Bad Kissingen
Die Wiedereinreise war rechtens
Mit einem Freispruch erster Klasse endete der Prozess gegen eine Asylbewerberin aus Nigeria. Sie war für eine Woche nach Italien gefahren.
Der Prozess am Bad Kissinger Amtsgericht gegen eine aus Nigeria stammende Asylbewerberin wandelte sich schnell in eine interessante Lehrstunde über die juristische Stolperfallen und vermeintliche Widersprüche im deutschen Ausländer- und Asylrechts. Angeklagt wegen unerlaubter Einreise war eine 49-jährige Asylbewerberin aus Nigeria, die im Frühjahr 2016 bei ihrer Wiedereinreise nach Deutschland aufgefallen war. Am Ende der einstündigen Verhandlung, die eher einem Diskurs an der juristischen Fakultät glich, stand ein glatter Freispruch.
Anfangs schien die Rechtslage für Richterin Felicitas Krauß und die Staatsanwaltschaft noch recht eindeutig zu sein: Die Asylbewerberin mit Aufenthaltsgestattung, die jetzt in Hammelburg lebt, hatte Deutschland für eine Woche verlassen und war im April 2016, mit dem ICE aus Österreich kommend, wieder in die Bundesrepublik eingereist. Anlass für ihr kurzfristiges Verlassen der Bundesrepublik war die Besorgung persönlicher Unterlagen in Italien. Denn nach ihrer Flucht aus Nigeria hatte die Asylsuchende mehrere Jahre zunächst in Italien gelebt, bevor sie sich 2014 erneut auf den Weg machte und in Deutschland das übliche Aufnahmeverfahren durchlief und schließlich ihre Aufenthaltsgestattung erhielt.
"Die Wiedereinreise meiner Mandantin ist straffrei", stellte Verteidiger Michael Koch gleich zu Beginn der Verhandlung fest und berief sich dabei auf mehrere Paragraphen und juristische Kommentare zum Aufenthalts- und zum Asylgesetz. Der weitere Verlauf der Verhandlung entwickelte sich zum juristischen Zwiegespräch zwischen ihm und der Richterin, während die Angeklagte, der eine Dolmetscherin zur Seite stand, schweigend und abwartend die Verhandlung über sich ergehen ließ. Immer mehr Paragraphen und Kommentare zog der seit über 30 Jahren auf dieses Fachgebiet spezialisierte Rechtsanwalt zum Beweis der Unschuld seiner Mandantin heran: "Nach Winkelmann liegt keine unerlaubte Einreise vor." Beiläufig machte er auf den feinen Unterschied zwischen Aufenthaltsduldung und -gestattung und deren unterschiedliche juristische Bewertung aufmerksam.
Nach halbstündiger Unterbrechung setzte die Richterin die Verhandlung mit dem Vorschlag fort, das Verfahren zwar einzustellen, der Angeklagten aber ein Bußgeld von 500 Euro aufzuerlegen. "Eine Geldbuße kann nur die Ausländerbehörde verhängen", kam prompt die Reaktion vom Verteidiger, der erneut Freispruch forderte. Das Argument des Gerichts, die Angeklagte habe doch gegen die Aufenthaltsbestimmung verstoßen, hielt der Anwalt, zum Schein in den Unterlagen suchend, für nicht zutreffend: "Wo haben wir denn jetzt die räumliche Beschränkung?" Das Recht auf räumliche Beweglichkeit der Asylbewerberin beschränke sich doch nur auf das Gebiet der Bundesrepublik, nicht aber auf das Ausland, meinte die Richterin. Dem widersprach der Verteidiger: "Sie ist nicht räumlich beschränkt, auch nicht mehr verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen."
Solchen Argumenten hatte schließlich auch die Staatsanwältin nichts mehr entgegenzuhalten. Sie anerkannte die "rechtlich schwierige Situation", sah aber letztlich den Vorwurf der unerlaubten Einreise auch nicht mehr begründet und forderte die Einstellung des Verfahrens. Wenig überrascht, verzichtete der Verteidiger auf weitere Ausführungen und meinte schlicht: "Dem schließe ich mich jetzt einfach mal an."
So blieb Richterin Krauß nach diesem einstündigen Exkurs ins deutsche Asylrecht nur die Erkenntnis, dass doch keine Straftat vorlag, die Angeklagte deshalb freigesprochen werde. Die Kosten des Verfahrens trägt deshalb der Staat.
Eine Woche in Italien
Anfangs schien die Rechtslage für Richterin Felicitas Krauß und die Staatsanwaltschaft noch recht eindeutig zu sein: Die Asylbewerberin mit Aufenthaltsgestattung, die jetzt in Hammelburg lebt, hatte Deutschland für eine Woche verlassen und war im April 2016, mit dem ICE aus Österreich kommend, wieder in die Bundesrepublik eingereist. Anlass für ihr kurzfristiges Verlassen der Bundesrepublik war die Besorgung persönlicher Unterlagen in Italien. Denn nach ihrer Flucht aus Nigeria hatte die Asylsuchende mehrere Jahre zunächst in Italien gelebt, bevor sie sich 2014 erneut auf den Weg machte und in Deutschland das übliche Aufnahmeverfahren durchlief und schließlich ihre Aufenthaltsgestattung erhielt.
Juristisches Zwiegespräch
"Die Wiedereinreise meiner Mandantin ist straffrei", stellte Verteidiger Michael Koch gleich zu Beginn der Verhandlung fest und berief sich dabei auf mehrere Paragraphen und juristische Kommentare zum Aufenthalts- und zum Asylgesetz. Der weitere Verlauf der Verhandlung entwickelte sich zum juristischen Zwiegespräch zwischen ihm und der Richterin, während die Angeklagte, der eine Dolmetscherin zur Seite stand, schweigend und abwartend die Verhandlung über sich ergehen ließ. Immer mehr Paragraphen und Kommentare zog der seit über 30 Jahren auf dieses Fachgebiet spezialisierte Rechtsanwalt zum Beweis der Unschuld seiner Mandantin heran: "Nach Winkelmann liegt keine unerlaubte Einreise vor." Beiläufig machte er auf den feinen Unterschied zwischen Aufenthaltsduldung und -gestattung und deren unterschiedliche juristische Bewertung aufmerksam.
Einstellung und Bußgeld?
Nach halbstündiger Unterbrechung setzte die Richterin die Verhandlung mit dem Vorschlag fort, das Verfahren zwar einzustellen, der Angeklagten aber ein Bußgeld von 500 Euro aufzuerlegen. "Eine Geldbuße kann nur die Ausländerbehörde verhängen", kam prompt die Reaktion vom Verteidiger, der erneut Freispruch forderte. Das Argument des Gerichts, die Angeklagte habe doch gegen die Aufenthaltsbestimmung verstoßen, hielt der Anwalt, zum Schein in den Unterlagen suchend, für nicht zutreffend: "Wo haben wir denn jetzt die räumliche Beschränkung?" Das Recht auf räumliche Beweglichkeit der Asylbewerberin beschränke sich doch nur auf das Gebiet der Bundesrepublik, nicht aber auf das Ausland, meinte die Richterin. Dem widersprach der Verteidiger: "Sie ist nicht räumlich beschränkt, auch nicht mehr verpflichtet, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen."
Verfahrenseinstellung gefordert
Solchen Argumenten hatte schließlich auch die Staatsanwältin nichts mehr entgegenzuhalten. Sie anerkannte die "rechtlich schwierige Situation", sah aber letztlich den Vorwurf der unerlaubten Einreise auch nicht mehr begründet und forderte die Einstellung des Verfahrens. Wenig überrascht, verzichtete der Verteidiger auf weitere Ausführungen und meinte schlicht: "Dem schließe ich mich jetzt einfach mal an."So blieb Richterin Krauß nach diesem einstündigen Exkurs ins deutsche Asylrecht nur die Erkenntnis, dass doch keine Straftat vorlag, die Angeklagte deshalb freigesprochen werde. Die Kosten des Verfahrens trägt deshalb der Staat.
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