Wegen des Besitzes von Rauschgift in nicht geringen Mengen musste sich ein Landkreis-Bewohner vor dem Bad Kissinger Schöffengericht verantworten. Nach dreistündiger Verhandlung verurteilte das Gericht den 39-Jährigen zu einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung zuzüglich weiterer Auflagen.
Streit mit Vermieter
Aufgeflogen ist der Angeklagte durch Zufall. Während einer Streiterei mit seinem Vermieter wegen offener Rechnungen hatte der 39-Jährige auf diesen einen Schuss aus seiner Schreckschusspistole abgegeben. Die vom Vermieter herbeigerufene Polizei fand bei der folgenden Hausdurchsuchung in dem zu einer Hanfplantage umgenutzten Kinderzimmer 41 Cannabis-Pflanzen unterschiedlicher Größen, dazu Plastiktüten mit bereits getrocknetem Marihuana und Utensilien zur Drogenaufbereitung.
Der Angeklagte war vor Gericht uneingeschränkt geständig. Er begründete den Cannabis-Anbau "für die nächsten eineinhalb Jahre" allerdings mit Eigenbedarf. Seit seinem 13. Lebensjahr leide er wegen körperlicher Schäden an dauerhaften Schmerzen. Frühere Versuche, diese mit Arzneien zu bekämpfen, seien fehlgeschlagen. Da er als Jugendlicher Erfahrungen mit Marihuana gemacht hatte, habe er sich mit dem Eigenanbau und geringem Konsum von täglich drei bis fünf Gramm selbst helfen wollen. "Ich will nicht sagen, dass sich keine Sucht entwickelt hätte, aber ich habe sie verantwortungsvoll unter Kontrolle gehalten." Nachdem er im September 2017 aufgeflogen war, hatte sich der Angeklagte wieder in ärztliche Behandlung begeben und konnte dem Gericht medizinische Gutachten, eine Krankschreibung sowie eine Einweisung ins Krankenhaus zur Durchführung einer Schmerztherapie vorlegen. Seine Offenheit brachte dem Angeklagten vor Gericht spürbar Sympathien ein. Doch die 18 Einträge seit 1996 im Bundeszentralregister belasteten ihn schwer. "Von bisher sechs Bewährungen wurden fünf widerrufen", gab der Staatsanwalt dem 39-Jährigen zu denken. "Warum sollte es ausgerechnet diesmal klappen?" Eine Besserung seiner Lebenssituation mit Kontrolle durch seine Lebenspartnerin, die neue Festanstellung, die ärztliche Begleitung und sein Vorsatz, "nicht mehr zurück in den Knast" zu wollen, argumentierte der Angeklagte , worauf der Richter anmerkte: "Ich habe den Eindruck, Ihr Problembewusstsein ist größer geworden, aber so richtig groß ist es noch nicht."
Im Plädoyer forderte der Staatsanwalt wegen unerlaubten Drogenbesitzes in schwerem Fall eine Strafe von einem Jahr und zehn Monaten zur Bewährung auf fünf Jahre sowie bestimmte Auflagen, merkte zur Bewährung aber an: "Ich tue mich echt schwer damit und weiß nicht, ob es funktioniert."
Der Verteidiger hielt dagegen, der Angeklagte sei uneingeschränkt geständig gewesen und habe zu keinem Zeitpunkt zu taktieren versucht. Er nannte Gründe, weshalb dies ein minder schwerer Fall sei, für den sieben Monate ausreichen sollten. Mit begleitenden, allerdings minder schweren Auflagen zeigte sich der Verteidiger einverstanden.
Nach längerer Beratung verkündete das Schöffengericht sein Urteil von einem Jahr und acht Monaten mit Bewährung auf vier Jahre, davon zwei unter Aufsicht eines Bewährungshelfers. Dazu kommt ein Jahr absoluten Drogenverbots. Auf Anweisung des Bewährungshelfers habe der Angeklagte in erstem Jahr vier Drogenberatungstermine wahrzunehmen und Drogenscreenings vornehmen zu lassen. Zusätzlich hat der Verurteilte 2000 Euro in monatlichen Raten zu 100 Euro an die Bad Kissinger Drogenhilfe Kidro zu zahlen sowie die Kosten des Gerichtsverfahrens zu tragen.
Zur Begründung verwies der Richter auf die Tatsache, dass die Überschreitung des erlaubten Drogen-Grenzwertes um das 1,73-Fache dies zu einem schweren Fall und "Verbrechenstatbestand" gemacht habe. "Wir konnten uns nicht durchringen, einen minder schweren Fall anzunehmen. Ihre 18 Eintragungen, davon einige einschlägig, sind schon ein Wort". Auch das Gericht habe sich mit der Strafaussetzung zur Bewährung schwer getan, so der Vorsitzende weiter, weshalb das Urteil um Auflagen zur Stabilisierung der Persönlichkeit des Angeklagten ergänzt worden sei.