Bad Kissingen
Ein Jahr Mindestlohn: Positive Bilanz für Bad Kissingen
Mit der Einführung des Mindestlohns regte sich vor allem in der Gastronomie und bei den Taxifahrern Widerstand. Wie sieht es heute aus?
Zwei Mal stand der Zoll schon vor der Autotür von Ullrich Beck. Zwei Mal, seit im Januar vergangenen Jahres der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro eingeführt wurde. Und zwei Mal hatte er bei Ullrich Beck nichts zu beanstanden.
Ullrich Beck ist Taxiunternehmer in Bad Kissingen, fünf Fahrer hat er angestellt, seit der Einführung des Mindestlohns musste er niemanden entlassen, ein Freund der Regelung ist er dennoch nicht geworden. "Eine immense Schreibarbeit" sei da auf ihn zugekommen - Jeder seiner Fahrer muss nun einen Stundenzettel mitführen, den er abzeichnen muss, die ganzen Dienstpläne mussten neu geschrieben werden.
Und auch wenn er selbst niemanden entlassen musste, haben andere Unternehmen ihr Angebot eingeschränkt: "Ich bin der einzige, der nachts noch dasteht", sagt Beck. Möglich ist das nur, weil er die Nachtschichten mit Kurierdiensten verbinden kann. Was ihn besonders ärgert, sind die Zoll-Kontrollen. Ein wenig ruppig, könnte man seine Ausführungen umschreiben: "Man wird behandelt wie ein Schwerverbrecher." Die Zollbeamten schreiben die Tachostände auf, kontrollieren Stundenzettel und Konzession.
Mit der Einführung des Mindestlohns sollen 1600 Stellen in der Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) sukzessive neu geschaffen werden.
Im ersten Halbjahr 2015, das ging aus einem Bericht des Tagesspiegel hervor, wurden in 146 Fällen Ermittlungen wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen den gesetzlichen Mindestlohn eingeleitet. Kontrolliert wurde vor allem im Bau- und Gaststättengewerbe. Die meisten Kontrollen fanden in Bayern statt (5381), in 20 Fällen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zum Vergleich: in Baden-Württemberg wurden 31 Verfahren aus 2706 Kontrollen eingeleitet.
Ibo Ocak, bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten für Unterfranken zuständig, sagt: "Der Mindestlohn hat den Beschäftigten gut getan", und: "Er hat der Wirtschaft nicht geschadet." Eine positive Bilanz also, die auch für den Landkreis Bad Kissingen gilt: Anders als im Vorfeld oftmals proklamiert, ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Hotel und Gaststättengewerbe nicht gesunken, sondern gestiegen; um 4,5 Prozent auf 1600 im Juni 2015 imVergleich zum Vorjahr. Im gleichen Zeitraum ist auch die Zahl der Aufstocker zurückgegangen (43 Personen weniger bezogen im Juni 2015 zu ihrem Hauptjob Hartz IV). Zu erklären ist diese Tendenz nicht zuletzt damit, dass oft aus Mini-Jobs reguläre Stellen wurden.
Heinz Stempfle, Kreisvorsitzender des Hotel und Gaststättengewerbes (Dehoga) sagt: "Die Befürchtungen im Vorfeld haben sich nicht erfüllt." Weder habe man zusätzliches Personal einstellen müssen für den bürokratischen Aufwand, wie das Ausfüllen der Stundenzettel, noch haben Mitarbeiter entlassen werden müssen, wegen steigender Personalkosten. Es ist, sagt er, um dieses Thema sehr ruhig geworden. Nicht ganz so positiv fällt die Bilanz von Emmanuel Papadopoulos von Emmanuel's Restaurant in der Grabengasse aus. "Gerade für uns kleine ist es sehr viel mehr Aufwand", sagt er und fragt: "Für was?" Er habe bereits vorher einen Stundenlohn von 8,50 Euro bezahlt. Jetzt, da jede Stunde aufgeschrieben wird, müsse er ständig den Leuten hinterherrennen, damit die Zettel unterschrieben werden. Bei einer Hochzeit in zwei Schichten arbeiten? Für kleine Betriebe oft nur schwer möglich.
Zwölf Jahre hat es gedauert, bis in Deutschland der flächendeckende Mindestlohn eingeführt worden ist. Über eine Erhöhung wird frühestens 2017 beraten. "Unser Ziel ist es, ihn möglichst rasch in einem ersten Schritt auf zehn Euro anzuheben", sagt Ibo Ocak. Eigentlich immer noch zu wenig.
Denn: Um eine monatliche Rente von mindestens 769 Euro zu bekommen - das entspricht der Grundsicherung im Alter - müsste ein Arbeitnehmer mindestens auf einen Stundenlohn von 11,50 Euro kommen. Die Höhe des Mindestlohns soll sich an der Tarifentwicklung orientieren. Er könnte also theoretisch, beispielsweise in einer Wirtschaftskrise, auch sinken.
Ullrich Beck ist Taxiunternehmer in Bad Kissingen, fünf Fahrer hat er angestellt, seit der Einführung des Mindestlohns musste er niemanden entlassen, ein Freund der Regelung ist er dennoch nicht geworden. "Eine immense Schreibarbeit" sei da auf ihn zugekommen - Jeder seiner Fahrer muss nun einen Stundenzettel mitführen, den er abzeichnen muss, die ganzen Dienstpläne mussten neu geschrieben werden.
Und auch wenn er selbst niemanden entlassen musste, haben andere Unternehmen ihr Angebot eingeschränkt: "Ich bin der einzige, der nachts noch dasteht", sagt Beck. Möglich ist das nur, weil er die Nachtschichten mit Kurierdiensten verbinden kann. Was ihn besonders ärgert, sind die Zoll-Kontrollen. Ein wenig ruppig, könnte man seine Ausführungen umschreiben: "Man wird behandelt wie ein Schwerverbrecher." Die Zollbeamten schreiben die Tachostände auf, kontrollieren Stundenzettel und Konzession.
Kaum Verstöße
Mit der Einführung des Mindestlohns sollen 1600 Stellen in der Abteilung Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) sukzessive neu geschaffen werden.
Im ersten Halbjahr 2015, das ging aus einem Bericht des Tagesspiegel hervor, wurden in 146 Fällen Ermittlungen wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen den gesetzlichen Mindestlohn eingeleitet. Kontrolliert wurde vor allem im Bau- und Gaststättengewerbe. Die meisten Kontrollen fanden in Bayern statt (5381), in 20 Fällen wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Zum Vergleich: in Baden-Württemberg wurden 31 Verfahren aus 2706 Kontrollen eingeleitet.
Ibo Ocak, bei der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten für Unterfranken zuständig, sagt: "Der Mindestlohn hat den Beschäftigten gut getan", und: "Er hat der Wirtschaft nicht geschadet." Eine positive Bilanz also, die auch für den Landkreis Bad Kissingen gilt: Anders als im Vorfeld oftmals proklamiert, ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Hotel und Gaststättengewerbe nicht gesunken, sondern gestiegen; um 4,5 Prozent auf 1600 im Juni 2015 imVergleich zum Vorjahr. Im gleichen Zeitraum ist auch die Zahl der Aufstocker zurückgegangen (43 Personen weniger bezogen im Juni 2015 zu ihrem Hauptjob Hartz IV). Zu erklären ist diese Tendenz nicht zuletzt damit, dass oft aus Mini-Jobs reguläre Stellen wurden.
Heinz Stempfle, Kreisvorsitzender des Hotel und Gaststättengewerbes (Dehoga) sagt: "Die Befürchtungen im Vorfeld haben sich nicht erfüllt." Weder habe man zusätzliches Personal einstellen müssen für den bürokratischen Aufwand, wie das Ausfüllen der Stundenzettel, noch haben Mitarbeiter entlassen werden müssen, wegen steigender Personalkosten. Es ist, sagt er, um dieses Thema sehr ruhig geworden. Nicht ganz so positiv fällt die Bilanz von Emmanuel Papadopoulos von Emmanuel's Restaurant in der Grabengasse aus. "Gerade für uns kleine ist es sehr viel mehr Aufwand", sagt er und fragt: "Für was?" Er habe bereits vorher einen Stundenlohn von 8,50 Euro bezahlt. Jetzt, da jede Stunde aufgeschrieben wird, müsse er ständig den Leuten hinterherrennen, damit die Zettel unterschrieben werden. Bei einer Hochzeit in zwei Schichten arbeiten? Für kleine Betriebe oft nur schwer möglich.
An Tarifentwicklung orientiert
Zwölf Jahre hat es gedauert, bis in Deutschland der flächendeckende Mindestlohn eingeführt worden ist. Über eine Erhöhung wird frühestens 2017 beraten. "Unser Ziel ist es, ihn möglichst rasch in einem ersten Schritt auf zehn Euro anzuheben", sagt Ibo Ocak. Eigentlich immer noch zu wenig.
Denn: Um eine monatliche Rente von mindestens 769 Euro zu bekommen - das entspricht der Grundsicherung im Alter - müsste ein Arbeitnehmer mindestens auf einen Stundenlohn von 11,50 Euro kommen. Die Höhe des Mindestlohns soll sich an der Tarifentwicklung orientieren. Er könnte also theoretisch, beispielsweise in einer Wirtschaftskrise, auch sinken.Themen & Autoren / Autorinnen