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Bad Kissingen
Die Türme sind nur zum Angeben
Als wäre das Motto "Sein & Schein" am Tag des offenen Denkmals eigens für Kissingen gemacht gewesen: Eine große Anzahl vertrauter Gebäude werden, näher betrachtet, zu stadtbildprägenden Kostbarkeiten.
Stadtheimatpfleger Peter Kaidel beschreibt den Schein der Historie am Beispiel der Peters Burg in der Maxstraße.       -  Stadtheimatpfleger Peter Kaidel beschreibt den Schein der Historie am Beispiel der Peters Burg in der Maxstraße.
Foto: Werner Vogel | Stadtheimatpfleger Peter Kaidel beschreibt den Schein der Historie am Beispiel der Peters Burg in der Maxstraße.
Werner Vogel
 |  aktualisiert: 17.08.2022 03:55 Uhr

Wie sähe Bad Kissingen aus, hätte der "gehobene Kissinger Mittelstand", wie Peter Kaidel die Bauherren der Schloss- oder Burgenähnlichen Gebäude Kissingens in seiner Führung bezeichnete, nicht ein Faible zum Historischen gehabt? Im Zeichen der Wiederbelebung vergangener Baustile entstanden - für die Größe der Stadt außergewöhnlich viele - beachtenswerte Bauwerke. "Da gehst du dann fast täglich daran vorüber, ohne zu verinnerlichen, welches bauliche Juwel die Straße aufwertet", bekannte der Stadtheimatpfleger freimütig. Immerhin hatten sich etwa drei Dutzend Einheimische sowie einige Gäste in der Maxstraße 30 eingefunden, um eines dieser repräsentativen Bürgerhäuser näher anzuschauen.

Das im Volksmund "Deeg Schlössle" genannte Gebäude wurde 1903 von einem Kissinger Handwerker in Auftrag gegeben. Architekt war der für Kissingen prägende Baumeister der Zeit Carl Krampf. Aus roten Sandsteinquadern mit sandfarbenen Einfassungen der Fenster und Giebel, im Stil der Neo- Renaissance mit Erkern, Arkaden, Turm und Türmchen, schmiedeeisernen Geländern, könnte es Vorlage für ein Walt Disney Märchenschloss gewesen sein, meinte Renate M., Kurgast aus Kassel.

Peters Burg

Genauer weiß das natürlich der Stadtheimatpfleger , der erklärt, dass hier keine Adelsfamilie residiert, sondern die Nachfahren des begabten Kunstschlossers Peter Anton Deeg. Die Familie hat das Gebäude noch heute in ihrem Besitz. Freilich konnte und wollte der angesehene Künstler sich das leisten. Kissingens prominenter Kurgast, Kaiserin Sisi empfahl seine Kunst dem Österreichischen Kaiserhaus und Deeg fertigte die Türbeschläge für die Wiener Hofburg . Auch für die russische Großfürstin Marija Alexandrowna schmiedete Deeg und nannte sein Wohnhaus mit schönem Wortspiel dann auch Peters Burg .

Auf die Frage, was denn im Turm sei, verweist Kaidel auf das Motto des Denkmaltages: Das ist natürlich Schein statt Sein. Alle im Stadtbild auffallenden bürgerlichen Villen von schlossähnlichem Aussehen täuschen nur vor, Adelsansitze zu sein. "Der Turm ist hohl, er dient nur zur Zierde". Es ist ein "normales" Mehrfamilienhaus.

Aber ein solches Gebäude in guter Lage einer aufstrebenden Kurstadt ist auch eine Kapitalanlage. Launig gab der Kenner der Kissinger Gebäude dann auch einige Anekdoten über den durchaus "eigenwilligen" Bauherrn zum Besten. So hatte Deeg immerhin den damaligen Kissinger Bürgermeister Bollwein im Zuge einer geschäftlichen Auseinandersetzung kurzerhand eine Weile auf der Toilette eingesperrt. Auch ein Fisch als Wetterfahne - Deeg war begeisterter Angler - ist einigermaßen ungewöhnlich.

Architekt Carl Krampf prägte Bad Kissingen

Fast all diese historisierenden Gebäude ziert - wie auf dem verteilten Flyer zu sehen - mindestens ein Türmchen. Das Anwesen des Kissinger Bildhauers Valentin Weidner, am nach ihm benannten Platz hingegen, schützt "nur" eine Mutter Gottes in einem zierlichen Altartürmchen. Dafür fertigte der Künstler seine Figuren im Atelier des Gartenhauses immerhin unter einer byzantinischen Kuppel.

Sind die Kunstwerke Weidners in der Umgebung zwar allgegenwärtig, so ist das Wirken des Architekten Carl Krampf nochmals prägender für das Stadtbild, wie Kaidel ausführt, wenn er Fotos weiterer Häuser aus der Bibra-, Hemmerich-, Erhard- und Salinenstraße zeigt. Krampf hat das Stadtbild wie kein zweiter geprägt. Wikipedia listet 41 Objekte auf, die zwischen 1888 und 1912 in seinem Büro geplant wurden. Überwiegend repräsentative Wohnhäuser, aber auch große Sanatorien und Hotels, die Neue Synagoge , den Wittelsbacher Turm und die Laurentiuskirche in Reiterswiesen. Ein bisschen Welterbe ist auch Carl Krampf und Häusern wie der Peters Burg zu danken.

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  • eboehrer@gmx.de
    Schade, dass der Autor nicht auch schon von der Führung um 11 Uhr berichtet hat, da waren es mind. genau so viele.
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