
Die gesamte Geschichte des europäischen Theaters präsentiert der momentan laufende 35. Theaterring der Stadt Bad Kissingen im Kurtheater .
Und so folgt auf das aktuellste Stück, Fatih Akin/Miraz Bezars "Aus dem Nichts" aus dem Jahr 2019 das nach Ansicht der Literaturwissenschaft älteste erhaltene, "Die Perser" des griechischen Dramatikers Aischylos , das 472 vor Christus uraufgeführt wurde. Stand im Mittelpunkt der letzten Aufführung die Ehefrau und Mutter von zwei Opfern einer ultrarechten Mörderbande, behandelt Aischylos ' Tragödie die Verlierer der berühmten Seeschlacht von Salamis, in der 480 v. Chr. die Griechen ihren Erzfeind, Perserkönig Xerxes I., schlugen. Aischylos war dicht dran am Geschehen; er hatte auf Seiten der Griechen mitgekämpft. Umso erstaunlicher ist dabei die Tatsache, dass er acht Jahre nach dem welterschütternden Geschehen eine Tragödie verfasste, in der er nicht den angesichts der Überzahl der Perser triumphalen Sieg der Griechen pries, sondern die menschlichen Konsequenzen der Niederlage der Perser behandelt.
Opfer der Hybris
Ins Zentrum stellt er die zunächst arrogante Perserkönigin Atossa, die den Gegner Athen als bedeutungslos herabsetzt und die baldige siegreiche Heimkehr ihres Sohnes Xerxes erwartet. Als ein Herold in ihre Siegesgewissheit platzt und von der Flucht der Perser und Tausenden von Toten berichtet, beschwört der Chor den Geist von Xerxes' Vater Dareios. Der ist wütend über den Leichtsinn des Sohnes, der mit zerrissenen Kleidern und blutbefleckt zurückkehrt in das Perserreich, dessen gesamte Zukunft er aufs Spiel gesetzt und verloren hat. Dareios klagt den Sohn und seine Heerführer der Hybris, der Selbstüberschätzung, an, die konsequenterweise von Moira, der Schicksalsgöttin bestraft worden ist. Und der Dramatiker Aischylos fordert von seinen Zeitgenossen hier einen Perspektivenwechsel: Sie sollen sich in die Besiegten versetzen und erkennen, was deren Fehler war, damit sie nicht auch ein Opfer der Hybris werden.
Angesichts der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts erscheint Aischylos ' 2500 Jahre altes Stück zeitlos. Doch enthält es sich auch jeglichen Triumphs über die besiegten Perser, die von Asien nach Europa kamen. Vielmehr erinnert der Dramatiker daran, dass den durch das Schicksal Geschlagenen, auch wenn sie schuld sind an ihrem Unglück, Mitleid, Empathie gebührt.
Theater stellt Menschen aus früheren und in diesem Fall ganz früheren Zeiten zur Betrachtung auf die Bühne; sie sprechen unmittelbar aus ihrer Zeit heraus und sind damit den Phantasiewelten historisierender Filme oder Romane in ihrer Authentizität überlegen.
Die Macht der Sprache
Noch mit einem ganz geringen Personal, hauptsächlich mit der Macht der Sprache, werden die großen Stoffe mit enormer Wucht dargestellt. Ein Chor persischer Fürsten erklärt und kommentiert die Geschichte, im Zentrum steht die verblendete Königin Atossa, Dareios aus dem Totenreich und sein geschlagener Sohn Xerxes verhandeln den Inhalt.
Sprachmächtigkeit verleiht der Aufführung durch das Ensemble des Theaters Hof auch die als Sensation gefeierte Übersetzung eines des besten zeitgenössischen deutschen Dichters: Durs Grünbein (geb. 1962) hat "Die Perser" in eine uns verständliche Sprache gebracht und dennoch die Wirkmächtigkeit der uralten Verse in ihrer Schönheit und Wucht erhalten.
Man darf höchst gespannt sein auf diesen Besuch aus den Anfängen des europäischen Dramas, das die Hofer auf karger Bühne und mit wenigen Requisiten inszeniert und so auf die Wucht der Dialoge reduziert haben.
Karten
Die Vorstellung beginnt am Donnerstag, 28. November 2019, um 19.30 Uhr im Kurtheater .
Karten gibt es in der Tourist-Information Arkadenbau direkt am Kurgarten, Montag bis Freitag, 8.30 bis 20 Uhr, Samstag und Sonntag, 10 bis 14 Uhr, über kissingen-ticket@badkissingen.de oder an der Abendkasse im Kurtheater .