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Oerlenbach
Die Tradition lebt weiter
Seit Jahrzehnten wird in Oerlenbach der Monat Mai mit Musik und Gesang begrüßt - und gleichzeitig dem Frieden im Land gedankt
Die Rentnerband spielt Marienlieder und man darf mitsingen. Fotos: Peter Klopf       -  Die Rentnerband spielt Marienlieder und man darf mitsingen. Fotos: Peter Klopf
| Die Rentnerband spielt Marienlieder und man darf mitsingen. Fotos: Peter Klopf
Peter Klopf
 |  aktualisiert: 18.08.2022 22:10 Uhr
Das Kirchenjahr kennt eine große Zahl von Marienfesten und marianischen Gedenktagen. Als klassischer Marienmonat gilt der Mai. Vorchristliches Frühlingsbrauchtum wurde durch verschiedene christliche Feiern aufgegriffen. Ursprünglich war das "Maigebet" eine Bitte um eine gute Ernte, ähnlich wie heute noch die Flurprozessionen ("Bitt-Tage") den Segen für die Felder und Früchte in dieser Jahreszeit erbitten. Ausgehend von Italien, Frankreich, Schweiz und Österreich verbreitete sich die marianisch geprägte Maiandacht in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch in Deutschland. In Oerlenbach ist das Maianspielen ein beliebter Brauch.

Sie wurden verbunden mit "Maipredigten", die den Stellenwert dieser Andachten hervorhoben. Die Maiandachten und die Maipredigten förderten darüber hinaus die marianische Volksfrömmigkeit, die die Menschen emotional ansprachen. Die Blumen und Blüten symbolisieren Maria in ihrer Gnadenfülle; sie wird als "die schönste Blume" besungen.

Auch in Oerlenbach gibt es einen besonderen Brauch, der mit viel Liebe gepflegt wird. "Seit in Oerlenbach Musik gespielt wird ist das Maianspielen Tradition", erklärt Otmar Lutz von der Rentnerband des Musikvereins Oerlenbach. Um 1960 aber schlief dieser ein, die Ursache ist bis heute unbekannt. 1995 griff die Rentnerband diese Tradition wieder auf. Erklangen früher die Marienlieder je nach Windrichtung entweder vom heutigen Sportplatz oder von der Straße nach Ebenhausen her, so treffen sich heute Musiker und Bewohner an der Sebastianikapelle in der Kapellenstraße.

Die Rentnerband spielte verschiedene Marienlieder wie "Maria Maienkönigin", "O himmlische Frau Königin". "Meerstern ich dich grüße" oder "Segne du Maria", bei denen die Zuhörer mitsingen durfte. Dazwischen rezitierte Lutz sinnliche, berührende, meditative Gedanken unter dem Motto "Kommen und Gehen". Wie der Wechsel der Jahreszeiten, so unterläge der Mensch einem ständigen Wechsel. Man wird geboren und geht am Ende des Lebens. Die Kapelle hat seit dem Jahre 1820 eine große Bedeutung für die Gemeinde Oerlenbach und unterlag dem Gesetz des "Kommen und Gehens". Anfangs als kleines Tempelchen auf dem Grundstück eines Oerlenbacher Bürgers gebaut, weil der Ort vom einer Typhusepidemie verschont wurde, musste diese 50 Jahre später durch eine Kapelle aus Lehm ersetzt werden.

Eine weitere Bauphase erfuhr die Kapelle nach dem 1. Weltkrieg, als August Müller unversehrt aus den Kämpfen gegen Russland zurückkam. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten konnte die jetzige Kapelle mit Unterstützung der Gemeinde Oerlenbach und eines Würzburger Architekten vollendet werden. Diente sie nach dem Ersten Weltkrieg dem Gedenken der Gefallenen dieses Krieges, kamen mit dem Zweiten Weltkrieg weitere sinnlose Gefallene hinzu, denen in tiefer Trauer gedacht werden musste. Sinngemäß rief die Gemeinde die "gelobte Prozession" als Dank dafür, dass Oerlenbach weitgehend von Kriegsschäden verschont blieb, ins Leben. So blieb das "Maianspielen" unterschwellig auch ein Dankgebet für 73 Jahren Frieden in unserem Land - und zugleich ein Bittgebet, dass es auch weiterhin so bleibe.
 
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