Erziehung war zu keiner Zeit einen leicht Aufgabe und jede Zeit hatte ihr Herausforderungen - bis heute. Das wurde bei der Podiumsdiskussion mit Landtagspräsidentin Barbara Stamm in der Riedenberger Kirche zum Thema "Erziehung im Spannungsfeld zwischen christlichen Werten und Lebenswirklichkeiten" deutlich. Bewusst wurde die Veranstaltung in der Kirche, im Rahme des Kunstprojekts "Spuren zum Licht" unter dem Lichtkreuz abgehalten, ging es Teilnehmern doch um die Weitergabe des christlichen Glaubens und der damit verbundenen Werte an die kommenden Generationen gehen.
Neben der Landtagspräsidentin waren die Rektorin der Grund- und Mittelschule Wildflecken Christiane Helfrich und der Regionaljugendseelsorger Roland Pietryga, Bad Kissingen, Gesprächspartner von Bernhard Hopf, Referent für Liturgie und liturgische Bildung der Diözese Würzburg, der die Moderation übernommen hatte.
Viele Fragen wurden aufgeworfen und einen breiten Raum nahmen Analysen der derzeitigen Situation in Familien, der Schule und Gesellschaft ein. Ist das Christentum überhaupt noch gewollt? Welche Rolle spielt es in der heutigen Gesellschaft beziehungsweise in der Rhön? Wie ist christlicher Glaube in Schule, Jugendarbeit und Politik erfahrbar und präsent? Welche Rolle wird Religion bei der Erziehung in synkretistischen Zeiten spielen?
Wildfleckens Schulleiterin berichtete ganz praxisnah von dem gemeinsamen Religionsunterricht Schüler unterschiedlicher Konfessionen. Sie erlebe keine Aufspaltung aufgrund von Religiosität im alltäglichen Miteinander, eher eine Aufgeschlossenheit und Offenheit. Christliche Schüler erfahren durch muslimische Mitschüler, wie diese ihren Glauben häufig sogar aktiver leben. "Das Fremde weckt Neugier auf den eigenen Glauben", sagt Helfrich.
Sehr persönlich und konkret wurde es bei der Frage wie die Podiumsgäste, die aus drei Generationen stammen, Erziehung zur Zeit wahrnehmen und welche Vorschläge sie aus ihrem Handlungsfeldern Schule, Jugendarbeit und Politik sehen. Barbara Stamm schwärmte von Zeltlager- und Lagerfeuerromantik vergangener Zeiten und bat darum den Blick auf das zu richten, was miteinander verbinde und bereits geleistet werde, und nicht auf das was nicht da sei, was fehle oder was trenne. "Wir haben viele großartige Pädagogen, die viele Herausforderungen bewältigen." Deutlich machte sie auch, dass die Frage nach Autoritäten nicht überholt sei, sondern Respekt, Anstand und Wertschätzung auch heute noch wichtige und wertvolle Tugenden seien. Zeitzeugen aus den 60er bis 90er Jahren berichteten von ihren Erfahrungen mit Kirche und den Prägungen, die sie durch die damals boomende Jugendarbeit erfahren haben. So sei es auch heute noch wichtig, Räume der Begegnung zu schaffen, damit Jugendarbeit gelingt. Allen drei Gesprächsteilnehmern ist der Kontakt zu den Eltern wichtig, die einerseits im ländlichen Raum eine wichtige Rolle in Sachen Mobilität spielen, andererseits aber auch gefordert seien, ihre Kinder auf Angebote von Kirche und Gemeinde aufmerksam zu machen. Schnell spann sich die Diskussion um die Aufgabe von Elternhäusern in der Erziehung. Die Schulleiterin sprach in sehr diplomatischer Weise von sehr "selbstbewussten Eltern ", die ausschließlich ihr eigenes Handeln als richtig für ihr Kind ansehen. Früher habe das Dorf ein Stück weit an der Erziehung mit gewirkt, Respekt und Höflichkeit eingefordert, das sei heute kaum noch der Fall. " Eltern haben einen hohen Anspruch an individuelle Erziehungsarbeit und verbieten sich Einmischung." Sie sprach von einer Zwei-Klassengesellschaft, von Elternhäusern, die sehr bemüht, lernbereit und offen seien, aber auch von Eltern , die eben weniger Wert auf Kommunikation legen, sei es mit den eigenen Kindern wie auch mit Schule und Erziehern. Doch Wertevermittlung müsse im Elternhaus beginnen und könne nicht an Schule und Kindergarten abgegeben werden.
Welche Möglichkeit hat Kirche die Kinder und Jugendliche zu erreichen? Bei dieser Frage wurde durchgängig bedauert, dass viele Pfarrer keinen Religionsunterricht mehr in ihrer Gemeinde erteilen und somit die Chance auf eine direkte Anbindung verloren gehe. "Die Kirche muss am Platz bleiben", sagte Barbara Stamm , zeigte aber auch Verständnis für die Überlastung der Geistlichen durch Verwaltungsaufgaben. Sie forderte in diesem Zusammenhang das Diakonat für Frauen. "Wie lange soll denn noch diskutiert werden? Nur weil man dann Angst hat, dass Frauen Priesterinnen werden wollen?" Widersprochen wurde der Annahme aus dem Publikum, dass Jugendliche ein Desinteresse haben. "Die Jugend interessiert sich. Die Frage ist, ob wir auf die richtigen Themen setzen", sagt Barbara Stamm . Viele praktische Beispiele aus der Arbeit der Regionalstelle für kirchliche Jugendarbeit nannte Roland Pietryga, wie Jugendgottesdienste mit Musik und Texten aus der Lebenswirklichkeit der Jugend . Es müsse klar sein, dass die Zeit der Volkskirche vorbei sei und es sei problematisch, wenn weiterhin in diesen alten Kategorien gedacht werde. "Ein Gottesdienst kann auch dann gelungen sein, wenn die Kirche nicht voll ist, wenn nur zehn oder fünfzehn Teilnehmer dabei sind." Roland Pietryga war es wichtig zum Abschluss festzuhalten: "Auch wenn die Jugendlichen kirchlich nicht präsent sind, sie sind Sinnsuchende." Sie als Suchende und Fragende wahrzunehmen und eine Gemeinschaft bieten die durch den Alltag trage, das sei Aufgabe für die Zukunft.