Durch den Klimawandel wird Unterfranken heißer werden. Einer Zeitrecherche zu den Durchschnittstemperaturen vom diesjährigen Sommer im Vergleich zu 1961 bis 1990 zufolge zeigt sich, dass sich diese im Weingebiet des Landkreises bereits um rund 2,5 Grad erhöht haben. Zum anderen verändert sich die Wasserversorgung. Heißt für die Winzer in der Region, dass sie sich mit ihren Sorten an die klimatischen Bedingungen anpassen müssen.
Einige haben bereits damit angefangen, Weinsorten anzupflanzen, die eher im Süden zu finden sind: So gibt es im Hammelburger Weingut Ruppert seit 2008 die Sorte Sauvignon Blanc, die hier auch sehr gut zurechtkomme, wie Stefan Ruppert berichtet. Von der Sorte Merlot gab es in diesem Jahr den zweiten Ertrag, auch das funktioniere gut. „Beim Cabernet müssen wir noch abwarten, ob sich das etabliert“, so Ruppert.
Beim Weingut Müller in Hammelburg wächst derzeit ebenfalls Sauvignon Blanc. „Das ist eine gute Alternative zu Baccus geworden“, sagt Florian Müller dazu.
Umstellung bringt lange Verpflichtung
Zum einen bringt eine Umstellung immer eine gewisse Verpflichtung mit sich, weil Weinstöcke 30 bis 40 Jahre stehen, bis neue gepflanzt werden. Zum anderen aber weiß Ruppert, dass es klimatisch in die Richtung gehen wird, dass die südlicheren Sorten hier gedeihen können. Dass typisch Fränkische Weinsorten wie Silvaner, Müller-Thurgau oder Bacchus bald von hier verschwinden, das glaubt er nicht. „Es gibt noch genug Ecken, wo die fränkischen Weine sich wohlfühlen“, so Ruppert.
Thomas Lange vom Weingut Lange Schloss Saaleck antwortet auf die Frage nach dem Klimawandel, dass nicht nur neue Sorten interessanter werden, sondern auch eine andere Anbauweise in den Fokus rücken müsse.
Wasser ist ein Problem
So ist etwa das Wasser ein Problem, dessen Mangel sich in Flüssen oder dem Grundwasser in den vergangenen Jahren auch hier zeigte. „Wird eine junge Weinrebe regelmäßig von oben gegossen, beginnt sie nicht, tiefer zu wurzeln“, erklärt er. Daher sieht er das Bewässern problematisch: Zu Beginn zu wässern führe zwar dazu, dass die Rebe in den Anfangsjahren gut versorgt ist, führt aber auch dazu, dass sie kaum lernt, sich selbst zu versorgen.
Veränderungen nötig
Was sich ebenfalls ändern müsse, so Lange: Die sogenannte Laubwand muss kleiner werden, also die Höhe der Blätter vom Beginn bis zur Spitze. „Eine Laubwand von 120 Zentimetern hat eine größere Verdunstung als eine mit nur 80 Zentimetern“, erklärt Lange. „Meiner Meinung nach müssen wir weg von den hohen Laubwänden, teilweise wird das auch schon gemacht.“ Jedoch sei die Laubwand wichtig, dass Zucker in die Trauben gelange. Doch er weiß aus Versuchen, dass das trotzdem klappen kann.
Mehr Begrünung zwischen den Reben
Eine weitere denkbare Veränderung mit Vorbild aus Frankreich sei, die Stöcke näher aneinander zu setzen und weniger Trauben entstehen zu lassen, sodass eine Pflanze sich um weniger Trauben kümmern muss. Das würde zwar zu Beginn mehr Investitionen bedeuten, zahle sich aber durch eine bessere Qualität aus. Was den Boden betrifft, sagt er: Es braucht mehr Begrünung zwischen den Reben. „Wenn die Sonne auf den Boden scheint, habe ich ohne Begrünung mehr Verdunstung.“ Auch mache es Sinn, den Boden weniger zu bewirtschaften, um etwa mehr Humusbildung zu erreichen oder um zu verhindern, dass der Regen die Bodenschicht abträgt.
Lange betont im Gespräch: „Wir machen so einen guten Job, wir Winzer aus Franken. Wir sind sehr vielfältig. Aber wir werden nicht drum herumkommen, uns an die Veränderungen anzupassen.“
Start der Weinlese früher
In diesem Jahr begann die Weinlese im Vergleich zum Durchschnitt etwas früher: Der warme Mai und Juni sowie der ausreichende Niederschlag im Juli und August führten dazu, dass die Trauben etwas früher reif waren, wie Stefan Ruppert vom Hammelburger Weingut Ruppert (12,7 Hektar) erklärt. Der Bio-Winzer beschreibt den Ertrag in Bezug auf Qualität und Menge heuer als ein „gutes Durchschnittsjahr“.
Ähnliches sagt auch Florian Müller vom Hammelburger Weingut Müller (12 Hektar). Bei ihnen habe die Lese wie im vergangenen Jahr am 9. September und damit etwas früher begonnen, aber sie werde früher als 2022 abgeschlossen sein. Das hat den Hintergrund, dass in diesem Jahr schon vor dem offiziellen Start einige Reben gelesen werden mussten. „Bei den frühen Sorten hatten wir mit Essigfäulnis zu kämpfen. Wegen der Hitze und dem Regen gegen Ende habe es teilweise Verletzungen an den Beeren gegeben, sodass manche Sorten schnell geerntet werden mussten.“
Qualität der Lese gut
Aber der Bio-Winzer sagt auch, dass die Entwicklung in Allgemeinen wegen des warmen Sommers und ausreichenden Regens gut war, die Qualität der Lese sei gut bis sehr gut gewesen. „Wir ernten alles im mittleren Qualitätsbereich, rund 83 bis 84 Grad Oechsle.“ Grad Oechsle ist der Wert für die im Traubenmost gelösten Stoffe (meist Zucker).
Auch Thomas Lange vom Hammelburger Weingut Lange (18,5 Hektar) ist zufrieden. Am Tag des Gesprächs läuft bei ihm die Ernte noch. „Es läuft gut, die Qualität passt“, sagt der Winzer, der ebenfalls biologisch anbaut. Er betont jedoch den vielen Regen , der zwar gut und wichtig ist, aber wegen dem man auch aufpassen müsse, dass die Früchte nicht faul werden. „Wir mussten bereits eine selektive Lese machen“, berichtet Lange. Doch er ist sicher: „Es gibt wieder tollen Wein dieses Jahr.“
Ein Drittel der Ernte verloren
Lorenz Neder vom Ramsthaler Weingut Neder (12 Hektar) erklärt, dass der viele Niederschlag im Juli und August die Trauben anfälliger für Pilzerkrankungen machte und daher eine frühere Ernte angebracht war. Doch um Ramsthal und Wirmsthal herum gab es noch einen wichtigeren Grund, warum die Ernte schnell über die Bühne gehen musste: „Wir hatten vergangene Woche einen Hagelschauer, der uns 30 bis 40 Prozent unserer Ernte gekostet hat.“ Denn platzen die Trauben durch den Regen auf, fühlen sich Schimmel und Fäulnisbakterien dort sehr wohl. Dann zählt jeder Tag: Die Trauben müssen geerntet werden, um nicht schlecht zu werden.
„Wir haben uns daher sehr beeilt und hatten eine Erntezeit von acht statt 20 Tagen.“ In dieser Zeit haben er und seine Team täglich 18 bis 20 Stunden am Tag geerntet, um die guten Trauben noch zu retten. Aber: „Ein paar Weinberge dauern so lange, dass wir uns entschlossen haben, die Trauben dort hängen zu lassen. Wir sehen da keine Möglichkeit, einen guten Wein draus zu machen.“ Es bringe nichts, einen Wein zu machen, der niemandem schmeckt.
Qualität ist nicht nur Zuckergehalt
Wäre der Hagel nicht gewesen, hätte Neder über die Menge nicht klagen können. Die Qualität der geernteten Trauben sei gut. „Vor allem, weil die vergangenen zwei Wochen gut waren und wir bis Ende August durchwachsenes Wetter hatten“, erklärt er. In Grad Oechsle ausgedrückt, liege die Ernte bei 85 Grad Oechsle aufwärts – ein guter Wert. Wobei der junge Winzer betont, dass allein dieser Wert, der vor allem den Zuckergehalt beschreibt, heutzutage nicht mehr das einzige Qualitätskriterium ist. Viele andere Stoffe, die in den Trauben eingelagert werden, würden ebenfalls zu einer guten Qualität beitragen.
Auch beim Weingut Baldauf aus Ramsthal (48 Hektar, etwa die Hälfte im Saaletal) hatte der Hagel Auswirkungen auf die Ernte , sodass die Hänge um Ramsthal herum zügig geerntet werden mussten. Die nahe gelegenen Flächen bei Hammelburg etwa hatten hingegen keinen Hagel abbekommen. Das bestätigen auch andere Winzer mit Feldern um die Stadt herum.
Kirschessigfliege hat gute Chancen
Doch wie beispielsweise beim Hammelburger Weingut Ruppert machte die Kirschessigfliege beim Rotwein Probleme. Feuchtwarmes Wetter wie in den vergangenen Wochen ist für den Schädling perfekt. Dann kann sie sich in rasantem Tempo verbreiten. Das zeigte sich auf dem Weingut bei Florian Müller : „Wir hatten einen Weinberg, bei dem wir das Lesen angefangen haben und nach zwei Tagen weitermachen wollten. In dieser Zeit hat sich die Fliege durch die Hitze so sehr vermehrt, dass wir da gar nicht mehr weitermachen brauchten.“
Ähnlich beschreiben viele die Situation mit Erntehelfern: Noch klappt es, einige greifen teilweise auf ausländische Saisonkräfte zurück. Doch allen ist bewusst: Die Erntehelfer, die vor allem Freunde und Verwandte sind, werden immer älter, doch kommen kaum junge Leute nach, die den harten Job gerne machen wollen.
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