Nicht nur viele Kissinger, auch der Wettergott scheint die Comödie Fürth mit Volker Heißmann und Martin Rassau zu mögen. Woran kaum jemand am vergangenen Donnerstag noch zu glauben gewagt hatte, geschah dann doch: Nach mehrstündigem Regen schob nur eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn die Sonne die dunkle Wolkendecke auseinander und schien bald mit den Bühnenscheinwerfern um die Wette.
Komödiantisches Treiben auf der Freilichtbühne
Pünktlich um 19 Uhr hieß es dann „Jetzt geh ich ins Maxim“ und auf der Freilichtbühne im Innenhof des Luitpoldbades begann das komödiantische Treiben um „Die Lustige Witwe “ mit den beiden beliebten Komödianten sowie Sängerin Kerstin Ibald und dem 14-köpfigen Ensemble der Comödie Fürth nach der gleichnamigen, im Jahr 1905 uraufgeführten Operette von Franz Lehár . Weitere Vorstellungen dieser „2. Bad Kissinger Festspiele“ gibt es jeweils mittwochs bis sonntags noch bis einschließlich Sonntag, 18. August.
Kann man Operetten wie „Die lustige Witwe “, deren Libretto sogar auf einem Lustspiel aus dem Jahr 1861 basiert, heute noch auf die Bühne bringen? Heißmann und Rassau hatten es bereits 2019 schon einmal in ihrer eigenen „Comödie Fürth“ gewagt und, geht es nach dem Szenen- und Schlussapplaus der Premierengäste, mit der Wiederaufnahme der Inszenierung von Stefanie Schimmer auch in Bad Kissingen gewonnen.
Allerdings wurde das 120 Jahre alte Musikwerk zuvor kräftig „entstaubt“ und von seiner ursprünglichen Operetten-Glückseligkeit befreit. Nicht ohne Grund hatte auch deshalb das Veranstalter- und Produzenten-Duo Heißmann/Rassau die Inszenierung als Operetten-Komödie angekündigt.
Ein neuer Schwung
Die Verlagerung der Handlung aus der Zeit um 1900 in die 1960er Jahre des deutschen Wirtschaftswunders sowie das der Moderne entsprechend angepasste Arrangement (Thilo Wolf) weltbekannter Melodien in moderne Jazz- und Swing-Rhythmen bis hin zum überraschenden Wechsel des Liedes „Ja, das Studium der Weiber ist schwer“ in einen flotten Rap mag vielleicht ältere Besucher, die vor Jahrzehnten noch mit Johannes Hessters „ins Maxim“ gegangen waren, anfangs etwas irritiert haben. Doch auch sie dürften sich bald an den neuen Schwung gewöhnt und wie alle anderen Zuschauer bald begeistert applaudiert haben.
Die Handlung
Die Handlung ist schnell erzählt: Der millionenschwere Mode-Unternehmer Arthur Julius (Thomas Berau) in Fürth schickt seinen arbeitsscheuen Sohn Danilo (Volker Heißmann), „einen in die Jahre gekommenen Provinzplayboy“, nach Paris, um mit seiner Fürther Haute Couture den dortigen Modemarkt zu erobern.
Als Aufpasser muss ihn ausgerechnet der stocksteife, im Umgang mit Frauen völlig unerfahrene Buchhalter Karl Njegus (Martin Rassau) begleiten. Nach anfänglicher Weigerung fügt sich Njegus jedoch der Anordnung seines Chefs: „Geh'n wir halt nach Paris. Hätte uns ja auch schlimmer erwischen können – zum Beispiel nach Ramtshal.“
Solche auf Landkreis und Stadt Bad Kissingen bezogene Anzüglichkeiten der beiden Humoristen sind nicht nur die Würze dieser musikalischen Komödie, sondern werden vom Kissinger Publikum geradezu erwartet.
Alkoholgeschwängerte Nächte im Nachtclub
Nach Wochen in Paris hat sich schließlich auch Karl Njegus an die alkoholgeschwängerten Nächte im Nachtclub des liebestollen und doch eifersüchtigen Maxim (Sébastien Parotte) gewöhnt und trinkt den Champagner gleich aus der Flasche.
Denn nachdem er zuvor vergeblich versucht hatte, mittels seines Wörterbuchs „Französisch für Franken“ die Sprache zu erlernen, hatte er an sich selbst bald erkannt: „Ein paar hundert Flaschen Champagner machen selbst einen Franken zu einem gesprächigen und weltoffenen Menschen.“
Nicht nur der steife Buchhalter verwandelt sich in Paris zu einem hervorragenden Modeschöpfer, sondern - nach dem vermeintlichen Tod seines Vaters - auch dessen Sohn Danilo zu einem kreativen Unternehmer.
Erfolgreichen Modenschau im Luitpoldbad
Anlass ist Hanna Glawari (Kerstin Ibald), die als Vorzimmerdame seines Vaters nie vom Junior eines Blickes gewürdigt wurde, jetzt aber als angebliche Alleinerbin des Firmenimperiums das Vermögen seines Vaters in Maxims Nachtclub zu verprassen scheint.
Nach einer erfolgreichen Modenschau im „Maxim's“, die im Luitpoldbad besonders die weiblichen Gäste begeisterte, träumt Modeschöpfer Karl Njegus von eleganten Läden an der Avenue des Champs-Élysées oder am Arc de Triomphe („Vielleicht sogar einen in Garitz!“).
Danilo erobert nach langem Hin und Her endlich das Herz seiner angebeteten „ Witwe “, nachdem der Schwindel um den angeblichen Tod des Vaters aufgedeckt wurde. Nach beider Duett „Lippen schweigen, s'flüstern Geigen“ geht die Operetten-Komödie schließlich in ein gesanglich und tänzerisch (Choreograph: André Sultan-Sade) schwungvolles Finale über.
Farbenfrohe und humorvolle Inszenierung
Die Premiere dieser farbenfrohen und humorvollen Inszenierung endete nach zweieinhalb Stunden mit begeistertem Schlussapplaus und Standing Ovations. Nach kurzen Dankesworten der beiden Produzenten an Stadt und Staatsbad GmbH für deren geleistete Unterstützung, bat Finanzchef Volker Heißmann alle Gäste: „Wenn es Ihnen gefallen hat, sagen Sie es weiter, damit sich die Reihen in den kommenden Veranstaltungen noch füllen. Ein solches Festival muss ja auch finanziert werden.“ Denn nur bei finanziellem Erfolg besteht eine Chance auf „Bad Kissinger Festspiele“ auch im kommenden Jahr.
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