
Zwischen den Jahren steht die Zeit gefühlt still. Viele Menschen kehren in sich, fassen Vorsätze fürs kommende Jahr, andere blicken aus verschiedenen Gründen skeptisch auf das, was kommen mag. Aber: Nicht immer sind Ängste berechtigt. Es gibt Wege zum Glück . Wie diese verlaufen können, und wie ein Ausbrechen aus dem Pandemie-Trott aussehen kann, darüber hat der Diplom-Psychologen René Greiner von den Heiligenfeld Kliniken der Redaktion Rede und Antwort gestanden.
Was hilft gegen den Pandemie-Blues?
Die Pandemie ist eine Zeit des Verzichts. René Greiner meint: "Umso wichtiger ist es, darauf zu schauen, was wir trotz allem noch für Möglichkeiten haben, um uns Gutes zu tun." Hinzu komme noch die Perspektive. Über die Situation könne man sich ärgern, oder die Herausforderung als solche akzeptieren. "Im Sinne von: Ja, es ist gerade schwierig, für mich und Millionen andere. Aber irgendwann wird es auch wieder leichter sein. Solange versuche ich das Beste aus der Situation zu machen."
Familienzwist wegen Corona -
und jetzt?
Familienglück und Pandemie schließt sich für ihn nicht aus, auch wenn derzeit eine wachsende Gereiztheit in vielen Teilen der Gesellschaft, ebenso in Familien und Partnerschaften vorherrscht. "Wir leiden alle unter der Pandemie . Stress und Belastungen machen es enorm schwer, sich zu versöhnen, auf den anderen einzugehen, seine Position einzunehmen und ihm vorurteilsfrei zu begegnen." Sein Rat: "Vielleicht entscheidet man sich dazu, manche Themen innerhalb der Familie bewusst für eine Weile nicht mehr anzusprechen oder sich - soweit das möglich ist - zeitweise aus dem Weg zu gehen." Und: Es gibt Beratungsstellen, die Hilfe anbieten. Letztlich gilt aber: "Der enorme Stress, den wir alle momentan erleben, lässt sich nicht so einfach beseitigen. Deshalb wird es vor allem nach der Pandemie darum gehen, entstandene Verletzungen im Miteinander anzuschauen und Schritt für Schritt zu versuchen, sich wieder näherzukommen."
Wie komme ich nach einem Niederschlag wieder auf die Beine?
Viele Pläne sind wegen des Virus gescheitert. Er meint: "Man darf deshalb enttäuscht sein, auch traurig oder wütend. Wem es gelingt, diese Gefühle anzunehmen und zuzulassen, geht in die Verarbeitung." Aber: "Gewaltsame Proteste sind damit nicht gemeint. Ich spreche nicht von der Auflehnung gegen staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie , sondern von den ganz individuellen Verlusten, die jeder von uns in irgendeiner Weise erlitten hat. Diese dürfen betrauert werden."
Die richtige Zielsetzung
Für das Glückserleben ist es sinnvoll, sich Ziele zu setzen. "Unter den aktuellen Umständen, ist es vielleicht ratsamer, sich kleinere Ziele zu stecken, direkt für den Alltag." ." Denn: Diese kann man leichter erreichen und sich damit etwas Gutes tun. Allerdings schließen kleine Ziele die großen nicht aus. Dabei greift für ihn die Devise, dass ein jeder seines eigenen Glückes Schmied ist. "Wer stets darauf achtet, die Erwartungen seiner Mitmenschen zu erfüllen, läuft Gefahr, sich zu sehr zu verbiegen und "das Eigene" aus den Augen zu verlieren."
Wie schmiede ich mein Glück ?
Um seinen eigenen Weg zu finden, ist es laut René Greiner hilfreich, einzelne Lebensbereiche in Ruhe anzuschauen und sich zu fragen, ob in dem Bereich alles passt, oder ob Änderungsbedarf herrscht. Dabei ist es wichtig, sich aufzuraffen und eine Aufgabe anzupacken. "Das stärkt unser Gefühl von Selbstwirksamkeit, ein Begriff aus der Psychologie, mit dem gemeint ist, dass wir unser Leben beeinflussen können und nicht ausgeliefert sind." Allerdings: Je größer das gesetzte Ziel, desto länger der Weg.
Deshalb ist es für ihn wichtig, sich Etappenerfolge bewusst zu machen. "Rückschläge sollte man nicht als komplettes Versagen betrachten, sondern als etwas, das dazugehört." Gewohnheiten lassen sich laut ihm nur schwer abschütteln. "Wenn ich etwas verändern will, dann muss ich Energie investieren, mich auf Neues einlassen, Dinge ausprobieren." Beispielsweise über eine spielerische Herangehensweise. Etwa durch das Hören eines anderen Radiosenders. "Einfach nur, um es einmal auszuprobieren und eine Gewohnheit zu durchbrechen."
Glück im Alltag
Glück lässt sich aber noch einfacher erleben. Im Fokus steht die Frage, wofür man dankbar ist. "Gerade jetzt sind wir aufgrund von Corona, Klimakrise und der dunklen Jahreszeit nicht unbedingt besonders gut darin, Dankbarkeit zu empfinden, obwohl es dafür immer einen Anlass gibt - und sei es nur die warme Tasse Kaffee." Er erklärt: "Es geht darum, unsere Aufmerksamkeit bewusst zu lenken, öfter weg von den ständigen News-Tickern und den Corona-Schlagzeilen, hin zu mir selbst." ?