zurück
Bad Kissingen
Tolles Jubiläumskonzert der Kantorei Bad
75 Jahre Kantorei-Chor, 60 Jahre Chorfreundschaft, 30 Jahre Burkhard Ascherl als Kantor: Die Thüringer Symphoniker untermalten das für Kehlen – und Kniekehlen – herausfordernde und wunderbare Konzert.
Hundert Chorsänger und -sängerinnen, Solisten und die Symphoniker aus Saalfeld-Rudolstadt begeisterten die Gäste im Max-Littmann-Saal.       -  Hundert Chorsänger und -sängerinnen, Solisten und die Symphoniker aus Saalfeld-Rudolstadt begeisterten die Gäste im Max-Littmann-Saal.
Foto: Gerhild Ahnert | Hundert Chorsänger und -sängerinnen, Solisten und die Symphoniker aus Saalfeld-Rudolstadt begeisterten die Gäste im Max-Littmann-Saal.
Thomas Ahnert
 |  aktualisiert: 21.01.2025 16:21 Uhr

Das war schon ein Paukenschlag, das Mehrfachjubiläum im Max-Littmann-Saal. Die Kantorei Bad Kissingen hatte Gründe, groß zu feiern: Vor 75 Jahren wurde der Chor gegründet; vor 60 Jahren wurde die Chorfreundschaft mit dem „Chorus semper viret“ aus der Partnerstadt Vernon geschlossen; seit 30 Jahren ist Burkhard Ascherl Kantor an der Herz-Jesu-Stadtpfarrkirche; 30 Jahre steht auch die Schuke-Orgel in der Stadtpfarrkirche; und vor rund 20 Jahren begann die Zusammenarbeit mit der Münsterchor aus Herford, dessen Leiter Stefan Kagl in den 90er Jahren Stadt- und Bezirkskantor an der Erlöserkirche war.

Reichlich Gründe, sich zu einer Session zu treffen. Zumal erhöhter kreativer Druck im Kessel war, weil das Treffen 2020 wegen der Coronapandemie ausfallen musste. Zur orchestralen Begleitung wurden die Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt verpflichtet.

Ambitioniertes Programm

Das Programm des Konzerts war ambitioniert und fordernd. Es umfasste drei Werke aus drei Ländern und drei Stilphasen, die alle nicht zum Standardrepertoire der klassischen Unterhaltung zählen, sondern zumindest für Bad Kissingen Erstaufführungen bedeuteten: das „Te Deum“ D-Dur H 146 für Soli, Chor und Orchester von Marc-Antoine Charpentier , die „Messa di Gloria“ für Solo-Tenor, -Bariton, Chor und Orchester von Giacomo Puccini und „I Was Glad“ aus dem 122. Psalm für Chor und Orchester von Sir Hubert Parry . Wenn man bedenkt, dass die Zeit des Probens mit allen Beteiligten naturgemäß äußerst begrenz war, war das Ergebnis schon erstaunlich.

Riesenkompliment an den Chor

Man muss dem großen Chor ein Riesenkompliment machen. Denn die Leute mussten nicht nur während des rund eineinhalbstündigen Programms stehen, sie waren auch ständig gefordert. Denn die Solisten spielten weder bei Charpentier noch bei dem fast einstündigen Puccini keine allzu große Rolle. Der Gesangsanteil des Chores war mit 80 Prozent vermutlich noch zu tief angesetzt. Wie sich die Kehlen der Chorleute nach eineinhalb Stunden anfühlten, konnte man sich vorstellen. Aber die Kniekehlen …!

Artikulation franste aus

Und doch konnte der Chor mit großer Konzentration und Präsenz bis zum Schluss nicht nur die Spannung, sondern die Stimmung halten. Wobei ein Problem auftauchte, das durch die steigende Zahl von Stimmen nicht geringer wird. Auch wenn jeder Einzelne so präzise wie möglich singt, franst die Artikulation an ihren Rändern aus.

Zumal hier deutsche und französische Klangfarben sich finden mussten, um lateinische und englische Texte zu singen. Niemand hatte den Heimvorteil der Muttersprachlichkeit. Aber schlimm war das nicht, denn worum es in einer Messe geht, weiß man. Entscheidend war die ansteckende Begeisterung.

Trompeter sorgt für Schmunzeln

Standesgemäß begann das Konzert mit der Eurovisionsfanfare und damit mit Charpentiers „Te Deum“. Und die sorgte für kurzes Schmunzeln. Denn die Fanfare kennt eigentlich jeder – bis auf einen Trompeter der Saalfelder. Vielleicht erschrocken vom plötzlichen Beginn, tutete er im dritten Takt los, mitten in dem wirkungsvollen Paukensolo, das erst die Tür zur Musik öffnet. Aber die vermutlich tödlichen Blicke der Kollegen ließen ihn schnell verstummen.

Und es war schön, mal zu hören, wie das Stück nach der Fanfare weitergeht. Jesús Zambrano, Chef der Vernoneser, stand am Pult, und man bekam schnell den Eindruck, dass er im Gegensatz zu der üblich gewordenen barocken Spielweise sehr romantische Vorstellungen hat, die die Musik stark in Richtung Pathos entschleunigten – insofern konsequent, als da nicht nur Gott, sondern auch König Louis XIV. verherrlicht wird.

Das machte es den Solisten – Lisa Rothländer und Brigitte Ascherl (Sopran), Kathrin Edelmann (Alt), Joaquín Asiáin (Tenor – er war für Siyabonga Maqungo eingesprungen) und Daniel Blumenschein (Bariton) – einfacher, sich nicht nur aufeinander einzulassen, sondern sich auch gegen das Orchester zu behaupten.

Ascherl findet persönlichen Dreh

Burkhard Ascherl leitete das Hauptwerk des Abends, die „Missa di Gloria“, ein Frühwerk Puccinis. Es war erfreulich, dass er sich gar nicht erst auf den Vorwurf der unpassenden Opernhaftigkeit der Musik einließ, sondern eine sehr persönliche Deutung fand, die das Werk nicht zelebrierte, sondern interpretierte, die auch vor schnelleren Tempi nicht zurückschreckte. Schließlich kann eine Bitte um Erbarmen auch eine ungeduldig drängende Angelegenheit sein und ein „Gloria“, ein Lob Gottes, ein fröhliches Anliegen.

Und es war schön, dass sich Chor und Orchester auf dieses Anliegen einließen. Puccini hat dem Chor seinen Part sehr schön in die Stimme geschrieben, was dessen Leistung allerdings nicht schmälert. Denn einfach war es trotzdem nicht.

Aber auch schwierige Stellen wie die Fuge „Cum Sancto Spiritu“ am Ende des „Gloria“ kamen sehr engagiert und klar strukturiert über die Rampe. Hatte Joaquín Asiáin bei Charpentier noch ein bisschen wie ins kalte Wasser geworfen gewirkt, war er hier wirklich in seiner Partie zuhause. Und lieferte mit Daniel Blumenschein die Positionen des gläubigen Individuums.

Die Auswahl des dritten Werkes war vielleicht ihrer Aktualität geschuldet: Hubert Parrys „I Was Glad“ ist die Vertonung (hier in Auszügen) des Introitus des 122. Psalms, in dem Jerusalem verherrlicht und für sie um Frieden gebeten wird. Aber sie ist vor allem eine Jubelmusik für Krönungen und royale Hochzeiten (zuletzt bei William & Kate ). Für Chor und Orchester eine dankbare Angelegenheit, denn sie können in die Vollen gehen. Und Burkhard Ascherl hatte nichts dagegen. Aber bei so vielen Feiergründen war das ja auch angemessen.

Lesen Sie hier mehr zur Kantorei Bad Kissingen: 

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Bad Kissingen
Brigitte Ascherl
Chöre
Giacomo Puccini
Kantoren
Konzerte und Konzertreihen
Marc-Antoine Charpentier
Partnerstädte
Stadt Bad Kissingen
Thüringer Symphoniker Saalfeld-Rudolstadt
William & Kate
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top