Das deutsch-deutsche Zusammenleben hat den Würzburger Journalisten Eberhard Schellenberger privat und als BR-Reporter ein ganzes Leben lang begleitet und wurde zu seinem journalistischen „Lebensthema“.
Im Herbst hat er das Buch „Deckname Antenne“ herausgebracht, das Einblicke in seine umfangreiche Stasi-Akte gewährt. Bei Lesungen stellt er das Buch vor, am Donnerstag, 23. Februar, kommt er in die Hammelburger Stadtbibliothek .
Bereits die 17. Station der Lesereise
Hammelburg sei bereits die 17. Station seiner Lesereise, die ihn bis nach Freising und Ingolstadt führte. „Ich bin total überrascht über das große Interesse, gerade auch aus der jüngeren Generation“, berichtet Schellenberger, der von 1978 bis 2020 als Journalist für den Bayerischen Rundfunk unterwegs war.
Neben Buchhandlungen und Büchereien zählten auch Schulen wie in Münnerstadt oder Schweinfurt zu den bisherigen Stationen. „Die jungen Leute waren so aufmerksam, für die klingt das ja wie aus einer anderen Welt.“
Bereits 1983 habe er privat als BR-Jungjournalist eine Brieffreundschaft in die DDR begonnen – und kam ins Visier der Staatssicherheit. Schon bei seiner ersten privaten Einreise in die DDR habe die Stasi eine Akte von am Ende 400 Seiten über ihn angelegt, erzählt Schellenberger.
Nach dem Mauerfall tauchten zwei Akten der Staatssicherheit über Schellenberger auf. Die Akte „ Journalist “ in Cottbus zu den privaten Reisen und die Akte „Antenne“ in Würzburgs Partnerstadt Suhl.
„Wie ein Staatsfeind“ behandelt
„Auf 400 Seiten fanden sich neben fast schon Skurrilem auch Nichtigkeiten und Belangloses, aber auch viel Perfides“, berichtet Schellenberger. Er sei in der DDR „wie ein Staatsfeind“ behandelt worden. Die Stasi hörte Telefonate von ihm zwischen Suhl und Würzburg ab und dokumentierte sie ebenso wie mitgeschnittene Radiosendungen.
Bei Besuchen in Suhl wurde Schellenberger lückenlos überwacht, es entstanden minutengenaue Protokolle, die im Buch dokumentiert werden. „Ich habe dieses Buch auch für die inzwischen nachgewachsene Generation geschrieben, denn auf diese wirken diese Geschichten und Erlebnisse aus der Mitte Deutschlands völlig unwirklich und unbegreiflich“, sagt Schellenberger.
Hammelburg kommt im Buch vor
Zur Lesung gibt es begleitend eine Präsentation von Bildern, Ausschnitten von Stasiakten und Originaltöne aus dem BR-Archiv. „Aus dem Raum Hammelburg gab es zahlreiche Nachfragen, ob ich auch hier aus meinem Buch lesen kann“, berichtet der 65-Jährige.
Das passe, weil Hammelburg im Buch vorkomme: Dokumentiert werde auch die Zeit von Wende, Mauerfall und Wiedervereinigung. „Ich werde in Hammelburg auch die Geschichte des Ostberliner Kantinenwirts Gerhard Meyer erzählen, der als erster Flüchtling am 11. September 1989 nach Öffnung der ungarischen Grenze mit seinem Sportwagen als Flüchtling an der Hammelburger Kaserne ankam“, kündigt Schellenberger an.
Gerhard Meyer ging als der „schnelle Meyer“ in die Geschichte ein, weil er keinen Trabi oder Wartburg fuhr, sondern einen flotten Wagen und deshalb schneller vorankam. Schellenberger: „Ich habe früh im Fernsehen gehört, dass Gerhard Meyer an der Grenze bei Passau erzählte, er solle jetzt in die Kaserne nach Hammelburg weiterfahren.“
Als der BR-Reporter am späten Vormittag nach Hammelburg kam, war Gerhard Meyer mit seiner Familie schon da und seine Ehefrau Nicole berlinerte ins BR- Mikrofon: „Den hat’s nach der Freiheit jezogen.“
Mehrfach mit der Mainfrankentour in der Stadt
Eberhard Schellenberger freut sich auf die Lesung in Hammelburg . In seinem 42-jährigen Berufsleben beim BR habe es immer wieder Berührungspunkte mit der Stadt gegeben und er habe gerade hinsichtlich der Gastfreundschaft sehr gute Erinnerungen.
Gleich dreimal war die Mainfrankentour des Würzburger BR-Studios in Hammelburg : „Wir waren auf dem Marktplatz, wir waren im Weingut Lange auf Schloss Saaleck und wir waren zuletzt im Rahmen unserer Jahreszeitentour mit der Frühlingsausgabe mit über tausend Menschen bei der Gärtnerei Schlereth.“
Dazu kamen Livesendungen aus der Bayerischen Musikakademie. „ Hammelburg war für mich immer ein gutes Pflaster, nette Menschen und gute Stimmung.“
Umgekehrt freut sich Karin Wengerter, Leiterin der Stadtbibliothek Hammelburg , auf Einblicke in die jüngere deutsche Geschichte. „Das wird sehr interessant“, ist sie sich sicher.