Die Dörflinger Ruh zwischen Bad Brückenau und dem Buchrasen: Für Frank Neupold aus Breitenbach war sie stets ein Ort, an dem er gern verweilt – und den er oft fotografierte.
Jetzt nicht mehr. Denn die Rodung an der Staatsstraße 2790 rückt gefährlich nah an die als Geotop kartierte Gesteinsformation am Röthbach heran; oberhalb stehen kein Baum oder Strauch mehr. Neupold fragt sich nun: Musste das sein? Und: Was hat das Staatliche Bauamt mit der maroden Straße vor?
Ausmaß der Rodung überrascht
Dass der sogenannte Hammelburger Berg von Grund auf erneuert werden soll, war bekannt. Und viele Autofahrer sehnten den Ausbau herbei, wurden sie doch auf der Buckelpiste durchgeschüttelt.
Doch das Ausmaß der Rodung von Ende Februar überraschte viele. Ein kompletter, circa 20 Meter breiter Waldstreifen samt Straßenbegleitgrün musste weichen – vom Ortsausgang Bad Brückenau bis fast hoch zur Buchrasen-Kreuzung.
„Dort haben sie Harakiri gemacht. Keiner weiß so richtig, warum“, sagt Frank Neupold. Geschehe das alles für die Umsiedlung der geschützten Haselmaus? Werde die Straße ganz verlegt?
Zwei Abweichungen von heutiger Trasse
Das den Ausbau der St 2790 planende Staatliche Bauamt Schweinfurt bringt Licht ins Dunkle. Tatsächlich werde der Abschnitt zwischen Bad Brückenau und Buchrasen „bestandsnah ausgebaut“. Das bedeute: Die geplante Trasse verlaufe überwiegend eng an der bestehenden Straße und weiche nur wenige Meter vom heutigen Verlauf ab.
„So wird die Staatsstraße im Rahmen der Baumaßnahme lediglich an der Parkplatzzufahrt im Wald sowie an der Einmündung der Kreisstraße 27 nach Modlos ein Stück nach Osten verlegt.“ Dadurch würden die Kurven entschärft und die Verkehrssicherheit sowie die Leichtigkeit des Verkehrs verbessert. Ein Geh- und Radweg sei nicht geplant.
Kahlschlag für Leitungen und Haselmaus
Warum aber die – in den Augen vieler Beobachter überdimensionierte – Rodung? „Neben der Trasse für die künftige Straße waren bei den Fällarbeiten die Flächen für die zu verlegenden Leitungen sowie die für die Baudurchführung notwendigen Flächen zu berücksichtigen“, schreibt das Staatliche Bauamt .
Zusätzlich wurden demnach Flächen für ein weiteres Haselmaus-Habitat gerodet. Hierdurch ergebe sich vorübergehend ein größerer Eingriff als im Endzustand, so die Behörde. „Die nicht mehr benötigten Abschnitte der alten Straße werden nach Abschluss des bestandsnahen Ausbaus zurückgebaut und die wiedergewonnenen Flächen renaturiert.“
Eingriffe mit Forstbehörden abgesprochen
Die Eingriffe in den Wald würden in Abstimmung mit den zuständigen Forstbehörden durch Wiederaufforstungen an anderer Stelle ausgeglichen. Wie bereits berichtet, soll noch in diesem Herbst mit dem Verlegen der Leitungen begonnen werden. „Diese Arbeiten werden bis Jahresende abgeschlossen und finden vor dem eigentlichen Straßenbau statt.“
Klima an Dörflinger Ruh verändert sich
Ingo Queck, Stellvertretender Vorsitzender der Kreisgruppe Bund Naturschutz Bad Kissingen, sieht die Rodung am Hammelburger Berg an sich kritisch. „Ich halte die Maßnahme, so wie sie geplant und durchgeführt wurde, für völlig überzogen. Muss man wirklich so eine breite Schneise für die Ertüchtigung einer Straße schlagen?“
Alte Bäume speicherten Kohlendioxid
Neben dem Fichtenbestand sei eine Vielzahl alter Bäume weggekommen, die viel Kohlendioxid gespeichert hätten. Mehr als nachzupflanzende Bäumchen über Jahre ausgleichen könnten.
Aber auch in den Wurzeln und der Humusschicht sei viel Kohlenstoff gespeichert. Beides würde jetzt, wo es freiliege, auf natürliche Art abgebaut oder sterbe ab. CO2 werde frei. „Im Hinblick auf den Klimaschutz hätte man in der heutigen Zeit diese Planung revidieren müssen.“ Müsse man denn eine Straße so ausbauen, nur damit es auf wenigen hundert Metern noch schneller vorangehe?
Sonne trocknet Umfeld des Geotops aus
Queck fürchtet auch, dass das Kleinklima an der Dörflinger Ruh sich nachteilig verändern wird. Denn durch den Kahlschlag scheine die Sonne stärker auf die Buntsandstein-Formation und in die sich anschließende Schlucht des Röthbachs hinein. Die Moose auf den Steinen verschwinden laut dem Biologielehrer höchstwahrscheinlich durch Austrocknung; Feuchtigkeit liebenden Lebewesen werde die Lebensgrundlage entzogen.
Vom Staatlichen Bauamt heißt es zur Dörflinger Ruh nur: „Der nahe der Trasse liegende Gedenkstein ist bekannt. Er liegt außerhalb des Baufeldes.“
Umweltverband nicht in Planung und Rodung einbezogen
Nach Quecks Angaben war der BN weder in Planung noch Rodungsaktion eingebunden. Muss er auch nicht, teilt die Untere Naturschutzbehörde (UNB) beim Landratsamt mit. „Die Beteiligung von Umweltverbänden ist bei derartigen Maßnahmen nicht vorgesehen. Für die fachliche Beurteilung sind die staatlichen Fachkräfte in der UNB zuständig, welche hier regelmäßig beteiligt werden.“
Zusammen mit der Höheren Naturschutzbehörde habe man verschiedene Vermeidungs- und CEF-Maßnahmen (zugunsten des Artenschutzes, die Redaktion) gefordert. „Eine der Maßnahmen war die Umsiedlung der Haselmaus in diesem Bereich.“ Diese sei inzwischen erfolgt.
Mehr zur bevorstehenden Baustelle am Hammelburger Berg finden Sie hier: