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Bad Kissingen
Die jungen Ärzte fehlen
Über die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum diskutierten Mediziner und Politiker in der Deegenbergklinik.
Viele junge Ärzte arbeiten lieber als Angestellte mit einem überschaubaren Arbeitstag,  Foto: Bernd Weissbrod/dpa       -  Viele junge Ärzte arbeiten lieber als Angestellte mit einem überschaubaren Arbeitstag,  Foto: Bernd Weissbrod/dpa
| Viele junge Ärzte arbeiten lieber als Angestellte mit einem überschaubaren Arbeitstag, Foto: Bernd Weissbrod/dpa
Sigismund von Dobschütz
 |  aktualisiert: 18.08.2022 17:20 Uhr

Personalmangel in der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung sowie die Telemedizin waren die Themen, die über hundert Zuhörer auf Einladung der Senioren-Union und des gesundheitspolitischen Arbeitskreises der Landkreis-CSU in die Deegenbergklinik lockten. Drei Kurzvorträge bildeten die Basis für eine lebhafte, gelegentlich sogar recht emotionale Diskussion.

Versorgung noch ausreichend

Aktuell Kurz schilderte der Bad Kissinger Allgemeinmediziner Ralph Brath die Situation der ambulanten ärztlichen Versorgung im Landkreis, die mit einer Versorgungsstufe von über 110 Prozent in allen fachärztlichen Bereichen mehr als ausreichend scheint. Doch Brath warnte vor der nahen Zukunft, da mehr als die Hälfte aller Ärzte bereits über 60 Jahre alt sind. "Die aktuelle Versorgungsstufe sagt nichts aus." Ärzte im Rentenalter müssen weiterarbeiten, wenn niemand nachfolgt, war Braths Schlussfolgerung.

Nur eine von mehreren Ursachen für den Arztrückgang sei die wachsende Bürokratie: "Wir werden nicht Arzt, um Formulare auszufüllen." Außerdem habe sich die Lebenseinstellung bei jungen Ärzten geändert, die nicht mehr rund um die Uhr arbeiten, sondern lieber als Angestellte einen überschaubaren Arbeitstag mit Freizeit in der Familie wollen. "Für einen ausscheidenden Landarzt brauchen wir also zwei bis drei neue."

Mangel an Bettenkapazität und Personal beklagte auch der Kardiologe und Intensivmediziner Sebastian Kerber, Chefarzt an der Bad Neustädter Herz- und Gefäßklinik. "Die stationäre Maximalversorgung ist notwendig", könne doch nur so ein Patient aus einer lebensbedrohlichen Situation in eine stabile gebracht werden. "Eine Kunstherzoperation ist nicht etwas, das man um die Ecke machen kann." Im Krankenhaus sei deshalb alles Notwendige erforderlich, "um Leben zu verlängern und Lebensqualität zu verbessern".

"Daten reisen lassen"

Als Arbeitsentlastung für den Arzt beschrieb Sebastian Dresbach, Geschäftsführer des Zentrums für Telemedizin in Bad Kissingen , die Einsatzmöglichkeiten der Telemedizin, die längst nicht ausgeschöpft seien. Telemedizinisch ausgestattete Assistenzkräfte könnten statt des Arztes die Patienten daheim aufsuchen."Wir wollen Daten reisen lassen von Patient zu Arzt, aber auch von Arzt zu Arzt." Schwierigkeiten macht noch der Datenschutz, klagte Dresbach. " Gesundheitsdaten sind in Deutschland sensibel." Nach einer Umfrage würden 73 Prozent eher ihre Kontodaten als ihre Gesundheitsdaten freigeben.

Eine gesteuerte Zuwanderung ausländischer Fachkräfte zur Minderung des Ärztemangels forderte Deegenberg-Chef Peter Deeg in der anschließenden Diskussion. "Wir schaffen das, ist mir zu wenig. Man muss auch wissen wie." Ihm entgegnete Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner ( CSU ), das Zuwanderungsgesetz sei in Arbeit und schon heute gebe es gesetzliche Möglichkeiten, ausländische Fachkräfte zuzulassen, was Klinik-Arzt Alexander Siebel bestätigte: "Ich mache Dienstpläne für Ärzte mit 14 Muttersprachen." Auch zusätzliche Studienplätze in Bayern würden das Problem des Ärztemangels im Landkreis nicht lösen, gab Kirchner zu bedenken: "Wenn Bayern Mediziner ausbildet, die dann nach Brandenburg gehen, lösen wir das Problem nicht. Alle Bundesstaaten müssen mitmachen." Bayern sei außerdem bereits aktiv: "Das Landarzt-Stipendium wurde im Februar von 300 auf 600 Euro verdoppelt."

Dem kritischen Einwurf von Bezirksrätin Karin Renner ( CSU ), auch Kommunen könnten Kliniken betriebswirtschaftlich führen, dazu brauche es keine Aktiengesellschaften, widersprach nicht nur Klinikarzt Siebel, der zudem auf vielfältige Investitionen seines Arbeitgebers hinwies, sondern auch Landrat Thomas Bold ( CSU ) anhand von Beispielen einiger mit Millionenverlusten geführter kommunaler Kliniken in Bayern. "Ohne unsere privaten Kliniken hätten wir im Landkreis keine wohnortnahe Versorgung." Keine Angst vor privat geführten Kliniken forderte auch Hausherr Peter Deeg : "In Deutschland haben wir das beste Gesundheitssystem."

 
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