werner Güra (Tenor) und York Felix Speer (Bass).Gerhild Ahnert
Thomas Ahnert
 |  aktualisiert: 18.08.2022 19:50 Uhr
Natürlich war das zunächst einmal ein Schock auch für die Veranstalter, als Mitte Juni die Meldung kam, dass Enoch zu Guttenberg im Alter von 72 Jahren plötzlich gestorben war. Denn drei Wochen später hatte er eigentlich Mozarts Requiem im Regentenbau dirigieren wollen und sollen. Dann setzte die Suche nach einem Ersatz ein. Es dauerte eine Weile, bis nicht nur Kandidaten gefunden waren, die die nötige Zeit hatten, sondern auf die sich alle Beteiligten verständigen konnten. Sie haben die optimale Lösung gefunden: Die Engländerin Jane Glover ist eine international anerkannte Mozart-Spezialistin - als Dirigentin und als Musikwissenschaftlerin.
So konnte es also stattfinden, das Konzert mit den Bamberger Symphonikern - Bayerische Staatsphilharmonie, der Chorgemeinschaft Neubeuern und den Solisten Susanne Bernhard (Sopran), Anke Vondung (Alt), Werner Güra (Tenor) und York Felix Speer (Bass).
Und nicht einmal das Programm musste geändert werden, was schade gewesen wäre, denn am Anfang stand ein kleines Werk , das einmal irrtümlich Johann Sebastian Bach zugeschrieben wurde: die Trauerkantate "Schlage doch, gewünschte Stunde" für Alt, Streicher und Basso continuo des Bach-Zeitgenossen Georg Melchior Hoffmann. Das ist ein kleines, einsätziges Werk von kammermusikalischer Dimension, das den Tod als freudiges Lebensziel besingt: "Ich begehr von Herzensgrunde/Nur den letzten Zeigerschlag", heißt es am Ende. Das singt eine Seele, die ihren Jesum bald zu schauen wünscht - das setzt natürlich voraus, dass sie auch wirklich in den Himmel kommt und nicht in die Hölle.


Gestalteter Stimmungswechsel

Anke Vondung sang diesen Text insofern modern, als sie ihm zunächst etwas Stockendes, Zögerliches gab und erst allmählich den Stimmungsumschlag in die Vorfreude vollzog. Und sie sang sehr schön instrumental, mit kleinen, die Melodielinien aufbrechenden Verzierungen. Jane Glover kommentierte diese Entwicklung mit einer klanglichen Seufzermetaphorik zu Beginn, die in ein kraftvolles Musizieren mündete. Wobei die zwei Röhrenglocken, die Hoffmann ad libitum gestellt hat - man muss sie also nicht einsetzen - diesen letzten Glockenschlag immer deutlicher ins Bewusstsein rückten.
Wolfgang Amadeus Mozarts Adagio und Fuge c-moll für Streicher ist ein sperriges, kantiges Werk , dem Jane Glover seine Ecken und Kanten auch ließ. Mit markantem Strich und einer kräftigen Betonung der Themenköpfe machten die Bamberger deutlich, dass das nicht eigentlich die mozartsche Welt war, dass er es eigentlich nur geschrieben hat, um zu zeigen, dass er auch wie Bach "Fuge kann".


Ein ganz langer Bogen

Ja, und dann das Requiem. Mit ihrer großen Erfahrung, ihrer Umsicht und sparsamer, aber gut lesbarer Gestik steuerte Jane Glover alle Beteiligten durch dieses große Werk und gab ihm einen starken inneren, geistigen und musikalischen Zusammenhang. Außerordentlich eindrucksvoll sang der Chor, der enorm viel zu tun hat, aber immer außerordentlich präsent war und sehr gut artikulierend nicht nur die Texte, sondern auch die Inhalte vermittelte. Wobei die dynamische Umschaltfähigkeit und die Klarheit der einzelnen Stimmregister besonders beeindruckten.
Da hatte es das Orchester natürlich leicht, dramatisch zu gestalten, weil es keine bremsende Rücksicht nehmen musste. Das "Confutatis maledictis" oder das geradezu schneidende "Dies irae" waren in ihrer Wucht ebenso eindrucksvoll wie das abrupt einsetzende leise "Voca me" oder das mit großer Ruhe und Strahlkraft von der Soloposaune geblasene "Tuba mirum".
Bei so viel Kraft musste sich das Solistenquartett, das im Requiem eher eine Nebenrolle spielt, seinen Platz erst erobern. Aber es schaffte das ausgezeichnet. Die wunderbaren Quartette mit oder gegen den Chor - oder auch alleine - wurden zu Höhepunkten der Individualisierung wie im "Benedictus qui venit" mit seinem fugierten Einsatz. Die vier Stimmen passten wirklich gut zusammen.
Und bei so viel Expressivität merkte man letztlich auch einmal deutlich, welche Teile Mozart nicht mehr selbst vollenden konnte.
 
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