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Die Top-Ten der Singvögel
Kürzlich wurden auch im Landkreis Bad Kissingen wieder mal Vögel gezählt. Sowohl die menschlichen als auch die tierischen Teilnehmerzahlen sind gesunken. Schuld war das Wetter.

Von unserem Redaktionsmitglied

Max Koch

 |  aktualisiert: 26.04.2023 17:29 Uhr

Hoffmann von Fallersleben hat in seinem Frühlingslied einst klargestellt, dass Amsel, Drossel, Fink und Star auf jeden Fall zu den Vögeln gehören, die den Frühling ankündigen. Aber welche Vogelschar singt, zwitschert oder pfeift eigentlich im bayerischen Winter? Diese Frage hat der Landesbund für Vogelschutz (LBV) auch heuer wieder der Bevölkerung gestellt und zur vierten landesweiten Stunde der Wintervögel aufgerufen.

Erstmals gab es diese Art der Vogelzählung 2005 in der Umgebung von München. Ab 2009 wurde sie dann auf ganz Bayern ausgeweitet, bevor die Stunde der Wintervögel seit 2011 nach dem bayerischen Vorbild bundesweit vom Naturschutzbund Deutschland durchgeführt wird.

Bei der Aktion sollten Interessierte eine Stunde lang die Vögel im Garten, auf dem Balkon oder in Grünanlagen beobachten. Dann die maximale Anzahl an Tieren einer Vogelart notieren, die sie zum gleichen Zeitpunkt gesehen haben.

Als familienfreundlicher Termin wurde für die Aktion auch heuer wieder das Wochenende um den Dreikönigstag gewählt. Im Landkreis Bad Kissingen haben trotzdem nur 62 Teilnehmer mitgemacht. 2011 waren noch 112 Vogelbeobachter an der Zählung beteiligt. Dieter Fünfstück, Kreisvorsitzender des LBV in Bad Kissingen, kann sich vorstellen, dass dies an dem ungünstigen Wetter lag. „An dem Wochenende war richtig schlechtes Wetter. Außerdem ist es viel zu warm. Da sieht man dann kaum Wintervögel“, zeigt er Verständnis für die geringere Teilnehmerzahl.

Kohlmeise wieder auf Platz eins

So hat Fünfstück selbst schon beobachtet, dass sich in diesem Winter weniger Vögel in die Gärten verirrten. Die Statistik der Aktion bestätigt ihn in seiner Einschätzung. Im Landkreis wurden im Durchschnitt nur 33 Vögel pro Garten gezählt, wo es 2011 noch 44 Futtersuchende waren. Auch bayernweit ist diese Tendenz zu beobachten. „Vergangenes Jahr waren durch die Witterung eigentlich alle Vögel gezwungen, an die Futterhäuschen zu kommen“, erklärt Fünfstück, „heuer finden die meisten Wintervögel genug Futter in der Natur.“

Fotoserie
Unter den ersten zehn in der Wintervogelhitparade hat sich einiges bewegt. Nur ein Vogel hat seine Platzierung nicht verändert: Die Kohlmeise konnte zum zweiten Mal die Spitzenposition im Landkreis verteidigen. Die Meise nutzt gerne das Futterangebot des Menschen. Manchmal auch gegen dessen Willen. So wurde in England beobachtet, dass ganze Meisentrupps morgens Milchflaschen aufpicken, um an den Inhalt zu kommen.

Ein überraschender Gast unter den zehn häufigsten Wintervögeln im Landkreis ist der Erlenzeisig. Er hat gegenüber dem vergangenen Jahr elf Plätze gut gemacht und landete auf dem sechsten Rang. Der Agrarbiologe Alf Pille vom LBV erklärt die häufigen Sichtungen des Erlenzeisigs im Kissinger Landkreis so: „Sie kommen in großen Schwärmen aus dem Nordosten nach Bayern und bei der Zählung hatte die Invasion erst begonnen. 2011 hatten sie sich schon weiter über Bayern verteilt.“

Abgerutscht ist vor allem die Amsel. Sie ist nicht nur vom dritten auf den siebten Rang gefallen, sondern hat auch den größten Rückgang von Sichtungen hinnehmen müssen. Der Grund dafür könnte der für Vögel tödliche Usutu-Virus sein. Er befällt vor allem die Amsel. Nur vereinzelt sind auch anderen Arten betroffen. Im Herbst 2011 wurde der Virus aus Afrika bei mehreren toten Amseln im Raum Mannheim entdeckt. „Da der Rückgang in Mittel- und Unterfranken am größten ist, liegt die Vermutung nahe“, sagt Pille. „Beweise gibt es aber nicht.“ Eine wesentlich harmlosere Erklärung sei aber auch möglich, meint Pille. Schließlich könne die Amsel besonders von dem milden Wetter profitiert haben und sei daher kaum an den Futterhäusern anzutreffen.

Insgesamt lassen die Zahlen der Stunde der Wintervögel häufig nur Vermutungen zu. Gezählt wird schließlich von Laien. Doch obwohl nicht nur Ornithologen die Zählung durchführen und es „sicherlich viele Fehlbestimmungen und Doppelzählungen gibt“, meint Pille, dass die Stunde der Wintervögel dennoch wichtige Trends aufzeigen könne.

Ein solcher Trend ist beim Star zu beobachten. Vor zwei Jahren noch in den Top-Ten, ist er heuer nicht mal unter den ersten 30. „Der Star ist eigentlich ein Zugvogel, lässt es aber immer mehr bleiben“, erklärt Pille. Damit gehört er mittlerweile zu den Kissinger Wintervögeln. Warum der Star dieses Jahr nicht gesichtet wurde, ist nicht klar, aber Alf Pille hat eine vage Vermutung: „Es gab zuletzt sehr kalte Winter. Da kann es sein, dass die Stare, die hier geblieben sind, diese nicht überlebt haben“, so Pille. Jetzt will er diese Theorie noch mit Experten besprechen und Nachforschungen anstellen, um schließlich eine wissenschaftlich stichhaltige Antwort zu bekommen.

Mit diesem Vorgehen hält sich der LBV genau an die Idee des britischen Vorbilds. „Dort sind Trends bei den Vogelbeständen aufgefallen, die sonst keiner bemerkt hätte“, sagt Pille zu den Erfolgen der britischen Vogelfreunde.

Wo die Aktion auf wissenschaftlicher Ebene also Trends aufdecken soll, will man auf einer anderen Ebene einen Trend auslösen: „Die Naturschutzvereine wollen dadurch gerade Kinder sensibilisieren“, sagt Dieter Fünfstück. So hoffen die Vereine, mit der Stunde der Wintervögel auch neue Vogelschützer zu gewinnen.

ONLINE-TIPP

Mehr Wintervögel und die Gesänge zum Anhören unter www.lbv-muenchen.de

Singvögel (lat. passari)

Alle hier angeführten Vogelarten gehören zu der Ordnung der Sperlingsvögel (lat. passariformes) und zu der Unterordnung der Singvögel (lat. passari). Singvögel sind mit ungefähr 4000 Arten die größte Unterordnung der Vögel. Ihre komplexen Gesangsvorführungen haben den Singvögeln ihren Namen eingebracht. Dabei gilt: Je größer das Territorialverhalten, desto umfangreicher das Repertoire an verschiedenen Strophenvariationen.

In Kombination mit einem absoluten Gehör, womit sie auch nur minimal abweichende Töne (0,3 Prozent) voneinander unterscheiden können, transportieren die Vögel vielerlei Informationen mit ihrer Stimme. Im Vergleich, zu allen anderen Vogelarten, ist der Gesang bei den Singvögeln nicht angeboren. Sie lernen den arteigenen Gesang aber sehr schnell, entwickeln Variationen und imitieren mitunter auch die Gesänge anderer Vögel.

 
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