Auch dieser Wolkenbruch am verregneten Mittwoch hat ein Ende. Volker Heißmann und Martin Rassau schnappen sich im immer sanfter werdenden Nieselregen große Wischer und schieben die Pfützen auf der Bühne Richtung Pflaster.

Es sind noch acht Tage bis zur Premiere der Operette „Im weißen Rössl“ im Luitpoldbad in Bad Kissingen . „Bis aufs Wetter passt alles“, konstatiert Heißmann und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Vor ihm liegen noch acht Tage mit jeweils acht Stunden Probe – bei Wind und Wetter, denn das „Rössl“ wird unter freiem Himmel aufgeführt.

Nicht nur Waltraud und Mariechen

54 Jahre alt ist Volker Heißmann, das Mariechen aus dem Blödelduo „Waltraud und Mariechen“, das quer durch Deutschland innige Fans hat. Nicht nur beim Frankenfasching aus Veitshöchheim – auch die Soloprogramme von Heißmann und Martin Rassau sind Gassenhauer. Doch Heißmann und Rassau sind mehr als das.

Produzenten und Hauptdarsteller

Sie sind die Eigentümer der „Comödie Fürth“, auf deren Bühne viele große Künstler auftreten, sie haben jeweils gefeierte Solo-Programme – und sind zusammen mit der „Depro Dienstleistungen GmbH“ die Produzenten des neuen Musicals der Bad Kissinger Festspiele 2023.

Und – natürlich – spielen sie Hauptrollen. Volker Heißmann ist der unsterblich in seine Chefin verliebte Leopold, Martin Rassau spielt den schönen Sigismund.

Ein Gassenhauer an dem anderen

Die Operette „Im weißen Rössl“ muss man nie gesehen haben, trotzdem hat jeder die Gassenhauer aus dem zweieinhalbstündigen Bühnenstück schon mal gehört: „Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist?“, „Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein“ oder „Es muss was Wunderbares sein“. Wer spätestens jetzt nicht an Peter Alexander denkt, scheint die letzten acht Medienjahrzehnte wirklich verschlafen zu haben.

Dieses Rössl swingt

Ja, das Bad Kissinger Weiße Rössl ist das original weiße Rössl – und doch wieder nicht. Denn Regisseurin Stephanie Schimmer hat es wirklich „flott“, wie es im Programm heißt, inszeniert. Das heißt: Die Musik lehnt sich mehr ans Original von 1930 an – die Musikrichtung damals war nicht der Schlager, es war ganz einfach Swing. Und deshalb swingt der schöne Sigismund, beziehungsweise Martin Rassau.

„Für mich ist das echt ne Herausforderung gewesen“, sagt der Fürther. Anders als sein Kollege Volker Heißmann, der seit Jahrzehnten erfolgreich singt, musste er viel üben. „Und nicht nur das Singen – ich muss ja gleichzeitig auch schauspielern und tanzen können“, sagt Rassau. Und übertreibt kokett, denn: In „My fair Lady“ und „Kiss me Kate“ sowie die „Fledermaus“ zeigte er bereits, dass er auch Operette kann.

55 Akteure und eine Jodelgruppe

Und was er noch braucht, bringt Choreografin Kati Farkas ihm bei – wie auch den anderen rund 55 Mitwirkenden, dazu gehört eine Jodelgruppe. „Wir hatten wirklich ein Jodel-Casting“, erzählt Heißmann, „jetzt haben wir die Besten“. Und so wurden auch über 100 Sängerinnen und Sänger gecastet, zum Schluss blieben acht Musical-Darsteller übrig. Unterstützung bekommt die Produktion aus Bad Kissingen : Die Rot-Kreuz-Kapelle der Stadt macht mit wie auch ein 15-köpfiger Laienchor.

Zwei Tänzerinnen steppen – in einer Kuh

In Alltagskleidung wirbeln die Darsteller jetzt mit Regenschirmen über die Bühne, die ein wundervolles Alpenpanorama nebst riesigem Pferdekopf bietet. Die Regenschirme gehören auch bei hoffentlich sonnigen Spieltagen zur Szenerie – ebenso wie die riesige Kuh, in der zwei Tänzerinnen steppen werden.

„Obachd“, mittelfränkelt Heißmann, „die Kuh muss aus dem Regen, sonst ist sie kaputt.“ Zwei Minuten später wird die nächste Szene geprobt, unter den wachen Augen von Andreas Rüsing , dem musikalischen Leiter, Regisseurin Stephanie Schimmer (die auch die Kuh aus Unmengen von Moosgummi gefertigt hat!), Bühnenbildner Toto Mittelstädt und Choreografin Kati Farkas.

Absolute Profis im Luitpoldbad

Schon bei der Probe im abgeschirmten Luitpoldbad-Innenhof ist glasklar zu hören: Auf diese Sängerinnen und Sänger darf man sich sehr freuen. Darunter sind Bühnenstars wie Isabel Blechschmidt, die die Wirtin Josepha verkörpert. Die Künstlerin gehört seit 2010 zum Opernensemble des Staatstheaters Nürnberg.
 „Operette wird für mich nie langweilig“, schwärmt sie. Zu wandelbar, zu spontan seien die neuen Witze, die das Publikum begeistern werden. Stimmt. Die steppende Kuh, der Schwenk zum Kaiser Franz Beckenbauer und der stricklieselnde Sänger werden das Operetten-Publikum amüsieren. 

Thilo Wolf Big Band ist ein Coup

Thilo Wolf, Fürther Freund von Heißmann und Raussau und Chef der Thilo Wolf Big Band hat die Musik eingespielt. Ein ziemlicher Coup, wenn man weiß, dass Wolfs Truppe zu den führenden Bands in Deutschland gehört und sich die Band Verstärkung mit Streichern und Bläsern geholt hat.

500.000 Euro Kosten

Die Musiker live bei allen Auftritten spielen zu lassen, hätte das Budget komplett gesprengt. 500.000 Euro sind kalkuliert, Depro und die Comödie teilen sich die Summe. Klingt viel, relativiert sich aber, wenn man bedenkt, was davon finanziert werden muss: neben den Gagen auch die Unterbringung der Künstler für die Spiel- und Probezeit in Appartements, Honorar für die Musik, sogar die Miete für den Platz im Luitpoldhain muss berücksichtigt werden. 

Volker Heißmann: „Ich gehe nicht davon aus, dass wir in Bad Kissingen Reichtümer verdienen werden – wenn's null auf null nausgeht, ist es gut.“ Aber damit, so Heißmann, sei ein Grundstein gelegt. „Es ist ein Investment in die Zukunft und für weitere Produktionen in Bad Kissingen – denn die lohnen sich hier in jedem Fall.“

Tickets: Die Operette „Im weißen Rössl“ wird vom 2. bis 20. August 2023 im Luitpoldbad in Bad Kissingen aufgeführt.  Karten gibt es ab 49,00 Euro unter 0911 - 74 93 40 oder
unter https://badkissinger-festspiele.de/