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Bad Kissingen
Ein bisschen Glück gehört dazu
Waltrude Halboth aus Münnerstadt und Philipp Schäfer aus Bad Kissingen haben beide eine der Kleindarstellerrollen im Musical "My Fair Lady" ergattert. Wie es ist, neben Profis auf der Bühne zu stehen.
Philipp Schäfer und Waltrude Halboth in einer der Auftrittspausen       -  Philipp Schäfer und Waltrude Halboth in einer der Auftrittspausen
Foto: Martina Wilm-Kiesel | Philipp Schäfer und Waltrude Halboth in einer der Auftrittspausen
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 05.10.2022 03:37 Uhr

"Mit 'nem kleenen Stückchen Glück" sorgt im Musical " My Fair Lady " der Müllmann Alfred P. Doolittle, auf der Bad Kissinger Festival-Bühne eine Paraderolle für Schauspieler Frank Damerius, allabendlich für Szenenapplaus. Doch nicht nur etwas Glück, sondern auch Talent in Schauspiel und Tanz sowie Begeisterung für die Bühnenarbeit erwartete Regisseur Peter Radestock von den Kandidaten aus dem Landkreis, die sich nach dem Aufruf in dieser Zeitung bei ihm als Kleindarsteller für die noch bis 3. September laufende Inszenierung beworben hatten. Am Ende schafften es zwei Männer und neun Frauen im Alter zwischen 18 und 70 Jahren auf die Bühne, zu denen auch Waltrude Halboth (65) aus Münnerstadt und Philipp Schäfer (19) aus Bad Kissingen gehören.

Mehrmals Kostümwechsel

Viermal muss Philipp Schäfer wie alle anderen Kleindarsteller während einer Aufführung in drei verschiedene Kostüme schlüpfen. Für Ruhepausen hinter der Bühne ist kaum Zeit. "Besonders schwer haben es die Damen, die ja immer wieder rollengerecht neu frisiert werden müssen", hat der 19-Jährige beobachtet. Dazu kommt noch die Anspannung, nicht den nächsten Einsatz zu verpassen, sei es die Anfangsszene auf dem Blumenmarkt, beim Pferderennen in Ascot, beim Diplomatenball oder wieder auf dem Blumenmarkt am Schluss des 1956 in New York uraufgeführten Musicals . Halboth: "Wir müssen auf unsere Requisiten achten und haben immer ein Ohr auf der Bühne."

Erste Erfahrungen als Schauspieler konnte Abiturient Schäfer zwar fünf Jahre lang in der Theater-AG sammeln, aber auf der Bühne gesungen hatte er noch nie. "Mal schauen, was dabei rauskommt", dachte er sich bei Abgabe seiner Bewerbung. Doch sein Probeauftritt gefiel Regisseur Radestock. Schäfers Bühnenkollegin Waltrude Halboth konnte schon mehr vorweisen, schließlich ist sie durch ihren Urgroßvater "erblich vorbelastet": Dionys Hanshans war einst nicht nur Münnerstadts richtiger Bürgermeister, sondern spielte genau diese Rolle sogar in den ersten Aufführungen des Münnerstädter Heimatspiels. Urenkelin Halboth, die längst in Freiburg (Breisgau) wohnt, aber in Münnerstadt noch ihren Zweitwohnsitz hat, begann ihre Schauspielkarriere ebenfalls im Schultheater, machte dann im Studentenkabarett weiter und ist seit Jahren aktive Sängerin im Freiburger Orso-Chor. Dies verhalf ihr vor fünf Jahren zur Mitwirkung im Musical "Der Glöckner von Notre Dame" im Berliner Theater des Westens .

Nach ihrem ersten Treffen im April hatten die Kissinger Kleindarsteller im Mai ihre erste Chorprobe unter Leitung von Hermann Freibott . Später kamen noch Tanzproben hinzu, alle zwei Wochen im Wechsel. Sieben Tage vor der Premiere wurde es ab 3. August ernst: "Zwei Proben pro Tag bei dieser Hitze - das war ganz schön sportlich", erinnert sich Halboth an die Anstrengung. Vor der Premiere am 10. August war das Lampenfieber groß, doch beide wussten es professionell zu meistern. "Im Schultheater hatte ich gelernt, damit umzugehen", erklärt Schäfer. Auch den einen Satz, den er neben Gesang und Tanz zu sprechen hat, hat er in keiner Aufführung vergessen.

Im Gegenteil: Als einmal eine Kollegin ihren Satz vergaß, überspielte er diesen Patzer mit dem eigenen Satz und rettete damit professionell den Aufführungsfortgang. Das brachte ihm hinter der Bühne das Lob aller Berufsschauspieler ein. "In der Gruppe ist das Lampenfieber leichter zu ertragen", hat auch Halboth gespürt. "Die Komplexität des jeweiligen Auftritts ist allerdings eine Herausforderung: Wir müssen singen, tanzen und uns auf der Bühne richtig bewegen, die Bühne gut ausfüllen."

Noch mal engagiert

Beruhigend wirkt sich auch die Harmonie zwischen Schauspielern und Amateuren aus. Halboth: "Wir wurden von den Profis total nett aufgenommen. Alle waren gleich per Du." Dies war schon beim ersten Treffen mit den beiden Hauptdarstellern Christin Deuker (Eliza Doolittle) und Frank Damerius (Elizas Vater Alfred P. Doolittle) bei einer Chorprobe zu spüren und scheint sich sogar auf der Bühne zu offenbaren. Schäfer: "In der ersten Szene bietet mir Frank Damerius als Vater Doolittle seinen Flachmann an, in der Schlussszene tröste ich ihn vor seiner Trauung mit einem Schluck."

Das Talent und die Arbeitsfreude der Kissinger Kleindarsteller scheinen den Festival-Machern so gefallen zu haben, dass man sie alle im kommenden August zur Operette "Im weißen Rössl" mit der Comödie Fürth wieder auf die Bühne im Luitpoldbad holen will.

Waltrude Halboth hätte Spaß daran und ist als Rentnerin nicht abgeneigt, wieder für mehrere Wochen aus Freiburg nach Münnerstadt zu kommen. Philipp Schäfer wird wohl nicht mitwirken können: Im Oktober beginnt er in Hamburg ein duales Studium in Tourismus-Management. Wenn er also nicht in der Hochschule paukt, muss er im Golfhotel arbeiten.

Nochmals zu sehen ist das Stück an folgenen Tagen: Freitag, 26., Samstag, 27., und Sonntag, 28. August, sowie Freitag, 2. September, und Samstag, 3. September, jeweils 19.30 Uhr, Bad Kissingen , Luitpoldbad (Innenhof).

 
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