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Bad Kissingen
Bad Kissingen: Dvorák am laufenden Band
Die Tschechische Philharmonie spielte „ihre“ Musik technisch perfekt – aber etwas Abwechslung hätte dem Abend gut getan.
Die Tschechische Philharmonie im Max-Littmann-Saal des Regentenbaus       -  Die Tschechische Philharmonie im Max-Littmann-Saal des Regentenbaus
Foto: Gerhild Ahnert | Die Tschechische Philharmonie im Max-Littmann-Saal des Regentenbaus
Thomas Ahnert
 |  aktualisiert: 26.08.2024 13:05 Uhr

Klar, wenn die Tschechische Philharmonie zu zwei Konzerten in den Regentenbau kommt und dann auch noch der tschechische Botschafter in Deutschland dazustößt, dann ist es verständlich, dass sie um ihren berühmtesten Nationalkomponisten nicht herumkommt. Bei dem ersten Konzert war Antonin Dvorák mit seinem Klavierkonzert prominent vertreten.

Drei Konzertouvertüren

Aber bei dem zweiten Konzert schienen die Dämme der Begeisterung gebrochen zu sein. Wer da die Folge der Komponisten las, glaubte an einen Irrtum des Setzers oder an Grigory Sokolov als Programmberater: „Dvorák, Dvorák, Dvorák, Dvorák“. Aber die Sache ließ sich aufklären: Die ersten drei Dvoráks standen für die drei Konzertouvertüren, die er zu dem Zyklus „Priroda, Život a Láska“ („Natur, Leben und Liebe“) zusammengefasst hat: „In der Natur“, „Othello“ und „Carneval“ oder, für die Statistiker: op. 91, 93 und 92.

Der vierte Dvorák stand für dessen 7. Sinfonie . Was sich nicht verändert hatte: Petr Altrichter, GMD in Brünn und gut vertraut mit dem Orchester, stand wieder am Pult.

Ähnlich

Man kann die drei Ouvertüren durchaus ensuite, an einem Stück hintereinander, aufführen. Das hat Antonin Dvorák mitunter auch gemacht. Aber man muss es nicht. Und das wäre nicht zuletzt deshalb gut, weil sich die drei Sätze in freier Form in ihren Methoden ähneln bis wiederholen.

Naturlyrische Klangbilder

Gut, „In der Natur“ ist deshalb ganz schön, weil sich hier starke naturlyrische Klangbilder zeichnen lassen, und das konnte Dvorák. Da hört man dann die ersten Vögel pfeifen und die Sonne aufgehen, und die ersten Stürme brausen über das Land. Und „Carneval“ macht Publikum und Musikern gleichermaßen Spaß, weil die in dem bunten Treiben auch mal so richtig draufhauen können.

Aber wie die „Othello“-Ouvertüre zu ihrem Nehmen kam, ist nicht nachzuvollziehen. Wenn „leise“ Versöhnlichkeit und „laut“ Gewalt meint, dann hat Othello seine Desdemona fünfmal erwürgt. Besser hätte Dvorák sie „Krieg und Frieden“ genannt.

Mit großer Klarheit musiziert

Das Problem war halt: Dadurch, dass da die Prager „ihre“ Musik spielten, die sie ganz einfach in den Fingern haben, hörte man aufgrund der großen Klarheit, mit der da musiziert wurde und die nichts verwischte, dass dem Komponisten – im Gegensatz etwa zu seinem Cellokonzert oder der „Neuen Welt“ melodisch nicht allzu viel eingefallen ist, dass er sich oft wiederholt, dass sich echte Spannung da nicht aufbauen kann, weil sich auch keine Konflikte entwickeln.

Angst vor dem Ende

Und eines wurde hier sehr deutlich, was man bei Dvorák immer wieder mal beobachten kann: Er hatte offenbar Angst, seiner Musik wehzutun, indem er sie beendete. Immer, wenn man meinte: „Das ist jetzt wirklich der Schlussakkord!“, fiel noch mal eine Masche heraus, an die er noch mehr Akkorde oder Rückblenden oder beides anhängen konnte. Derart viele Scheinschlüsse in einem Konzert gibt es normalerweise nicht. Und das ist auch nicht besonders spannend, weil die Rückblenden ja nichts Neues bringen.

Gewisse Sprödigkeit

Und dann also Dvoráks 7. Sinfonie , die im Gegensatz zur 6. oder 8. oder der „Neuen Welt“ nicht auf sprühende böhmische Gemütlichkeit ausgerichtet ist, sondern auf eine gewissen Sprödigkeit. Das musste man nicht bedauern, dass es mal wieder nichts zum Mitsingen oder Nachpfeifen gab. Denn man bekam von Petr Altrichter und seiner Truppe eine analytische Version, die mit einer kontraststarken Dynamik in die Einzelheiten ging, die Musik in ihre Einzelelemente zerlegte, aber erstaunlicherweise auch immer wieder zusammenfügte zu langen Bögen. Nur waren die nicht Dvorák-typisch emotional, sondern formal-konstruktiv. Und man merkte halt auch hier den sparsamen Umgang mit melodischem Material und die Bevorzugung der Wiederholungen.

Es gibt auch gute Landsleute

Und wenn man es am Ende recht bedenkt, hat man dem großen Nationalkomponisten mit der Programmzusammenstellung keinen großen Gefallen getan. Es hätte auch von seinen Landsleuten und Zeitgenossen andere, fabelhafte Musik gegeben. Das letzte Wort, die Zugabe, hatte natürlich auch Antonin Dvorák mit seinem 8. Slawischen Tanz.

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