Als Robbie O'Sullivan noch in Dublin Deutsch und Erdkunde studierte, ahnte er nichts von der unterfränkischen Kurstadt Bad Kissingen. Und nachdem das Okay des Bayerischen Kultusministeriums für ein Stipendium als Fremdsprachenassistent da war, „musste ik erst einmal googeln“, erinnert sich der 24-Jährige. Mittlerweile ist er seit neun Monaten da und sagt mit bestem irischen Akzent: „Es is, als wär' ik schon immer here.“
Nun ist Bad Kissingen nicht unbedingt der Nabel der Welt, erst recht nicht für einen agilen Zeitgenossen, wie Robbie es ist. Anyway, es hat eine Menge Vorzüge, etwa gegenüber seiner Heimatstadt Dublin. „Fasching here is cool, ik war eine Kuh und ein Polizist“, plaudert Robbie munter, und auch der Weihnachtsmarkt hatte es ihm angetan. Und was es in Dublin, aber nicht in Kissingen gibt, kann man ja einführen, meint der 24-Jährige. Deshalb hat er auch zusammen mit seinen kickenden Freunden beim FC 06 den St. Patricks-Tag am 17. März ordentlich gefeiert.
Überhaupt: Fußball. Das ist Robbies große Leidenschaft. Er sieht ein bisschen wie Wayne Rooney, ein bisschen wie Roy Keane in jüngeren Jahren aus, und beim FC in Kissingen wollen sie ihn auch zu gerne halten. In der ersten Mannschaft spielt er als Innenverteidiger, außerdem fungiert er als Assistenzcoach der U7 und der U9. Selbst ist er Fan vom St.Patrick's Athletic FC, wie gleich mal sein Outfit beweist, und glühender Anhänger der irischen Nationalmannschaft. Zuletzt war er mit Landsleuten 16 Tage mit dem Wohnmobil in Polen und der Ukraine als EM-Tourist unterwegs.
Und natürlich hat er trotz der krachenden Niederlage der Iren gegen die Spanier nach dem Schlusspfiff noch eine Stunde lang im Danziger Stadion die schon legendäre Hymne Fields of Athenry gesungen, im Pulk mit 23 000 anderen patriotischen Iren. Irgendwann am Morgen danach war in Danziger Kneipen kein einziges Guinness mehr zu bekommen. Robbie grinst breit, während er das erzählt.
Ein weiteres Jahr
Wenn er nicht gerade Fußball spielt oder als Fan auf Achse ist, dann unterrichtet der 24-Jährige Kissinger Pennäler. Das hat er im nun zu Ende gehenden Schuljahr am Gymnasium und an der Realschule getan: „Hat super Spaß gemacht.“ Und weil es Robbie in Kissingen so gut gefällt, hat er die höchstministerielle Genehmigung bekommen, ein weiteres Jahr bleiben zu dürfen und im neuen Schuljahr an der Hauptschule zu unterrichten. In seinem Anliegen unterstützt haben ihn Sozialreferent David Rybak und Stadtrat Rüdiger Fehr.
„Kissingen hat freundliche Leute, die Kneipen sind billiger als in Dublin und the Bier is besser“, zählt Robbie auf. Und, man höre und staune, es aus dem Mund eines 24-Jährigen zu vernehmen: „Here is es ruhiger. Dublin is laut und hat viel Verkehr.“ Einzig das Meer fehle ihm ein wenig, räumte er ein, denn seine Familie zu Hause wohnt gerade mal fünf Minuten von der Küste entfernt. Aber: „Es gibt here ja die Saale.“
Und dann spricht er noch ein besonderes linguistisches Lob aus: „Die Franken kann man gut verstehen.“ Er hat sogar gelernt, was es bedeute, wenn jemand sagt: Es ist Wurscht. Da hält er jetzt nicht mehr verwirrt nach Würstchen Ausschau wie anfangs. Mit leidgeprüfter Miene denkt er stattdessen an sein Studienjahr bei den baden-württembergischen Nachbarn zurück: „In Konstanz sprechen sie unmöglick, da hab ik kein Word verstanden.“
Was die Zukunft angeht: Robbie hat da noch keinen Plan. Er ist ein Typ, der die Dinge erst einmal auf sich zukommen lassen will. Und, well, noch etwas hat er ausfindig gemacht, was es zwar in Dublin zuhauf, nicht aber in Bad Kissingen gibt. „Yeah, vielleicht bleib ik here und mach ein Irish Pub auf.“