Dieses Gefühl, rechts überholt zu werden. Überstimmt zu sein, bevor man sich selbst äußern kann. Das treibt derzeit einige Menschen im westlichen Landkreis Bad Kissingen um – speziell die Bürgermeister. Erst vor wenigen Wochen wurden sogenannte Präferenzräume für zwei dort neu geplante Gleichstromtrassen (DC 41 und 42) öffentlich. Nun schlägt Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW konkrete Verläufe für Letztere vor. Es könnte eng werden.
Eintritt in den Landkreis am Pferdeparadies Grieshof
Wer im Internet die Seite „webgis.suedlink.com“ aufruft, kann die beiden Trassenentwürfe für den sogenannten Nordwestlink (DC 41) und den Südwestlink (DC 42) schon gut nachvollziehen. Im Landkreis Bad Kissingen verlaufen sie parallel.
Demnach treten die wahrscheinlich als Erdkabel ausgeführten Leitungen von Norden kommend beim Aussiedlerhof "Pferdeparadies Grieshof" oberhalb von Zeitlofs in den Landkreis ein. Dann streifen sie den Hauptort des Marktes östlich, passieren Sinn und Staatsstraße 2289 bei der einzeln stehenden „Schlagmühle“, um Richtung Süden weiterzuführen.
Vor dem Windbühel-Küppel bei Roßbach schwenken die Trassenlinien nach Südosten, um südlich an Weißenbach und Detter vorbeizuführen und nach Süden in den Forst Detter-Süd einzubiegen.
Verläufe der Stromleitungen "konkurrieren"
Weiter geht es, westlich an Heckmühle vorbei, in einem östlichen Schwenk um Völkersleier herum und westlich an Wartmannsroth vorbei. Zwischen Dittlofsroda und Waizenbach führen die Vorschlagstrassen hindurch (näher an Waizenbach), geradewegs auf Michelau im Landkreis Spessart zu. Der weitere Verlauf Richtung Süden wird nicht näher betrachtet.
Auffällig ist: Etwa ab dem Windbühel „konkurrieren“ die Verläufe der Höchstspannungs-Wechselstrom-Freileitung P43 und DC41/42, laufen – außer bei Völkersleier nebeneinander her, kommen einander sogar im „Nadelöhr“ zwischen Dittlofsroda und Waizenbach sehr nahe. Dafür weichen die Verläufe besonders im Wald von dem der bestehenden Gasleitung Sannerz-Rimpar ab.
Würden die Entwürfe Realität, wäre Völkersleier von Stromtrassen eingekreist, von der P43 im Westen sowie von DC 41 und 42 im Norden und Osten.
Wasserschutzgebiet von Zeitlofs wird durchschnitten
Matthias Hauke, Bürgermeister von Zeitlofs, erscheint vor allem der Abschnitt von DC 41 und 42 nach Eintritt in den Landkreis problematisch. Würde die beiden Erdleitungen doch nicht nur das Gelände des Grieshofes samt seiner Eigenwasserversorgung durchschneiden, sondern das Wasserschutzgebiet von Zeitlofs. Dieses versorgt 800 bis 900 Einwohner in der Marktgemeinde mit Trinkwasser - außer die von Eckarts, Detter und Weißenbach.
Hauke, der auch Vorsitzender des Vereins Rhönlink ist, glaubt, dass viele Menschen in der Region das nicht verstehen werden. Sei doch die Fulda-Main-Leitung (P43) extra wegen des "Ausschlusskriteriums" Wasserschutzgebiet Römershag Richtung Westen umgeplant worden. Warum dürfe eine oberirdische Freileitung das Bad Brückenauer Einzugsgebiet für Trinkwasser nicht durchschneiden, Erdkabel das Zeitlofser aber schon?
"Überbündelung" in relativ kleinem Gebiet
Dem Rhönlink-Vorsitzenden war schon länger klar, dass noch mehr Stromtrassen kommen werden. Allerdings waren die Stränge nie ortsgenau festgelegt. Nun fürchtet Hauke eine "Überbündelung" in seiner Marktgemeinde. Dort führe bereits eine ICE-Strecke entlang und zwei Gasleitungen. Dazu kämen eine gigantische Freileitung und zwei unterirdische Stromkabel. Entsprechende Schneisen in den Wäldern inklusive.
"Und das alles in einem kleinen Teil Deutschlands. Irgendwann muss auch mal gut sein", sagt Hauke, der nach eigenen Worten nicht prinzipiell gegen den Ausbau des Stromnetzes ist. Allerdings sieht er wenig Chancen, die Trassen und deren vorgeschlagene Verläufe im Markt Zeitlofs zu verhindern. Die endgültige Entscheidung trifft die Bundesnetzagentur.
Atzmüller: "überrumpelt von dem, was kommen soll"
Auch Haukes Wartmannsrother Amtskollege Florian Atzmüller fühlt sich "ein Stück weit überrumpelt von dem, was da kommen soll". Der Bürgermeister fürchtet ebenfalls Überbündelung und "massive Zerstörung von Natur und Waldflächen". Ein großes Thema für ihn sei nun, die Stromtrassen-Projekte für die Menschen verträglich zu gestalten.
Wie Hauke beklagt auch Atzmüller das Tempo, mit dem Nordwest- und Südwestlink über die Region hereinbrechen. Im Genehmigungsverfahren für diese Großprojekte fällt die bisherige Bundesfachplanung weg. Daher scheinen sie an dem Punkt angelangt, bis zu dem die P43 drei Jahre gebraucht hat - nämlich dass Planungs-Korridore beziehungsweise- Präferenzräume so gut wie feststehen und konkrete Trassenverläufe erarbeitet werden.
Kritik an Infomangel und fehlender Beteiligung
"Was DC 41 und 42 angeht, gibt es sehr wenig Informationen von der Bundesnetzagentur; die Beteiligungsmöglichkeit ist sehr gering", kritisiert Atzmüller das beschleunigte Verfahren. Zwar könne sich die Gemeinde im nächsten Genehmigungsschritt - der Planfeststellung - einbringen. Aber da stehe aus seiner Sicht schon alles fest.
Zusammen mit der P43 wird es laut dem Bürgermeister "sehr, sehr eng". Als Beispiel mag der rund 1500 Meter schmale Korridor zwischen Dittlofsroda und Waizenbach gelten, den der Waldstreifen Kehrles (auch Kürles) etwa mittig trifft. Die Gasleitung liegt westlich davon; DC 41 und 42 würden östlich zum Liegen kommen - und P43 zum Stehen.
Infomärkte in Wartmannsroth und Zeitlofs
Dieser Tage finden die regionalen Infomärkte von TransnetBW stattfinden - Donnerstag, 22. Februar, 15 bis 20 Uhr im Feuerwehrhaus von Wartmannsroth und Freitag, 23, Februar, zur gleichen Zeit in der Grundschul-Turnhalle von Zeitlofs. Hauke und Atzmüller gehen hin. Viele andere hoffentlich auch.