Über die Rückkehr des Wolfes, seine Bedeutung und seinen Einfluss auf unsere Region hielt Dr. Michael Weiler einen Vortrag in Untererthal , dem rund 360 Interessierte lauschten. Eingeladen hatten der Jägerverein Bad Kissingen, die BJV Kreisgruppen Hammelburg und Bad Brückenau, sowie der Bayerische Bauernverband Bad Kissingen.
Sebastian Becker , Vorsitzender der Kreisgruppe Hammelburg übernahm die Begrüßung und ermutigte die Teilnehmer zu einer sich anschließenden Diskussion und Fragerunde. Er sah darin die Chance, den Interessen von Jägern und Landwirten gerecht zu werden. Es sei ein Novum und sowas hätte es auch noch nie gegeben, dass diese vier Gruppierungen gemeinsam ein solches Event auf die Beine stellen. Für den Erfolg habe auch das gelungene und veröffentlichte Interview mit dem Vortragenden vorab gesorgt.
Trillerpfeife statt Pfefferspray
Und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nutzten diese Chance. Klaus Neumann, selbst Jäger und Schäfer, fragte den Referenten, wie er seine Schafe schützen könne. Und auch Erich Kirchner aus Bad Bocklet wollte wissen: „Wie reagiere ich, wenn ich zu den Schafen komme und der Wolf ist gerade da?" In Finnland hätten die Leute immer ein scharfes Messer und Pfefferspray dabei, aber in Deutschland sei das verboten, meinte Weiler. So helfe nur verjagen und die Trillerpfeife.
Markus Schulz betreibt die Jagd in Schwärzelbach. Ihn störte besonders, dass kaum Politiker anwesend waren. Ein jeder Teilnehmer hier sei Multiplikator und könne Aufklärung betreiben, meinte Weiler dazu.
Waldbesitzer Alois Wehner störte sich daran, dass innerhalb von zwei Jahren 200 Mufflons ausgelöscht worden seien. Es werde Geld zum Fenster rausgeworfen worden, 565 Millionen Euro an Bundesmitteln seien 2023 rund um den Wolf ausgegeben worden – ist das der Wolf wert, fragte er.
Wolf seit 2007 keine bedrohte Tierart mehr
Dr. Weiler hatte in seinem Vortrag deutlich gemacht: „Die Scheu der Wölfe ist weg, sie werden das in naher Zukunft auch hier in ihrer Region feststellen.“ Zu Zeiten des Wolfes habe es keine Weidetierhaltung – wie wir sie heute kennen – gegeben. Deutschland bestehe zu mehr als 95 Prozent aus Kulturlandschaft, nur ein geringer Teil sei noch Wildnis.
Als elementar bezeichnete der Referent, dass der Wolf seit 2007 nicht mehr zu den bedrohten Tierarten zähle, allein in Deutschland lebten rund 2500 bis 3000 Wölfe . Nichtregierungsinstitutionen wie NABU oder WWF sehen in ihm ein Symbol für die Rückkehr zur Natur, aber es sei auch ein Teil ihres Geschäftsmodelles, so Weiler. Wolfspatenschaften brächten ihnen beachtliche Summen ein.
Viele Aussagen sind falsch
Als unwahr bezeichnete er so manche im Raum befindliche Aussagen, wie Wölfe springen nicht, haben Angst vor blauen Flatterbändern oder brächten keine Gefahr für den Menschen. Oder auch Wölfe würden keine Großtiere wie Pferde oder Rinder angreifen. Gezeigtes Videomaterial überzeugte hier vom Gegenteil. „Die klassische Beute für den Wolf gibt es nicht, entscheidend ist bei welcher Beute die geringste Gefahr droht“, brachte er es auf den Punkt.
Er sprach die Hoffnung aus, dass sich Gruppen, die in Kindergärten Vorträge über niedliche Wolfswelpen halten würden, sich später nicht rechtfertigen müssen. Er sprach auch Zäune und Hunde als Herdenschutzmethoden an, wobei bei der Hundehaltung noch viele juristische Fragen offen seien. Auf Almen, Deichen oder auf Heide- und Trockenrasen sei überhaupt kein Herdenschutz möglich. Allein der Wildfleischverlust liege pro Jahr bei rund 3600 Tonnen, dies führe immer öfter zu verminderter Jagdpacht oder komplettem Wegfall.
Mit einem Video, wie systematischer Herdenschutz betrieben werden könne, beendete Weiler den Vortrag : Zwei Wölfe dringen in einen mit Zaun gesicherten Bereich ein. Ein Wolf wird abgeschossen, der zweite kann fliehen und lernt aus dem Vorfall, denn Wölfe würden schnell lernen. „Die Hybridisierung des Wolfes ist für ihn eine größere Gefahr als die Bejagung“, meinte Weiler.
Aufruf zur Unterschriftenaktion
Irene Leibold, Rinderhaltung, nahm keine guten Perspektiven aus dem Vortrag mit. Das sei heute schon einmal eine Plattform mit Gewicht, man sollte doch eine Unterschriftenaktion durchführen und an die Politiker senden. Diskussionen um das Thema Wolf seien nur bis zu einem bestimmten Punkt möglich, nannte Weiler es ein hartes Geschäft. Gefragt würden Leute, sogenannte neue Experten, die vom Wolf intellektuell überflügelt würden. Bayern und Niedersachsen hätten eine gute Basis, etwas zu verändern, nur müsse der Weg Richtung Bestandsmanagement gehen.
Georg Scheuring forderte dazu auf, alle Vorfälle konsequent zu melden, die Stelle müsse mit Meldungen überhäuft werden. Nicht jeder Riss-Gutachter sei immer ganz neutral, eine Zweitprobe sei dann ein guter Beweis.
Angst um die Kinder im Wald
Albrecht Leurer, Stadtrat in Hammelburg, machte sich nach dem Vortrag Gedanken um die Kinder, die den neuen Waldkindergarten besuchen würden.
Man müsse sachlich an die ganze Sache rangehen, meinte der stellvertretende Landrat Gotthard Schlereth, die Bayerische Seite habe sich positioniert. Oft erkenne man erst bei den Umsetzungsmaßnahmen die aufkommenden Probleme.
Das Interview mit Weiler und weitere Wolfs-Berichte: