
Dominik Renninger ist der Eiserne aus Bad Kissingen. Ein Ironman . Einer, der den anspruchsvollsten und kultigsten Langdistanz-Triathlon auf diesem Planeten gemeistert hat. Auf Hawaii, diesem Sehnsuchtsort nicht nur für Urlauber . Ende Oktober war der Tag der Tage gekommen, als sich der 44-Jährige auf der Insel im Pazifik seinen Sportler-Traum erfüllte. 9:50:19. Zahlen, die sich ins Gedächtnis des Bad Kissingers eingegraben haben. Es sind „seine“ Zahlen, in denen sich die Qualen ebenso abbilden wie die unbändige Freude beim Zieleinlauf.
Am Tag der Tage klingelt der Wecker gegen drei Uhr in der Früh. Ein leichtes Frühstück mit Toast und Marmelade, dann die kurze Fahrt in die Startzone in Kailua-Kona. Es beginnt die Routine zu greifen. Ein Gang zum Fahrrad, welches seit dem Vortag in der Wechselzone steht und nun den letzten Wettkampf-Schliff bekommt. Später fehlt dafür die Zeit.
Als die Nationalhymnen gespielt werden, sind die ersten wärmenden Sonnenstrahlen auf der fast nackten Haut zu spüren. Nahezu perfekt sind die Bedingungen, als für Dominik Renninger und die anderen Altersklassen-Athleten der Wettkampf um 07.10 Uhr beginnt. Im offenen Meer. 45 Minuten nach dem Start der Profis um den späteren deutschen Sieger Patrick Lange , der sich jetzt ein Jahr Iron-Weltmeister nennen darf.
Eine Begegnung mit dem späteren Sieger Patrick Lange
Eine Stunde und 23 Sekunden benötigt der Saalestädter für die 3,86 Kilometer im Pazifik. „Da lief schon alles nach Plan“, erinnert sich Renninger, der seine Taktik auf der 180 Kilometer langen Radstrecke durch die berühmt-berüchtigten Lavafelder mit dem Wendepunkt in Hawi durchzieht, irgendwann auch Patrick Lange schon auf dessen Rückfahrt sieht.
„Ich habe nicht überzogen, weil ich den Wettkampf genießen wollte. Daher habe ich nicht auf die Wattzahl geachtet, sondern bin nach Gefühl gefahren.“ Nach 5:01:23 Stunden wartet die letzte Disziplin: der Marathon bis zum Natural Energy Lab und dem Zieleinlauf auf dem berühmten Aliʻi Drive in Kona.
Längst heizt die Sonne die Straße auf, „weshalb ich mir an jeder Verpflegungsstation Eiswürfel in ein Tuch gepackt habe. Das kostet zwar Zeit, die aber angesichts der harten Bedingungen sehr gut investiert ist“, sagt Renninger, der sich für den Kilometer eine Richt-Zeit von 4:40 Minuten vornimmt und für die 42,195 Kilometer letztlich 3:37:48 Stunden benötigen wird. Die letzten 30 Kilometer läuft der Unterfranke Seite an Seite, zufällig, mit einem Oberfranken. „Das hat uns beiden natürlich geholfen, weil kaum Publikum an der Strecke ist. Später haben wir noch Handynummern ausgetauscht.“
10.000 Kalorien hat Dominik Renninger im Wettkampf verbraucht und genießt die Fürsorge im kleinen Ziel-Sektor, wo (vernünftiges) Essen und eine Massage warten. Und die Familie. Neben der Freundin waren die Mutter, der Bruder und gute Freunde mit nach Hawaii gekommen. Schon zwei Wochen vor dem Wettkampf hatte sich der Bad Kissinger nach einer 20-stündigen Anreise in einer Appartement-Anlage am Strand einquartiert, um sich zu akklimatisieren und gezielt vorzubereiten. Später gönnte man sich noch eine Woche Urlaub auf einer Nachbarinsel.
„Trainiert habe ich in den Tagen vor dem Ironman nicht mehr viel. Aber bei einem Fun-Wettkampf im Vorfeld gab es die Möglichkeit, auf der Originalstrecke zu schwimmen, das war durchaus hilfreich. 800 Meter vor dem Strand liegt das legendäre Coffee-Boat, wo ich mir auch einige Kaffee-Becher gegönnt und dabei Delfine beobachtet habe.“

Sportlich war Dominik Renninger schon immer, spielte Eishockey, Fußball, war aktiver Leichtathlet, Schwimmer und Eisschnellläufer. „Aus einer Laune heraus habe ich im Jahr 2009 als damaliger Zeitsoldat bei der Bundeswehr in Hammelburg an einem Stunden-Triathlon teilgenommen. Später folgte ein längerer Triathlon und schon 2011 war ich beim OstseeMan erstmals auf der Langdistanz unterwegs“, erzählt der im Stadtteil Hausen lebende Renninger, der für die TG Schweinfurt startet.
Für den Ironman auf Hawaii hatte sich das Vorstandsmitglied bei der TSVgg Hausen ein Jahr zuvor in Kopenhagen qualifiziert, als der Bad Kissinger als Siebter seiner Altersklasse 40 bis 45 mit 9:15 Stunden auch eine persönliche Bestzeit aufstellte.
„Eigentlich gab es nur drei Startplätze für Hawaii in meiner Altersklasse, aber weil vor mir Platzierte verzichteten, bekam ich tatsächlich einen Startplatz. Das war gar nicht mein Ziel. Ich habe ja eigentlich Urlaub in Dänemark gemacht“, erinnert sich Renninger an den Tag nach dem Wettkampf, als man sich schnell entscheiden musste.
Beamter mit einer 40-Stundenwoche
„Die Namen der potentiellen Hawaii-Starter werden dreimal aufgerufen. Meldet sich keiner, wird der nächste aufgerufen. Als ich auf die Bühne ging, einen Aloha-Kranz bekam und meinen Personalausweis vorzeigen musste, war ich erstmal überrumpelt. Danach zahlt man gleich seine Startgebühr auf Hawaii und hat dann ein Jahr Zeit, sich intensiv mit dem Wettkampf zu beschäftigen“, lacht der 44-Jährige.
Beamter im Landratsamt ist Dominik Renninger, mit einer 40-Stundenwoche im Bauamt. Und bezeichnet sich selbst als Freizeitsportler. Dabei ist der Aufwand für den dreigeteilten Ausdauersport zumindest semi-professionell. „Gerade jetzt würde ich auch lieber öfters vorm Kachelofen sitzen, aber so läuft es nicht, wenn man ein ambitioniertes Ziel wie den Ironman auf Hawaii hat. Wenn man da nicht gut vorbereitet hinkommt, wird das ein sehr langer Wettkampftag.“
In Absprache mit seinem Trainer David Kiesel, der auch Teamkollege bei TG Schweinfurt ist, begann die Vorbereitung. „Die Kunst ist es, über eine lange Zeit die Spannung hochzuhalten“, weiß Renninger, der im Oktober 2023 mit einem Trainingspensum von zwölf bis 14 Stunden pro Woche startete, dieses ab Juli auf bis zu 20 Stunden steigerte. Eine von drei Trainingseinheiten finden im hochintensiven Bereich statt, wo die Belastung höher als im Wettkampf ist. „Um die Laktatschwelle nach oben zu bringen“, sagt Renninger zur damit erhofften Steigerung der Ausdauer.

Auf welche Disziplin der größere Fokus gelegt wird, hängt von den Jahreszeiten und den jeweiligen Trainingsmöglichkeiten ab. Geschwommen wird oft im Schweinfurter Silvana-Bad, wo die TG Schweinfurt eigene Trainingszeiten hat, die Fahrrad-Einheiten werden ebenso flexibel vorgenommen wie die Läufe in heimischer Umgebung. Seine Carbon-Schuhe trägt Renninger nur im Wettkampf.
Eine eher untergeordnete Rolle spielt die Ernährung. „Für meinen Sport braucht man viel Kalorien und Kohlenhydrate . Ich esse auch mal ein Stück Kuchen oder ein Leberkäsbrötchen. Kein Problem. Im Winter achte ich auf die Zufuhr von Magnesium und Vitamin C im Winter . Das eigentliche Gewicht ist kein Indikator, bei meiner Körpergröße ist nur wichtig, nicht unter 73 Kilogramm zu kommen, das wäre kontraproduktiv und würde mich anfälliger für Infektionen machen.“

Mit seinem Vater Albrecht hatte Dominik Renninger im Jahr 2005 vor dem TV-Bildschirm den Sieg des Münchners Faris Al-Sultan auf Hawaii gesehen. „Schon damals war mein Vater von diesem Sport fasziniert. Mit meinem Start dort hat sich für mich irgendwie ein Kreis geschlossen“, sagt der 44-Jährige. Der mag sich als Freizeitsportler sehen, aber diverse Empfänge im Sportverein und privatem Umfeld nach seiner Rückkehr aus Hawaii zeugen von der großen Wertschätzung für eine fantastische Leistung.
Neue Ziele sind schon ausgemacht. „Aktuell bereite ich mich auf den Ironman in Frankfurt Ende Juni vor. Dort kann man sich für die nächste Ironman-WM qualifizieren, die 2025 ja in Nizza stattfindet“, weiß Renninger. Die Zeit am heimischen Kachelofen bleibt auch künftig knapp.
