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Bad Kissingen
Dittmar nahm Staffelstab für Spahn entgegen
Zehn Prozent der Corona-Erkrankten behalten Langzeitschäden, doch die Reha-Plätze werden langsam knapp. Forderungen der Reha-Branche nahm Sabine Dittmar mit nach Berlin.
Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar (SPD) nahm den Staffelstab der Klinik am Kurpark von Chefarzt Dr. Andreas Willer und kaufmännischem Leiter Holger Metz entgegen.       -  Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar (SPD) nahm den Staffelstab der Klinik am Kurpark von Chefarzt Dr. Andreas Willer und kaufmännischem Leiter Holger Metz entgegen.
Foto: Sigismund von Dobschütz | Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar (SPD) nahm den Staffelstab der Klinik am Kurpark von Chefarzt Dr. Andreas Willer und kaufmännischem Leiter Holger Metz entgegen.
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 17.08.2022 07:30 Uhr

Einen Staffelstab in warnendem Rot nahm am Freitag Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar ( SPD ) vor der Reha-Klinik am Kurpark von Chefarzt Dr. Andreas Willer und dem kaufmännischen Leiter Holger Metz entgegen. Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion will diesen Stab, verbunden mit aktuellen Forderungen der deutschen Reha-Branche, in der kommenden Woche an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn ( CDU ) weitergeben. Die "Reha-Zukunftsstaffel 2021" ist eine Aktion im Rahmen der Kampagne "Die Reha braucht Dich!", die vom Spitzenverband der medizinischen Rehabilitation DEGEMED durchgeführt wird.

Mehr als 3,7 Millionen Deutsche sind seit März 2020 an Corona erkrankt. "Davon behalten etwa zehn Prozent unterschiedlichste Langzeitschäden zurück", rechnete Chefarzt Andreas Willer bei der Stabübergabe vor. Diesen Patienten muss dringend medizinisch-therapeutisch geholfen werden, wieder ins Berufsleben zurückkehren zu können. Willer und Dittmar fürchten einen Wiederanstieg der Infektionen durch die indische Delta-Variante, falls nicht durch steigendes Impftempo und Erreichen der Herden-Immunität der Wettlauf vorher geschafft ist.

Der Reha-Bedarf für Long-Covid-Patienten wird also weiter ansteigen. "Doch die Reha-Plätze werden langsam knapp", zitiert Holger Metz eine Forderung der Reha-Branche nach Ausweitung der Kapazitäten. "Wir brauchen also eine bedarfsgerechte Weiterentwicklung unserer Reha-Angebote und wir brauchen Kostenträger, die dies aktiv unterstützen!"

Schon in der Anfangsphase der Pandemie geriet die zur DRV Baden-Württemberg gehörende Klinik am Kurpark mit ihren 183 Betten unter wirtschaftlichen Druck: Im März vergangenen Jahres musste sie auf Anordnung der Bundesregierung alle planbaren Behandlungen absagen und ihre Reha-Patienten nach Hause schicken. Bis Juli sollten die Betten für mögliche Covid-19-Patienten verfügbar bleiben. Auch danach war der Betrieb erheblich eingeschränkt, da immer noch die Hälfte, später 30 Prozent der Betten freigehalten werden mussten. Erst ab September war ein regulärer Betrieb unter Hygiene-Auflagen wieder möglich. Dadurch entstanden der Klinik erhebliche Verluste.

Die Rettungsschirme der Bundesregierung waren schnell und wichtig, bestätigt der Spitzenverband DEGEMED in einer Pressemitteilung zur Aktion. Doch die Corona-Zuschläge von DRV ( Deutsche Rentenversicherung ) und GKV ( Gesetzliche Krankenversicherungen ) zum Ausgleich der Mehrkosten "kamen dagegen deutlich zu spät und sind nicht kostendeckend". Die angestrebten Verbesserungen des Gesetzgebers "wurden zunächst von den Krankenkassen nicht voll umfänglich umgesetzt". Dennoch konnte Holger Metz für die Klinik am Kurpark für das Geschäftsjahr 2020 feststellen: "Wir sind noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen." Corona-adäquate Pflegesätze für die Reha-Kliniken fordert deshalb SPD-Politikerin Dittmar, da Gruppentherapien corona-bedingt nur in kleineren Gruppen durchgeführt werden dürfen, wodurch zwangsläufig Mehrkosten entstehen.

Zur Bilanz des laufenden Jahres will sich der kaufmännische Leiter noch nicht festlegen, da erst jetzt die bislang medizinisch noch unbekannten Langzeitfolgen der Covid-Erkrankungen allmählich erkannt werden. "Die Vielseitigkeit der Symptome ist dabei die Schwierigkeit", nennt Chefarzt Willer als Grund. "Diese richtig zu deuten, dürfte für praktische Hausärzte nicht leicht sein", denkt Sabine Dittmar an ihre frühere Hausarztpraxis zurück.

Neue corona-spezifische Therapie-Konzepte müssen demzufolge entwickelt und zusätzliche Reha-Plätze geschaffen werden. Metz: "Durch die Folgen der Pandemie wird gerade jetzt die wichtige Rolle der Rehabilitation im Gesundheitssystem neben der Akutmedizin, der Pflege, Prävention und Nachsorge erkennbar." Rentenversicherer und Krankenkassen müssen für die finanzielle Ausstattung zur Entwicklung neuer Therapien für Long-Covid-Patienten und den entsprechenden Reha-Bedarf sorgen.

Bedarf wird sicher steigen

"Gegenwärtig ist nur sehr schwer abschätzbar, wie stark der Reha-Bedarf durch die Pandemie steigen wird", meint Kaufmann Holger Metz. Nur eines gilt als sicher: Er wird steigen. Deshalb fordert die Klinik am Kurpark wie alle anderen deutschen Reha-Kliniken , dass die verantwortlichen Regierungen in Bund und Ländern die Forschung im Bereich der Long-Covid-Erkrankung langfristig und ausreichend finanzieren. Denn inzwischen verzeichnen nicht nur pneumologische Einrichtungen steigenden Bedarf an Rehabilitation von Long-Covid-Patienten. "Auch andere Indikationen treten auf, sogar bei einfachen Krankheitsverläufen", erklärt Chefarzt Willer. Dies können kardiologische Beschwerden ebenso sein wie neurologische Ausfälle oder das Auftreten des Fatigue-Syndroms, das sich in anhaltender Müdigkeit, Erschöpfung und Antriebslosigkeit zeigt und sich auch durch viel Schlaf nicht beseitigen lässt.

 
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